Nach schwedischem Vorbild Was die nächste Rentenreform bringen soll
Noch in diesem Jahr will die Regierung eine Rentenreform beschließen. Ein Kapitalmarktfond könnte die Riesterrente ablösen.
Im Schatten der Debatte um Energiepreise und Entlastungen will die Regierung die Rente mit einer großen Reform noch in diesem Jahr zukunftsfest machen. Die Verbraucherzentralen fordern dabei auch eine Abkehr von Riester. "Die Riesterrente ist nicht reformierbar. Daran haben sich schon viele Regierungen versucht", sagte die Chefin des Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop, der Deutschen Presse-Agentur.
Bereits im Frühjahr hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ein "Rentenpaket II" für dieses Jahr angekündigt. Damit soll das Rentenniveau von mindestens 48 Prozent dauerhaft gesichert werden. "Und zweitens: Wir stellen die Finanzierung der Rente auf eine breite Basis mit dem Aufbau eines Kapitalstocks", sagte Heil damals der dpa.
SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag zudem eine Reform der privaten Vorsorge versprochen. Sie wollen das Angebot eines öffentlichen Fonds mit einem günstigen Angebot prüfen. Denn die bisherige Riester-Rente gilt als teuer und wenig rentabel. In einem ersten Rentenpaket hatte die Koalition im Juni Regelungen für die Rentenanpassungen und Verbesserungen bei Erwerbsminderung beschlossen.
Kapitalanlagen für die Rente
Seither ist der Druck auf die Regierung weiter gestiegen. So forderte der unabhängige Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium die Regierung vor wenigen Tagen zum Aufbau von kapitalgedeckter Altervorsorge auf. Eine zentrale Rolle spielt auch hier die Idee eines Fonds zur Verwaltung von Geldanlagen.
Die Regierungsberater nannten Schweden als Beispiel. "Dort müssen Arbeitnehmer neben ihrem Beitrag zu einer umlagefinanzierten Rentenversicherung (derzeit 16 Prozent) als Anleger einen weiteren Beitrag (derzeit 2,5 Prozent) in Kapitalmarktfonds investieren", erläuterten sie in ihrem Gutachten. "Anders als bei der Riester-Rente in Deutschland ist die Anlage in einen Kapitalmarktfonds hier verpflichtend."
Die FDP fühlte sich durch das Gutachten prompt bestätigt. "Mehr Kapitaldeckung bei der Altersvorsorge ist eines der Zukunftsprojekte schlechthin!", stellte der Parlamentarische Geschäftsführer Johannes Vogel fest.
Forderung nach einem neuen System
Deutschlands oberste Verbraucherschützerin Pop unterstützt die Koalition in ihrem Kurs, die gesetzliche Renten abzusichern und neue Möglichkeiten zur Privatvorsorge zu schaffen. "Der Ansatz ist richtig", sagte Pop. Nötig sei "ein neues System" anstelle von Riester. "Der neue Ansatz müsste sein, eine private Altersvorsorge in einer öffentlich rechtlichen Organisationsform auf den Weg zu bringen", forderte Pop.
Heute gebe es "verwirrend viele Produkte auf dem Markt", so die Verbraucherschützerin. "Es wäre gut, wenn der Staat einen Fonds dieser Art auf den Weg brächte." Auch Pop nannte Schwedens Garantierente als Vorbild. In dem skandinavischen Land war das Rentensystem schon vor Jahrzehnten reformiert und die teilweise Kapitaldeckung eingeführt worden.
Reformkraft der Ampel
Doch Pop äußerte zugleich Zweifel an der Reformkraft der Ampel bei der Rente. "Ob die Koalition hier wirklich weiterkommt, steht gerade in den Sternen", sagte sie angesichts aktueller Krisen und Differenzen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erneuerte erst bei einem Bürgerdialog im brandenburgischen Neuruppin vor wenigen Tagen das Versprechen eines "stabilen Rentenniveaus", also eines stabilen Verhältnisses von Löhnen und Renten in Deutschland. Doch wie soll das geschehen, wenn die Milliardensummen des Bundes an die Rentenkasse nicht immer weiter wachsen sollen? Wie umfangreich wird dabei die Kapitaldeckung und was ändert sich bei der privaten Vorsorge?
Zehn Milliarden als erster Schritt
Mit Spannung wird in Berlin erwartet, wie Heil sein versprochenes Rentenpaket II schnüren will – und wie er mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) eine Kapitaldeckung auf den Weg bringt. Laut Koalitionsvertrag sollen in die teilweise Kapitaldeckung in einem ersten Schritt zehn Milliarden Euro an die gesetzliche Rentenversicherung fließen. Ihre Reserven soll die Rentenversicherung am Kapitalmarkt anlegen können.
Bei der Rentenversicherung hatten die Ankündigungen gemischte Reaktionen hervorgerufen. So hatte deren Präsidentin Gundula Roßbach darauf verwiesen, dass zehn Milliarden Euro die Rentenversicherung nur "in einer kleinen Weise" finanziell flankieren könne – angesichts eines jährlichen Haushalts von 340 Milliarden Euro. Für die FDP steht schon fest, "dass es weitere Schritte geben wird", wie Vogel schon Anfang des Jahres ankündigte. "Ein dauerhafter Fonds setzt Kontinuität bei den Einzahlungen voraus."
Der Koalition steht somit voraussichtlich neben der Debatte über die Energiepreise und die Inflation auch eine intensive Diskussion über die Rente bevor – und über frische Steuermilliarden für ihre zukünftige Absicherung.
- Nachrichtenagentur dpa-AFX