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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Galaxy S10+ im Test Samsungs Riesen-Handy nervt manchmal
Riesen-Display, Riesen-Akku, Riesen-Speicher: Rein technisch liefert das neue Samsung Galaxy S10+ eine tolle Leistung. So ein Handy könnte fast neidisch machen
Am Mittwoch hat Samsung seine neuen Galaxy S10-Smartphones vorgestellt. Wie in den Vorjahren auch gibt es eine Standard- und eine Luxusausführung, die mit einem "+" gekennzeichnet ist. Zum ersten Mal präsentierten die Südkoreaner aber auch ein relativ günstigeres Basis-Modell, das Galaxy S10e für 750 Euro.
Alle drei Modelle kommen im März in den Handel. Sie unterscheiden sich in der Display- und Speichergröße und der Kameraausstattung. Das Samsung Galaxy S10+ ist mit einer Bildschirm-Diagonalen von 6,4 Zoll (16,26 Zentimeter) das größte und bringt es in seiner teuersten Ausführung auf gigantische zwölf Gigabyte (12 GB) Arbeitsspeicher (RAM) und ein Terabyte (1 TB) Speicherplatz. Das hat seinen Preis: 1.600 Euro sollen die Käufer dafür hinblättern.
Doch was kann das Mega-Handy? Wir haben es getestet.
Das Äußere: Samsung erstrahlt
Das Galaxy S10+ kommt mit einem extrem schmalen Rahmen aus. Die Selfie-Kamera bettet der Hersteller in einer kleinen, ovalen Aussparung in der rechten oberen Ecke des Displays ein. Damit distanziert sich Samsung wieder von dem von Apple eingeführten Display-Kerbe ("Notch") und geht eigene Wege.
Trotz des großzügigen 19:9 Displays und einem Gewicht von 175 Gramm wirkt das Nobel-Handy nicht klobig und lässt sich auch von einer kleinen Hand gut umschließen.
Bei der Bildschirmtechnologie ist Samsung ein deutlicher Qualitätssprung im Vergleich zu den Vorgängern gelungen. Das AMOLED-Display zeigt seine Stärken insbesondere in hellem Sonnenlicht. Dabei wirkt die Anzeige weniger blaustichig als man es von vielen anderen Topmodellen gewohnt ist. In einer dunklen Umgebung schont das die Augen.
Neue Funktionen: Gesichtserkennung gut umgesetzt
Während der Unterschied zwischen dem Samsung Galaxy S9 zum Vorgängermodell S8 nicht so groß war, strotzt das Jubiläums-Phone S10 vor Neuheiten. Unter anderem hat Samsung den Fingerabdruck-Sensor in das Display integriert.
Der Vorreiter-Pokal geht jedoch nach China: OnePlus und Huawei haben ähnliche Technologien bereits im vergangenen Jahr vorgestellt. Außerdem mag die biometrische Entsperrmethode per Ultraschall nicht immer mitspielen, vor allem zu Beginn. Und bei ausgeschaltetem Display lässt sich nur schwer erahnen, wo man den Finger hinlegen muss.
Dafür ist die Gesichtserkennung ziemlich cool geworden. Das Einrichten geht deutlich schneller als beim Fingerabdruckscan. Beim Entsperren kreist eine leuchtende Linie um die Selfie-Kamera und gibt dem Nutzer zu verstehen, dass der Scan im Gange ist. Ein solches Feedback fehlt beim Fingerscan.
Die Kamera für Selfie-Wahn Deluxe
Das S10 ist das erste Smartphone der Serie mit einer Triple-Kamera. Auch das hat sich Samsung bei Huawei abgeguckt. Anders als beim Huawei Mate 20 oder P20 (Pro) sind die Objektive aber horizontal angeordnet.
Die Linsen-Kombination erlaubt es, jede Szene in drei Varianten aufzunehmen: Im Ultra-Weitwinkel, Weitwinkel oder Nah. Der Ultra-Weitwinkel soll dabei ein 123 Grad-Sichtfeld abdecken, ähnlich wie das menschliche Auge. Das ist perfekt für Landschaftsaufnahmen oder Fotos von großen Gruppen. Auch im Selfie-Modus stehen zwei Ausschnitte zur Auswahl, damit bei Bedarf mehr Menschen ins Bild passen. Und die Auflösung wurde noch mal deutlich gesteigert, auf zehn Megapixel.
Um ein Selfie zu schießen, muss man dem Samsung Galaxy S10 übrigens nur noch zuwinken: Der Selbstauslöser wird aktiviert, sobald man seine Handfläche hoch hält. Danach hat man nur noch ein paar Sekunden Zeit, um sich in Pose zu werfen und in die Kamera zu grinsen, die genau im richtigen Moment von einer im Uhrzeigersinn kreisenden Linie hervorgehoben wird. Die Funktion hat Samsung zwar auch von Huawei abgeguckt sie ist aber gut gelungen.
Gruseliger Beautyfilter
Darüber hinaus bietet die Kamera-App eine Vielzahl an Einstellungsmöglichkeiten – von einem Live-Bokeh-Effekt, der den Hintergrund verschwimmen lässt, bis hin zu unterhaltsamen Augmented Reality-Stickern. Die AR-Emojis, die den Nutzer in einen Cartoon-Charakter verwandeln und seine Mimik nachahmen, sehen aber nach wie vor gruselig aus. Dabei wurde die Software bereits deutlich verbessert.
Noch viel gruseliger finde ich die Beauty-Filter. Dass man die Haut künstlich glätten lassen und Pickel, Falten und Sommersprossen verschwinden lassen kann – daran haben wir uns längst gewöhnt. Samsung geht nun einen Schritt weiter: Mit dem neuen Beauty-Filter lässt sich auch ein Doppelkinn retuschieren, die Nase etwas schmaler machen, die Lippen etwas voller oder die Augen größer. Die Änderungen sind zwar nur minimal, aber doch wahrnehmbar.
Weitere Besonderheiten: Huckepack-Aufladen
Das Samsung Galaxy S10 bringt einen Akku mit 4.100 Milliamperestunden mit. Das ist mehr als beim Galaxy Note 9. Von dieser Energie kann das bisher "stärkste" Samsung-Handy laut Eigenwerbung sogar etwas abgeben und in eine Ladeplatte umfunktioniert werden: Samsung hat alle seine neuen Gadgets – Smartphones, Kopfhörer und Smart Watches – mit einer kabellosen Ladefunktion ausgestattet. Um sie aufzuladen, werden sie einfach auf die Rückseite des Samsung Galaxy gelegt und kabellos aufgeladen.
Samsung Galaxy S10+
♦ Display: 6,4 Zoll AMOLED, 19:9, 522 ppi
♦ Hauptkamera: Dreifach-Objektiv mit Ultra-Weitwinkel (16 MP und F2.2), Weitwinkel (12 MP und F1.5/F2.4), Tele (12 MP und F2.4)
♦ Selfie-Kamera: 10 MP, max. F1.9, plus RGB-Sensor mit 8 MP und (F2.2) für Bokeh-Effekt
♦ Arbeitsspeicher: 8 GB/12 GB
♦ Interner Speicher: 512 GB/1 TB, plus microSD-Steckplatz für 512 MB
♦ Akku: 4.100 mAh
♦ Betriebssystem: Android 9.0 Pie,
♦ Preis: 1.249 Euro (512 GB) bis 1.599 Euro (1 TB)
Leider konnten wir dies ohne ein zweites Gerät nicht testen. Auch um das Handy selbst kabellos aufzuladen, fehlt die Ausrüstung: Zum Standard-Equipment gehört nur ein Ladekabel. Damit konnten innerhalb von 15 Minuten nur 18 Prozent Akku wiederhergestellt werden.
Samsung-Dienste: Super Service oder unnützer Ballast?
Samsung ist berüchtigt dafür, seine Smartphones mit vorinstallierter Software auszustatten, die sich nicht entfernen lässt. Das ist auch bei der S10-Serie nicht anders – und gerade in Deutschland eher noch etwas schlimmer geworden. Denn Samsungs Sprachassistent "Bixby" spricht jetzt auch Deutsch und soll uns jetzt mit allen erdenklichen Mitteln schmackhaft gemacht werden.
Schon bei der Einrichtung des Smartphones wird dem Nutzer vorgeschlagen, ein Samsung-Konto zu eröffnen. Lehnt man das ab, folgt eine Meldung nach dem Motto "Bist du dir sicher? Willst du wirklich auf alle diese Dienste verzichten?"
Schnell reißt einem der Geduldsfaden
Nun mag der eine oder andere Dienste wie Samsungs Fitness-Tracking-App oder den Game Launcher durchaus nützlich finden. Doch spätestens, wenn Samsung das Smartphone selbständig aus dem WLAN-Heimnetzwerk kickt, um anschließend eine Funktion namens "sicheres WLAN" zu bewerben, reißt mir der Geduldsfaden.
Die Funktion soll für mehr Sicherheit in öffentlichen Netzwerken sorgen. Natürlich braucht man aber ein Samsung-Konto dafür. Schon klar: Samsung möchte, dass mehr Menschen seine Dienste nutzen und ihre Daten übermitteln. Danke, Samsung, aber: nein, danke.
Auch Microsoft-Anwendungen wie OneDrive, Office Mobile und LinkedIn sind vorinstalliert und lassen sich nur deaktivieren, nicht löschen. Dafür hat sich Samsung sicher gut bezahlen lassen. Insgesamt belegen vorinstallierte Apps 50 Gigabyte des Speichers. Baut Samsung etwa Handys mit einem Mega-Speicher, um sie anschließend mit Bloatware vollzuballern?
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Fazit
Vom Huckepack-Aufladen bis zum automatischen Selfie-Auslöser: Samsung hat für sein Jubiläums-Handy viele gute Ideen aus der Branche aufgegriffen und zum Teil brillant umgesetzt. Vor allem die vielen künstlerischen Möglichkeiten der Kamera werden unter zahlungskräftigen Kunden viele Fans finden. Auch das Display mit HDR+-Unterstützung und vielen Extras ist bisher konkurrenzlos.
Viele hätten es nicht für möglich gehalten – doch Samsung hat sich mit dem Galaxy S10 tatsächlich noch einmal gesteigert. Trotzdem ist mehr nicht immer besser: Bei der Software etwa würden wir dem Konzern dringend eine Diät empfehlen.
- Eigene Recherche
- Pressematerial von Samsung