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USK wird 25: "In Games muss die Gegnerschaft zu Nazis klar ersichtlich sein"


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25 Jahre Prüfstelle USK
"In Games muss Gegnerschaft zu Nazis klar ersichtlich sein"

InterviewVon Ali Vahid Roodsari

Aktualisiert am 24.09.2019Lesedauer: 7 Min.
25 Jahre USK: In ihrem Archiv lagert die USK mehrere Tausend Spiele.Vergrößern des Bildes
25 Jahre USK: In ihrem Archiv lagert die USK mehrere Tausend Spiele. (Quelle: t-online)
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Seit 25 Jahren bestimmt die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), welche Videospiele an Kinder und Jugendliche verkauft werden dürfen, und welche nicht.

Auf jeder Computerspielepackung prangt ein Symbol in Weiß, Gelb, Grün, Blau oder Rot: die Alterseinstufung der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle. Die zeigt, für welche Altersgruppe das Spiel geeignet ist. Ein gelbes Symbol bedeutet ab 6, ein rotes ab 18.

Seit dem 24. September 1994 vergibt die USK diese Altersfreigaben. Und seit dem Jugendschutzgesetz von 2003 drohen Händlern bis zu 50.000 Euro Strafe, wenn sie Spiele ohne Jugendfreigabe an Minderjährige verkaufen.

Dabei bestimmen verschiedene Faktoren die Altersfreigabe. In Deutschland spielt vor allem die Gewaltdarstellung eine Rolle. Und: Spiele mit Hakenkreuzen waren tabu – jedenfalls bis August 2018. Seitdem dürfen auch Games mit Nazi-Symbolen zur Prüfung eingereicht werden. Zum 25. Geburtstag der USK erklärt Geschäftsführerin Elisabeth Secker, worauf die Institution bei der Spieleprüfung besonders achtet, warum Games mit Hakenkreuzen eine Daseinsberechtigung haben – und wieso Lootboxen nicht in die Spielebewertung einfließen.

t-online.de: Frau Secker, was ist die USK überhaupt?

Elisabeth Secker: Die USK ist in Deutschland die zuständige Stelle für die Prüfung von Computer- und Videospielen. Spiele, die im Handel an Minderjährige verkauft werden sollen, benötigen eine Altersfreigabe. Ein unabhängiges Gremium der USK empfiehlt ein Alterskennzeichen, das von einem staatlichen Vertreter übernommen und damit rechtsverbindlich wird.

Und wenn das Spiel nur digital erscheint, also nicht im Handel?

Wie läuft so eine Prüfung bei der USK ab?

Wir haben ehrenamtliche Sichterinnen und Sichter, die die Spiele durchspielen. Danach präsentieren sie das Game einem unabhängigen Prüfgremium. Das besteht aus vier Jugendschutzsachverständigen. Diese kommen unter anderem von der freien Jugendhilfe, kirchlichen Einrichtungen oder aus dem Bereich der Medienpädagogik. Den Vorsitz haben ständige Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden. Eine Prüfung kann je nach Spielgenre schon mal vier bis fünf Stunden dauern. Danach entscheidet das Prüfgremium mit einfacher Mehrheit über eine Alterskennzeichnung.

Klingt nach viel Aufwand: Wer bezahlt das alles? Der Staat?

Nein. Der Staat ist an der Altersfreigabe aufgrund der Zuständigkeit der Länder beteiligt, die USK ist aber keine Behörde. Träger der USK ist die Computerspielwirtschaft, sie übernimmt das finanzielle Risiko. Die Antragsteller bezahlen die Prüfgebühren.

Für die Einstufung eines neuen Spiels verlangt die USK 1.200 Euro. Wenn die Prüfung besonders schnell gehen soll, werden bis zu 3.000 Euro fällig.

In den USA stören sich Prüfer oft an sexuellen Darstellungen in Games. In Australien sind es Drogen. Worauf achten deutsche Prüfer?

Wir haben Leitkriterien, an denen sich die Spruchpraxis der Jugendschutzsachverständigen orientiert. Hier werden Aspekte der Wirkungsmacht wie zum Beispiel das Gameplay oder die Atmosphäre bewertet. Und: Im kulturellen Vergleich spielen in Deutschland vor allem Gewaltdarstellungen eine wichtige Rolle. Beispielsweise muss geprüft werden, ob Gewalt so verankert und dargestellt wird, dass sie nicht nur eine entwicklungsbeeinträchtigende, sondern sogar eine jugendgefährdende Wirkung vermuten lässt.

Die Battle-Royale-Version des – vor allem unter Minderjährigen beliebten – Spiels "Fortnite" hat im August eine Altersfreigabe ab 12 Jahren erhalten. Dabei müssen Spieler zwingend Gegner abschießen, um zu gewinnen – also eine eindeutige Gewaltdarstellung. Wie kann das Spiel für Jugendliche geeignet sein?

Von "Eignung" ist bei USK-Kennzeichen nicht die Rede, sondern von Schadensbegrenzung: Bei "Fortnite Battle Royale" wurde intensiv über die Altersfreigabe diskutiert. Grund für die Freigabe ab 12 Jahren war, dass die Gewaltdarstellungen sehr comichaft sind, was Gewalt dann für Zwölfjährige sowohl erkennbar als auch durchschaubar vermittelt und insofern auch und rahmend wirkt. Laut Auffassung des Prüfausschusses können sich bereits Zwölfjährige also ausreichend davon distanzieren, sodass kein Transfer in ihre Alltagswelt angenommen wird.

Und mit viel Blut ist es ab 16?

Das wird nicht gemessen, wie manche glauben … Nehmen Sie beispielsweise "Assassin's Creed Odyssey". In dem Spiel kommen auch Gewaltdarstellungen vor, gerahmt durch das Setting des antiken Griechenlands. Hier finden Spielerinnen und Spieler eine Rahmung, die ab Sechszehnjährige befähigt, die vorhandenen Gewaltinhalte und Gewaltdarstellungen einzuordnen und zu verkraften. Anders ist es bei einem realistisch dargestellten Kriegsszenario, das auf die heutige Zeit gemünzt ist: Hier wird häufiger vermutet, dass Spielgeschehen und Interaktivität darin, Entwicklungsbeeinträchtigungen für Minderjährige vermitteln könnten. Das würde zur Verweigerung einer Jugendfreigabe führen (USK ab 18)

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Spiele ohne Jugendfreigabe sind in Deutschland manchmal geschnitten. Beispielsweise fehlt Blut. Ist das das Werk der USK?

Die USK schneidet keine Spiele. Wir prüfen sie so, wie sie uns zur Veröffentlichung auf dem deutschen Markt vorgelegt werden. Spiele, bei denen die USK eine Indizierung durch die Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Medien (BPjM) vermutet, werden nicht gekennzeichnet. Dazu sollte man wissen, dass eine Altersfreigabe generell vor einer Indizierung durch die BPjM schützt.

Eine Indizierung kann aus mehreren Stufen bestehen. Unter anderem darf für indizierte Spiele nicht geworben werden. Auch dürfen sie nicht offen zum Verkauf angeboten werden.

Hat sich denn die Sicht der USK in den vergangenen 25 Jahren auf Spiele verändert?

Die Medienkompetenz und auch das Medienverhalten von Kindern und Jugendlichen hat sich im Laufe der Zeit geändert. Da müssen wir stets schauen, dass ein Abgleich stattfindet. Die Spruchpraxen aller Jugendmedienschutz-Institutionen müssen sich diesen Prozessen stellen und verändern sich deshalb auch stetig.

Gibt es Spiele, die generell keine Freigabe bekommen?

Generell erhalten Spiele kein USK-Kennzeichen, bei denen eine Jugendgefährdung aufgrund der Spruchpraxis der BPjM vermutet wird. Wird vermutet, dass Tatbestandsmerkmale des Strafrechts betroffen sind, führt das natürlich auch zur Verweigerung eines Kennzeichens.

Apropos strafrechtliche Inhalte: Hakenkreuze waren bis August 2018 in Spielen tabu. Doch dann gab es ein Umdenken: Jetzt dürfen auch Spiele mit Nazi-Symbolen in Deutschland erscheinen. Was hat sich geändert?

Vor der Änderung durften Spiele mit verfassungsfeindlichen Symbolen der USK überhaupt nicht zur Prüfung vorgelegt werden. Dann hat sich aber die Rechtsauffassung der zuständigen Obersten Landesjugendbehörde geändert, die aktuellen rechtlichen Bewertungen Rechnung trägt. Seitdem dürfen wir auch Spiele mit Hakenkreuzen oder anderen Symbolen verfassungswidriger Organisationen prüfen und im Einzelfall entscheiden, ob deren Verwendung sozialadäquat geschieht. Am grundsätzlichen Verbot von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen hat sich nichts geändert.

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Und wann ist ein Spiel sozialadäquant?

Sozialadäquanz heißt, dass ein Spiel – genauso wie ein Film – unter anderem der Kunst oder der staatsbürgerlichen Aufklärung dient. Beim Medium Computerspiele kommt meist der Kunstaspekt zum Tragen. Die USK hat sich intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt und ihre Leitkriterien an die Änderung der Rechtsauffassung der OLJB angepasst und mit Einzelaspekten untersetzt.

Wo ziehen Sie die Grenze?

Unsere Gremien wägen die Belange der Kunst mit denen anderer Schutzgüter, unter anderem denen des Jugendschutzes, ab. Dabei prüfen sie auch, inwieweit die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen insgesamt und insbesondere durch die Verwendung der Kennzeichen möglicherweise gefährdet werden kann. Besonders wichtig: Es sollte ein klares Gut-Böse-Schema geben. Der Spielauftrag sollte eindeutig sein, Spieler dürfen nicht Gefahr laufen, sich mit dem Nationalsozialismus oder den Nazis zu identifizieren. Im Spiel muss die Gegnerschaft zum Nazi-Regime klar zum Ausdruck kommen.

Jetzt hat auch die internationale Version mit Hakenkreuzen von "Wolfenstein: Youngblood" eine Freigabe erhalten. Hat das Spiel einen künstlerischen Wert?

Die Frage ist hier: Sind Computerspiele Kunst? Schauen wir doch mal auf andere Unterhaltungsmedien wie Filme. "Inglourious Basterds" ist ein gutes Beispiel. Das zeigt auch Hakenkreuze, hat aber keinen vordergründig staatsbürgerlichen Aufklärungsaspekt. Es dient auch nicht der Wissenschaft oder der Dokumentation von Zeitgeschehen – ist reine Unterhaltung. Aber Filme gelten als Kunst, darum ist das kein Problem. Games können genauso gut Kunst sein. Das hat auch der deutsche Kulturrat so festgehalten und auch die USK in ihren Leitkriterien verankert. Hier geht es um die Gleichbehandlung der Medienarten als Kunst generell.

Alles schön und gut, aber in "Wolfenstein: Youngblood" ballern Spieler – salopp gesagt – einfach nur Nazis ab. Aufgrund welcher Kriterien hat die USK die Hakenkreuz-Version denn freigegeben?

Zu dem Spiel gab es eine intensive Diskussion im Gremium. Die Prüfer haben gesehen, dass sich eine klare Gegnerschaft zum Nationalsozialismus vermittelt. Auch wurden künstlerische Aspekte festgestellt, die die Feststellung einer sozialadäquaten Verwendung begründen: Die Symbole im Spiel dienen als künstlerisches Stilmittel zur Ausgestaltung dieser konkreten Zeit.

Eine Flut an Hakenkreuz-Spielen steht uns aber nicht bevor?

Nein, absolut nicht. Die Zahl solcher Spiele, die bei der USK eingereicht werden, ist sehr gering.

Was auch oft bei Spielen diskutiert wird, sind Lootboxen. Also beispielsweise Kisten, die Spieler gegen Echtgeld öffnen können und eine Überraschung enthalten. In Ländern wie den Niederlanden und Belgien gilt das als illegales Glücksspiel und ist verboten. Wie bewertet die USK Spiele mit Lootboxen?

Lootboxen sind Elemente in Games zur Monetarisierung und fallen nach herrschender Meinung in Deutschland nicht unter für Minderjährige unzulässiges Glückspiel. Sie sind eher mit Panini-Bildchen oder Sammelkarten vergleichbar. Aber dazu ist auch zu sagen: Nicht die USK hat neu zu entscheiden, wann etwas als Glücksspiel gilt, sondern der Gesetzgeber. In der Altersfreigabe spielen solche Aspekte keine Rolle, jedoch sollten Eltern technische Maßnahmen zur Kostenkontrolle nutzen beziehungsweise mit ihren Kindern Limits über Ausgaben vereinbaren. Unzulässig sind Lootboxen dann, wenn Kinder und Jugendliche direkt zum Kauf aufgefordert werden.

Worauf sollten Eltern generell bei Spielen achten?

Natürlich können Eltern bestimmen, was ihre Kinder spielen. Aber die Alterskennzeichen der USK sollten sie aufgrund ihres Hinweischarakters auf riskante Inhalte und Darstellungen schon berücksichtigen. Bei Lootboxen, In-App-Käufen oder Chats raten wir, mithilfe von Jugendschutzeinstellungen auf den Geräten das Nutzungsverhalten zu begleiten beziehungsweise zu kontrollieren. Generell sollten Eltern sich mit den Spielgeräten und dem Spielekonsum ihrer Kinder auseinandersetzen und mal auch am Spiel beteiligen – oder zumindest nachfragen. Das hilft bei der Entscheidung, was das eigene Kind warum spielen darf und was warum nicht zu Hause gespielt werden soll.

Spielen Sie denn selbst?

Wenn ich Zeit habe, spiele ich gerne Mobile Games. Meist Jump 'n' Runs. Ich halte auch "Horizon Zero Dawn" für ein tolles Spiel. Das gleiche gilt für Zelda und Super-Mario-Spiele.

Frau Secker, vielen Dank für das Gespräch.

Update: Bei der ersten Antwort wurde konkretisiert, dass Spiele eine Alterseinstufung benötigen, damit sie im Handel auch an Minderjährige verkauft werden können.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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