Hörspiele, Orchester, Archive Das steckt alles in 17,50 Euro Rundfunkbeitrag
Jeder Haushalt muss pro Monat 17,50 Euro Rundfunkbeitrag zahlen. Dafür gibt es öffentlich-rechtliches Fernsehen, Radio und Online-Angebote – aber auch noch ein paar weniger bekannte Dinge. Was steckt noch alles im Rundfunkbeitrag? t-online.de hat sich auf die Suche gemacht.
Durch den Rundfunkbeitrag finanzieren sich die öffentlich-rechtlichen Sender wie ARD, ZDF und Deutschlandradio. Rund acht Milliarden Euro jährlich kommen zusammen, weil jeder Haushalt pro Monat 17,50 Euro bezahlt. Seit dem neuesten Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Juli ist geklärt: Die Abgabe pro Haushalt ist verfassungsgemäß, so lange man nur für einen Haushalt zahlen muss. Trotzdem gibt es sehr unterschiedliche Reaktionen auf das Urteil. Der Rundfunkbeitrag polarisiert.
Die Sender stecken einen Großteil der Gebühren in Fernsehprogramm, Radiosender und Websites. Aber das ist längst nicht alles. t-online.de hat sich auf die Suche gemacht und sieben Dinge gefunden, die im Rundfunkbeitrag mit drin stecken, die aber kaum jemand kennt:
1. Hörspiele zum Download
Alle ARD-Sender und das Deutschlandradio produzieren nach eigenen Angaben jedes Jahr rund 300 neue Hörspiele. Gesendet werden sie vor allem von den Kultur- und Informationssendern. Viele Hörspiele können nach der Ausstrahlung auf den Websites und in den Mediatheken nachgehört und oft auch heruntergeladen werden. Einige Sender sammeln die Produktionen auf Extra-Seiten – zum Beispiel der Hörspielspeicher beim WDR, der Hörspielpool beim BR, die Hörspielbox beim NDR oder die Extra-Seite für den monatlichen ARD-Radiotatort.
Bei den kostenlosen Downloads finden sich auch Hörspiele, die später Geld kosten. Momentan gibt es zum Beispiel beim WDR die Produktion "TYLL" nach dem Erfolgsroman von Daniel Kehlmann. In den Handel kommt das Hörspiel erst Ende August und kostet dann regulär 19,95 Euro. Oder das Hörspiel "Der Geheimagent", das auf CD 11,99 Euro kostet. Beim NDR ist unter anderem das mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Hörspiel "Coldhaven" kostenlos zu haben. Und beim SWR gibt es momentan "Das Dschungelbuch" und fünf weitere Hörspiele für Kinder.
Viele Anstalten bieten zusätzlich ein Gratis-Programm, um Sendungen digital mitzuschneiden, zum Beispiel die Radiorekorder beim WDR und beim Deutschlandradio. Außerdem werden seit Ende 2017 viele Audio-Angebote von ARD-Radios und Deutschlandradio in der Audiothek-App gesammelt.
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2. Orchester
Nach Angaben der ARD-Pressestelle ist der Senderverbund an insgesamt 24 sogenannten Klangkörpern beteiligt. Dazu gehören zum Beispiel Sinfonie- und Funkhausorchester, Big Bands sowie Rundfunk- und Kinderchöre. Sie werden unter anderem für Film-, Hörspiel- und Musikproduktionen eingesetzt und geben Konzerte fürs Fernsehen und Übertragungen im Radio. Die Musiker spielen außerdem auf regionalen Kulturveranstaltungen, gehen auf Tourneen und geben Gastspiele. Die Sender sehen sie als musikalische und kulturelle Botschafter. Ihr Anteil am monatlichen Rundfunkbeitrag liegt bei 42 Cent.
3. Barrierefreiheit
ARD und ZDF bieten vor allem Info- und Nachrichtensendungen auch in Gebärdensprache an, sodass Gehörlose oder schwerhörige Menschen die Inhalte verstehen können. Auch bei Filmen und Dokumentationen werden sowohl das Gesprochene, als auch Geräusche, Musik und manchmal Gefühle in Text übersetzt, manchmal sogar live.
Die ARD sendet nach eigenen Angaben 97 Prozent aller Sendungen barrierefrei. Beim ZDF sind es knapp 77 Prozent. ARD und ZDF bieten außerdem Sendungen und Filme als sogenannte Audiodeskription für blinde oder sehbehinderte Menschen an. Dabei wird die Tonspur eines Films genommen, zusätzlich ergänzt ein professioneller Sprecher wichtige Elemente, die zum Verstehen wichtig sind – also zum Beispiel Gestik und Mimik oder das Umfeld einer Handlung. Das ZDF macht das auch bei einigen Live-Sendungen und bei Fußball-Übertragungen.
4. Archive
Die neun Landesrundfunkanstalten der ARD haben nach Angaben der Pressestellen insgesamt acht Archive und betreiben gemeinsam mit dem Deutschlandradio und der Deutschen Welle das Deutsche Rundfunkarchiv mit Standorten in Frankfurt am Main und Potsdam. Außerdem gibt es gemeinsam mit dem ZDF die "Zentrale Schallplattenkatalogisierung für Musik und Musikdaten".
Die Senderarchive bewahren vor allem Bild-, Film- und Tondokumente auf und übertragen diese auch auf neue Datenträger. Im Deutschen Rundfunkarchiv werden neben Multimedia-Inhalten auch gedruckte Medien und Schriften aufbewahrt, außerdem historisches Archivmaterial des Rundfunks vor 1945 und des Rundfunks der DDR.
5. Kulturveranstaltungen
Ein Teil des Rundfunkbeitrages fließt wieder zurück, vor allem an freie Mitarbeiter, Produktionsfirmen, Schauspieler, Künstler und Kulturveranstaltungen. Nach ARD-Angaben gibt der Senderverbund jedes Jahr mehr als 650 Millionen Euro für Filmproduktionen aus, rund 50 Millionen Euro gehen an die Filmförderungsanstalten. Rechteinhaber und -verwerter wie GEMA und GVL bekommen nach ARD-Angaben monatlich 27 Cent von jedem Rundfunkbeitrag.
Schwieriger zu bemessen sind die Ausgaben für Kulturveranstaltungen wie Bühnen bei Stadtfesten und die Förderung von regionaler Kultur. Der Bayerische Rundfunk erklärte t-online.de, die Förderung regionaler Kulturveranstaltungen zähle zu den Kernaufgaben. Dafür gebe die Anstalt ein Viertel ihres Haushalts für Kultur aus und unterhalte 60 Kultur- und Medienpartnerschaften.
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6. Landesmedienanstalten
33 Cent aus dem Rundfunkbeitrag werden genutzt, um die 14 Landesmedienanstalten zu finanzieren. Die sind auf Länderebene zuständig für Zulassung und Aufsicht der privaten, kommerziellen Radio- und Fernsehsender. Ein kleiner Teil des Rundfunkbeitrags ist also für die Verwaltung der privaten Konkurrenz reserviert. 33 Cent klingt nicht viel, ist aber mehr als die ARD für den deutsch-französischen Kultursender Arte ausgibt, nämlich 29 Cent. Für den Kinderkanal KiKA sind 11 Cent eingeplant, für den Ereigniskanal Phoenix 4 Cent und für 3Sat 2 Cent.
7. Medienforschung, Statistiken, Datenbanken
Viele ARD-Anstalten und das ZDF betreiben Medienforschung und veröffentlichen Ergebnisse allein oder in Kooperation. So publiziert die ARD zum Beispiel die jährliche Hörfunkstatistik mit Daten zur Radionutzung der ARD-Sender und die entsprechende Fernsehstatistik.
Gemeinsam mit dem ZDF gibt die ARD außerdem regelmäßig zwei Studien heraus: Seit 1964 läuft eine Langzeitstudie zur Mediennutzung. Seit 1997 gibt es außerdem eine jährliche Studie zur Onlinenutzung. Hinzu kommen Beteiligungen an wissenschaftlichen Studien zur Medienkompetenz bei Jugendlichen oder Fallstudien, wie etwa die europäische Jugendstudie "Generation What", die sich ein Jahr lang mit 18- bis 34-Jährigen aus ganz Europa beschäftigt hat.
- Eigene Recherchen
- Übersicht über die Ausgaben des Rundfunkbeitrags bei der ARD
- Informationen über die Landesmedienanstalten
- Aufgaben und Ziele des Deutschen Rundfunkarchivs
- Angaben über Barrierefreiheit in der ARD
- Angaben über die Barrierefreiheit im ZDF
- Übersicht der Klangkörper der ARD
- Interview mit ARD-Vorsitzendem Ulrich Wilhelm im Tagesspiegel