Internationale Luftfahrtmesse 50 Firmen tüfteln weltweit an Flugtaxis
Autonome Flugtaxis beflügeln den Traum vom Fliegen aufs Neue, Dutzende Firmen arbeiten daran. Doch von Reichweite bis Verantwortung fehlen noch viele Antworten.
Flugtaxis sind nicht erst ein Thema, seit Dorothee Bär als Digital-Staatsministerin die Vision in einem TV-Interview teilte. Weltweit tüfteln nach Branchenschätzungen etwa 50 Unternehmen an Flugtaxis.
Der Pilot André Borschberg ist zur Internationalen Luftfahrtmesse ILA nach Berlin-Schönefeld gekommen, um ein Wort zu bekämpfen: "unmöglich". Vor zwei Jahren umrundete der Schweizer im Solarflugzeug Solar Impulse die Welt. "Wir hatten keine Erfahrung im Flugzeugbau, keine Ressourcen, keine Infrastruktur." Aber man habe die richtige Einstellung gehabt. Borschberg ist überzeugt: Wenn es um die Zukunft des Fliegens geht, braucht die ehrwürdige Industrie einen neuen Geist.
Doch die Branche sieht sich im Aufbruch. Unter Forschern ist von einem "Zeiten-Sprung" die Rede wie beim Übergang ins Jet-Zeitalter. Das Sinnbild dafür ist die Vision vom Flugtaxi, die auch auf der Luftfahrtmesse in Schönefeld Dauerthema ist.
Knautschig gelb wird der Zukunftsflieger nicht
"Es geht primär um Effizienz, es geht darum, Emissionen zu senken und um autonomes Fliegen", beschreibt Airbus-Chef Tom Enders die Trends. "Die Innovation wird sich in den nächsten Jahren beschleunigen, es wird eine aufregende Zeit."
Ganz so wie im Kinofilm "Das fünfte Element" sieht die Zukunft des Fliegens aber nicht aus. In dem 90er-Jahre-Streifen flog Bruce Willis noch im knautschig-gelben Comic-Taxi zwischen Hochhäusern. In Schönefeld steht ein eher schlichtes Modell eines Lufttaxis: Der City-Airbus sieht aus wie vier Porzellanteller mit angehängter Passagierkabine.
Ein Lufttaxi, das sich jeder leisten kann
Es gibt keine großen Rotorblätter mit gewaltigem Getriebe wie bei Hubschraubern, stattdessen acht kleine Rotoren in vier leichten Ringen am Cockpit-Dach. Das spart bei dem Elektroflieger Gewicht und Kosten. "Es ist so gedacht, dass jedermann sich das Lufttaxi leisten kann", versprechen die Fachleute am Messestand.
Ende 2018 soll ein Demonstrationsmodell abheben, fünf Jahre später dann könne der Viersitzer ausgereift und zugelassen sein, sowohl zum Flug mit Pilot als auch ohne. Das Modell ist von Messebesuchern umlagert, am Stand fällt oft der Name von E-Auto-Pionier Elon Musk.
Neuseeland, China, Deutschland: Tüftler gibt es überall
Eine Firma in Neuseeland plant, in drei Jahren eine Senkrechtstarter für zwei Personen abheben zu lassen – Google-Mitgründer Larry Page schießt Geld zu. In China könnten Menschen in einer Art Drohne abheben. Die Daimler-Beteiligung Volocopter in Deutschland verpasste einer Drohne 18 Rotoren und zwei Sitzplätze. Die deutsche Firma Lilium hat ein Elektroflugzeug für fünf Personen entwickelt.
"Das Vehikel an sich ist kein Hexenwerk", sagt Rolf Henke, Vorstandsmitglied beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Warum gibt es dann noch kein Lufttaxi? "Es ist das gleiche Thema wie beim autonomen Auto: Die Technik ist da, aber wer trägt eigentlich die Verantwortung?"
Wollen die Leute überhaupt ein Lufttaxi?
Damit seien viele Fragen verbunden. "Wie wollen wir das Flugtaxi betreiben? Wie wird es gesteuert und überwacht? Was ist mit der Cyber Sicherheit? Wie verhindert man unberechtigte Eingriffe?" Es sei auch noch gar nicht klar, ob wirklich alle Menschen Lufttaxis wollen. "Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einem Parkplatz und plötzlich landet ein Flugtaxi neben ihnen. Das wirbelt sehr viel Staub auf."
Die Hersteller dagegen sehen vor allem das Marktwachstum. Erstmals sind im vergangenen Jahr die Menschen 4,1 Milliarden Mal in Flugzeuge gestiegen, vor allem weil sich das in Asien mehr Menschen leisten können. Zehntausende neue Piloten würden in den nächsten Jahren gebraucht, sagt Airbus-Chef Enders. Ohne autonomes Fliegen sei das Wachstum gar nicht zu bewältigen.
Nach 15 Minuten ist schon Schluss
Die Flugtaxis werden da aber zunächst nicht helfen. Denn mit heutiger Batterietechnik werden sie sich nur eine Viertelstunde lang in der Luft halten können. Die Beteiligten hoffen, dass bald bessere Stromspeicher kommen.
Ganz ohne Vision aber gehe es nicht, meint Eric Trappier, Chef des französischen Flugzeugbauer Dassault. "Wir sollten die Passagiere träumen lassen. Fliegen ist immer noch ein Traum."
- dpa