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Kartellamt gegen Facebook: Wie die Behörde Facebook zähmen will


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Kartellamt gegen Netzwerk
Facebook führt die Politik seit Jahren "an der Nase herum"


07.02.2019Lesedauer: 4 Min.
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg: Das Kartellamt will Facebooks Datensammelwut beschränken. Darf es das?Vergrößern des Bildes
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg: Das Kartellamt will Facebooks Datensammelwut beschränken. Darf es das? (Quelle: Paul Sakuma/ap)
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Das Bundeskartellamt will Facebook verbieten, über Drittanbieter unbegrenzt Daten von Nutzern des sozialen Netzwerks zu sammeln. Was hinter der Diskussion steckt.

Mehr als zwei Jahre hat das Bundeskartellamt untersucht, wie Facebook seine Nutzer im Internet verfolgt und ob es damit gegen Wettbewerbsregeln verstößt. Am Donnerstag verkündete die Bonner Behörde ihr Urteil: Facebook muss aufhören, Nutzerdaten über Apps und Webseiten von Drittanbietern abzugreifen und mit seinen eigenen Informationen zu verknüpfen.

Wieso kümmert sich das Kartellamt um Datenschutz-Angelegenheiten?

Die Behörde geht davon aus, dass Facebook eine marktbeherrschende Stellung in Deutschland einnimmt. Das Netzwerk hat etwa 32 Millionen Nutzer im Monat. 23 Millionen nutzen die Plattform täglich. Das entspreche einem Marktanteil von 95 Prozent.

Da diese Nutzer nicht einfach zu einem anderen, vergleichbaren Anbieter wechseln können, muss Facebook nach Ansicht des Kartellamts strenge Auflagen befolgen. So will die Behörde verhindern, dass das Netzwerk seine Position zum Nachteil der Nutzer missbraucht.

Gibt es Hinweise, dass Facebook seine Macht missbraucht?

Das Bundeskartellamt stört sich vor allem daran, dass Facebook-Nutzer der Datensammlung über Drittanbieter uneingeschränkt zustimmen – oder ganz auf Facebook verzichten müssen. Das sei nach geltendem Datenschutzrecht unzulässig.

Außerdem schade Facebooks Verhalten dem Wettbewerb auf dem Werbemarkt. Durch seinen umfassenden Zugang auf Daten aus verschiedenen Quellen könne das Netzwerk seinen Service verbessern. Dadurch werde das Netzwerk "für Werbekunden immer unverzichtbarer". Die Folge: Anzeigenkunden ziehen ihre Budgets von anderen Konkurrenten ab, stecken sie in Facebook-Werbung und steigern so den Wert des Unternehmens. Diese Spirale will das Kartellamt durchbrechen.

Was genau fordert das Kartellamt von Facebook?

Über verschiedene Analysetools, Schnittstellen und Social-Verknüpfungen, wie etwa den "Like"-Button sammelt Facebook Daten von Apps und Webseiten, die nicht zum Konzern gehören. Dadurch weiß Facebook, was seine Nutzer außerhalb der Plattform treiben und kann ihnen passende Werbung zeigen. (Wie Sie das Tracking abschalten können, erfahren Sie hier)

Das Kartellamt kritisiert das und fordert, dass Facebook erst um Erlaubnis fragt, bevor es Informationen aus Drittquellen mit Nutzerprofilen verknüpft. Das gilt auch für die konzerneigenen Dienste WhatsApp und Instagram. Der Nutzer soll der Datenverarbeitung widersprechen und die Dienste dennoch nutzen können.

Facebook muss innerhalb von vier Monaten erklären, wie es die Vorgaben umsetzen will. Das Netzwerk hat insgesamt zwölf Monate Zeit, die nötigen Anpassungen vorzunehmen.

Wie reagiert Facebook?

Die Reaktion von Facebook kam prompt. Man werde gegen den Beschluss Beschwerde einlegen, kündigte das Unternehmen in einer Stellungnahme an. Das Netzwerk wehrt sich insbesondere gegen die Vermischung von Kartellrecht und Datenschutz.

Die Beschwerde muss innerhalb eines Monates beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingehen. Es ist damit zu rechnen, dass der Streit durch mehrere Instanzen geht und Jahre dauern wird.

Warum ist die Entscheidung so wichtig?

Seit Jahren versuchen Politik und Datenschutzbehörden, Facebook einer strengeren Kontrolle zu unterziehen. Nun schalten sich zum ersten Mal die Wettbewerbshüter ein. Damit beschreiten sie allerdings juristisches Neuland.

Allein die Feststellung der Kartellrechtsexperten, dass Facebook eine große Marktmacht besitzt, kann enorme Konsequenzen nach sich ziehen. Sie könnte europaweite Strahlkraft haben und weiteren Regulierungsbemühungen die Tür öffnen. Nicht umsonst wehrt sich Facebook gegen die Annahme des Bundeskartellamts. Facebook sei zwar populär, aber nicht marktbeherrschend.

Hat Facebook eine marktbeherrschende Stellung?

Das Problem ist, dass das Kartellrecht noch aus einer analogen Zeit stammt. Es fehlt eine klare Definition, wie sich Marktmacht im digitalen Raum und insbesondere bei sozialen Netzwerken äußert.

So argumentiert Facebook, dass es durchaus mit zahlreichen anderen Anbietern um die Aufmerksamkeit der Nutzer konkurriere. Genannt werden etwa Twitter, YouTube und Snapchat. Tatsächlich lässt sich schon seit Jahren beobachten, dass sich vor allem die für die Werbeindustrie interessanten jungen Nutzer anderen Plattformen wie Snapchat zuwenden. Mit WhatsApp und Instagram kann Facebook diesen Nachteil aber ausgleichen.

Das Bundeskartellamt ist jedenfalls der Meinung, dass es "keine Alternative" zu Facebook gibt und macht das an der Funktionsweise fest. Sämtliche vergleichbare Netzwerke – beispielsweise StudiVZ oder Google Plus – sind in den vergangenen Jahren in der Bedeutungslosigkeit verschwunden.

Wie wird sich die Entscheidung auf Facebooks Geschäft auswirken?

Nach Einschätzung des Social-Media-Experten Martin Fehrensen muss sich Facebook keine Sorgen machen. Zwar gebe es immer wieder Bemühungen, das Unternehmen strenger zu kontrollieren, diese zeigen jedoch kaum Wirkung. "Der Wind weht Mark Zuckerberg mittlerweile schon kräftig ins Gesicht, zumindest in Deutschland und Europa. Ich glaube aber, der spürt das gar nicht. Es ist ja noch ein Ozean dazwischen", sagt Fehrensen. Drohende Strafen würde die Konzernspitze "einfach weglächeln".

Zudem führe das Netzwerk die Politik schon seit Jahren "an der Nase herum". Mit der angekündigten Verknüpfung seiner Dienste setzte sich Facebook beispielsweise erneut über sämtliche wettbewerbsrechtliche Einwände und Vorgaben hinweg. Noch 2014 musste der Konzern versprechen, WhatsApp von seinem übrigen Geschäft zu trennen.

Angesichts der fortschreitenden technischen Integration werde es immer schwieriger, Forderungen nach einer wirtschaftlichen Entflechtung durchzusetzen, glaubt Fehrensen. "Es fehlen ja jetzt schon die Konzepte, wie eine Zerschlagung des Konzerns aussehen könnte." Bis diese Pläne ausgereift seien, habe Facebook längst Fakten geschaffen.

Auf das Geschäft dürfte sich die Zusammenlegung der Dienste sehr positiv auswirken, da sich Werbung anschließend noch leichter ausspielen lässt – und das auf drei der nutzerstärksten Plattformen.

Was sagt die Politik?

In der Politik stößt der Beschluss des Kartellamts auf Zustimmung. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber sagte, dass das Kartellamt "ein klares Zeichen" für den Datenschutz setze. Auch Justizministerin Katarina Barley begrüßte die Entscheidung. "Facebook hat die Sammlung und Vernetzung von Nutzerdaten inzwischen weit über seine eigene Plattform hinaus ausgebaut", sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Grünen-Politikerin Katharina Dröge sieht die Bundesregierung in der Verantwortung: "Die große Koalition hat es jahrelang versäumt, die Macht der Internetgiganten zu beschränken. Das richtet jetzt das Bundeskartellamt." Mit der Entscheidung werde Facebooks "Friss oder Stirb-Taktik" ein Riegel vorgeschoben. Gleichzeitig zeige die Entscheidung, dass die Genehmigung der Fusionen von Facebook und WhatsApp ein Fehler gewesen sei. "Hier gibt es weiterhin Nachschärfungsbedarf bei der Fusionskontrolle – auch auf EU-Ebene."

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Die FDP hingegen sieht keinen Handlungsbedarf. Das Wettbewerbs- und Kartellrecht biete genügend Instrumente, um den Wettbewerb zwischen werbefinanzierten Online-Angeboten zu gewährleisten, sagt FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. "Man muss sie nur einsetzen", sagte sie t-online.de im Vorfeld der Kartellamtsentscheidung.

Auch in Bezug auf einen möglichen Zusammenschluss der Dienste Facebook, WhatsApp und Instagram sprach sich die FDP-Politikerin für eine "politikfreie Entscheidung der Kartellbehörden aus". "Wichtig ist, dass Facebook Verbraucher und andere Anbieter nicht übervorteilt", so Beer.

Verwendete Quellen
  • Mit Informationen der Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters
  • Eigene Recherche
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