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Webseite für Corona-Dunkelziffer: Wie viele Infektionen gibt es wirklich?


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Infektionsgeschehen
Diese Webseite schätzt die Corona-Dunkelziffer


Aktualisiert am 20.10.2020Lesedauer: 3 Min.
Screenshot der Webseite "Dunkelzifferradar": Wie viele Corona-Infektionen gibt es wirklich?Vergrößern des Bildes
Screenshot der Webseite "Dunkelzifferradar": Wie viele Corona-Infektionen gibt es wirklich? (Quelle: t-online)
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Wie viele Menschen haben sich wirklich mit dem Coronavirus infiziert? Weil es viele symptomlose oder milde Verläufe gibt, kann das niemand so genau sagen. Eine Webseite versucht trotzdem, die Dunkelziffer mit statistischen Schätzungen auszuleuchten.

Zu Beginn der Corona-Pandemie gab es in Deutschland nicht genug Testkapazitäten, um jeden Verdachtsfall zu überprüfen. Deshalb geht man davon aus, dass es im Frühjahr sehr viel mehr Infektionen mit dem Erreger SARS-CoV-2 gab, als dem Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet wurden.

Obwohl inzwischen mehr getestet wird, gilt auch heute noch: Die Dunkelziffer könnte ein Vielfaches der Meldezahlen betragen. Denn viele Erkrankungen verlaufen nahezu symptomlos. Ohne einen Labortest bleiben sie unerkannt.

Die große Unbekannte: Wie viele aktive Infektionen gibt es wirklich?

Das Projekt "Dunkelzifferradar" versucht dennoch, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Die Webseite covid19.dunkelzifferradar.de schätzt für jedes Bundesland und jeden Landkreis die Zahl der aktiven Infektionen. Aus den offiziellen Meldezahlen des RKI wird dazu mit Hilfe von vereinfachten epidemiologisch-statistischen Modellen berechnet, wie viele (unerkannte) Infektionen es in der Region wohl gibt. Die Schätzwerte betragen vielerorts das Zweifache der gemeldeten Zahlen.

Die Angaben sind jedoch mit Vorsicht zu genießen. Hinter dem Projekt stecken keine ausgewiesenen Wissenschaftler und Experten auf dem Gebiet der Epidemiologie, sondern ein Team, das sich auf dem von der Bundesregierung ausgerufenen Hackathon "Wir versus Virus" zusammengefunden hat. Das Dashboard soll der Bevölkerung dabei helfen, das Ansteckungsrisiko besser zu beurteilen, schreiben die Macher. Wie genau die Schätzungen sind, lässt sich unmöglich sagen.

Exponentielles Wachstum ist ein Warnsignal

Doch wie relevant ist die Dunkelziffer überhaupt für Bürger, die sich informieren wollen? Da in Deutschland vergleichsweise viel getestet wird, bieten die offiziellen RKI-Zahlen grundsätzlich einen guten Anhaltspunkt zur Bewertung der Lage – und die ist durchaus ernst, wie alle Experten warnen.

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Die im Oktober gemeldeten Fallzahlen sind alarmierend. Der exponentielle Anstieg ist klar erkennbar. Die Bevölkerung in den besonders betroffenen Landkreisen ist dringend aufgerufen, ihre Kontakte zu reduzieren, um die Verbreitung einzudämmen.

Das Dunkelzifferradar bietet hier im Grunde keinen großen Erkenntnisgewinn, da es ebenfalls auf den Meldezahlen basiert. Im besten Fall erinnert es die Nutzer daran, dass es eine unbekannte Zahl an unerkannten Infektionen gibt. Das reale Ansteckungsrisiko ist also noch größer, als es den Anschein hat, auch wenn es schwer zu beziffern ist. Das sollte man bei seinen Alltagsentscheidungen stets im Hinterkopf behalten.

Wie hoch ist die Durchseuchung?

Das Dunkelzifferradar interessiert sich aber noch für einen weiteren Aspekt der Corona-Pandemie: Die Seite versucht zu schätzen, wie hoch die Durchseuchung ist. Laut den Berechnungen sind in Deutschland bisher etwa 900.000 Menschen an Covid-19 erkrankt. Das entspricht etwa einem Prozent der deutschen Bevölkerung. Offiziell erfasst wurden nur 373.167 Fälle (Stand 20.10.2020).

Solche Berechnungen basieren im Wesentlichen auf der Zahl der gemeldeten Todesfälle. Mit Hilfe der in verschiedenen Studien angenommenen Infektionssterblichkeit lässt sich anschließend hochrechnen, wie viele unbemerkte Infektionen es wohl gegeben hat.

Ein Beispiel: Nehmen wir an, dass etwa 1 Prozent der Erkrankungen tödlich enden. Dann deuten 9.000 registrierte Todesfälle darauf hin, dass sich ursprünglich etwa 900.000 Menschen angesteckt haben.

Infektionssterblichkeit: Wie viele Menschen sterben an Corona?

Nun muss man allerdings dazu sagen, dass die Infektionssterblichkeit kein fixer Wert ist. Sie wird von mehreren Faktoren beeinflusst und kann nur geschätzt werden. Wie viele Patienten an einer Covid-19-Erkrankung sterben, hängt unter anderem von der Bevölkerungsstruktur und der Qualität der Gesundheitsversorgung ab.

Die Studien, die bisher dazu in verschiedenen Regionen durchgeführt wurden, kommen daher auch zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Je nach Land und Lage geht man davon aus, dass zwischen 0,2 und gut einem Prozent der Covid-19-Erkrankungen tödlich verlaufen.

Das Dunkelzifferradar löst dieses Problem, indem es dem Nutzer verschiedene Optionen bietet: Über das Einstellungen-Symbol (das Zahnrädchen über der Deutschlandkarte) kann man auswählen, von welcher Infektionssterblichkeit man ausgehen möchte – und welcher Studie man das meiste Vertrauen schenkt.

Zur Auswahl steht beispielsweise auch die vom Virologen Hendrik Streeck durchgeführte "Heinsbergstudie". Diese kam zu dem Schluss, dass etwa 0,36 Prozent aller Corona-Infizierten sterben. Das würde bedeuten, dass sich bereits mehr als 1,6 Millionen Deutsche angesteckt hätten. An der Heinsbergstudie gab es vor allem zu Beginn viel Kritik. Das wissenschaftliche Prüfverfahren ist aber mittlerweile abgeschlossen, damit gilt die Studie als anerkannt. Experten weisen dennoch darauf hin, dass sich die Ergebnisse aus Heinsberg nicht auf andere Regionen und Situationen übertragen lassen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Dunkelziffer-Radar
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