Europäischer Gerichtshof Darf ein öffentlicher Sender Rundfunkgebühren eintreiben?
Ein Richter des Landgerichts Tübingen hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, um die Kompetenz der öffentlichen Sender beim Eintreiben von Rundfunkgebühren zu klären. Im Mittelpunkt die Frage: Darf ein Sender selbst Vollstreckungsbescheide erteilen?
Es geht dabei um mehrere Zwangsvollstreckungsbescheide vom Südwestrundfunk (SWR). Umstritten ist, dass der Sender diese Festsetzungbescheide selbst erlassen hat. Das Eintreiben der Rundfunkgebühren (früher "GEZ-Gebühr") wird in den Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt. In einigen Bundesländer können hartnäckige Gebührenverweigerer sogar in Haft genommen werden.
Die Kompetenz der öffentlich-rechtlichen Sender, selbst Festsetzungs-Bescheide zu erlassen, könnte laut dem Tübinger Richter gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der EU verstoßen. Diese Frage legte er dem höchsten europäischen Gericht zur Prüfung vor. Das Gericht in Luxemburg bestätigte den Eingang der Akten (Az: 5 T 20/17, 5 T 99/17 und 5 T 246/17).
Wie privates Unternehmen vorgehen?
Entscheidet der EuGH im Sinne des Tübinger Richters, müssten die öffentlich-rechtlichen Sender bei Inkassoverfahren wie ein privates Unternehmen vorgehen: Das heißt, sie müssten erst einen gerichtlichen Titel erwirken, bevor eine Forderung zwangsvollstreckt werden kann. Das könnte mehr Zeit und Aufwand bedeuten.
Das Tübinger Gericht stellt sich laut Medienberichten häufiger auf die Seite von zahlungsunwilligen Bürgern. Kritiker des Rundfunkbeitrags dürften das Urteil mit Spannung erwarten. Es geht dabei in erster Linie um den Prozess der Eintreibung, aber auch um die Frage, ob es sich bei dem Rundfunkbeitrag um eine europarechtlich unzulässige Beihilfe handelt.
Ist die Gebühr ohne Gegenleistung eine Steuer?
Denn der zwangsweise erhobene Beitrag fließt fast ungekürzt an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Der Beitrag sei seit der Umstellung von einer geräte- auf eine haushaltsbezogene Zahlungspflicht nicht von einer Gegenleistung der Sender abhängig und komme somit einer Steuer gleich, so das Tübinger Gericht.
Aus diesem Grund handele es sich um eine staatliche Beihilfe, die zum Nachteil der konkurrierenden inländischen privaten Sender sei. Ausländische Sender würden so vom deutschen Markt verdrängt. Darin könnte ein Verstoß gegen das "unionsrechtliche Gleichbehandlungsgebot" und die Informationsfreiheit liegen.
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Das Bundesverwaltungsgericht hatte zuvor entschieden, dass eine Gegenleistung vorliege und der Beitrag somit nicht als Steuer anzusehen sei. Nun muss der EuGH darüber entscheiden.