"Über Newskanal entscheidet die Politik" ARD reagiert auf Kritik an Bericht zu Notre-Dame
Der Bericht der ARD zum Großbrand der Notre-Dame in Paris ist laut Kritikern zu spät und kurz gekommen. Es wird ein echter Nachrichtenkanal gefordert. Der Vorsitzende des Senders hält dagegen.
Politiker und prominente Journalisten bemängelten auf Twitter, die ARD-Berichterstattung über den Brand der Kathedrale Notre-Dame in Paris sei zu spät gekommen und nicht umfangreich genug gewesen. ARD-Intendant Ulrich Wilhelm sieht das anders und bezieht Position zu einem neuen Nachrichtenkanal. "tagesschau 24" ist, im Gegensatz zur Selbstdarstellung und Namensgebung, kein aktueller Nachrichtenkanal.
Bemühungen vom Gesetzgeber abgelehnt
Die Entscheidung über einen echten öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal liegt aus Sicht der ARD nicht in der Hand der öffentlich-rechtlichen Sender. "Es ist letztlich eine Sache des Gesetzgebers", sagte der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm in Hamburg zum Abschluss einer Intendantensitzung. Zuletzt seien ähnliche Bemühungen vom Gesetzgeber abgelehnt worden. So seien ein Spartenkanal für Sport und ein öffentlich-rechtlicher Nachrichtenkanal für nicht nötig erachtet worden. "Natürlich hätten wir im Prinzip die Kraft und auch die Erklärkompetenz, größere Leistungen permanent zu stemmen", sagte Wilhelm. "Aber hier ist die Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren."
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) teilte mit, er sehe in der Forderung nach einem öffentlich-rechtlichen Nachrichtenkanal einen sinnvollen Beitrag zur Weiterentwicklung des Rundfunksystems.
Kritiker der Berichterstattung über den Brand in der Kathedrale Notre-Dame in Paris bemängelten, ARD und ZDF seien in das Thema nicht schnell und umfangreich genug eingestiegen. "Ich schließe mich hier keiner Kollegenschelte an, fordere aber, aus der Senderstruktur konstruktive Konsequenzen zu ziehen", so der DJV-Bundesvorsitzende, Frank Überall.
Strukturen reichen angeblich nur für Erzählfernsehen
Wie schnell und in welchem Umfang über herausragende zeitgeschichtliche Ereignisse berichtet werde, dürfe nicht davon abhängen, ob und wie schnell Intendanten und Chefredakteure der ARD-Anstalten Konsens erzielten. "Mit solchen Strukturen lässt sich Erzählfernsehen betreiben, aber nicht ein interessantes und aktuelles Nachrichtenangebot liefern", teilte Überall mit.
Wilhelm konterte währenddessen die Kritik an der ARD-Berichterstattung: Es sei weniger als eine Stunde von der ersten Eilmeldung bis zum fertigen Bericht für die 20-Uhr-Tagesschau vergangen. "Es wurde hier sehr schnell gearbeitet". Wegen des Turmeinsturzes musste der geplante Bericht außerdem noch einmal überarbeitet werden und konnte deshalb aus zeitlichen Gründen nicht wie gewünscht als erster Beitrag der "Tagesschau" laufen. Das Stück sei in der Sendung platziert worden, sobald es fertiggestellt gewesen sei, heißt es.
Dennoch hätte der ARD gut zu Gesicht gestanden, um 21 Uhr noch einmal eine "Tagesschau extra"-Ausgabe mit einer Schalte nach Paris oder mit einem weiteren Stück über die Entwicklung der zurückliegenden Stunde zu senden, sagte Wilhelm.
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ARD-Programmdirektor Volker Herres ergänzte, dass es klare Kriterien für einen "Brennpunkt" gebe. Der sollte einen Mehrwert gegenüber der 20-Uhr-Tagesschau haben und weitere Hintergründe liefern können. "Im Ergebnis hätten wir eine brennende Kirche zeigen können. Und das wollten wir nicht." Mehr Informationen habe es zu dem Zeitpunkt, um 20.15 Uhr, noch nicht gegeben.
- Nachrichtenagentur dpa