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Energiehungriger als die Schweiz: Warum verbraucht der Bitcoin so viel Strom?


Enormer Stromverbrauch
Der gefräßige Mechanismus hinter den Kryptowährungen

Von t-online, sha, neb

Aktualisiert am 14.05.2022Lesedauer: 5 Min.
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Eine Bitcoin-Repräsentation auf der Computerplatine (Symbolbild): Die Kryptowährung ist leider äußerst energiehungrig. (Quelle: IMAGO/Davor Puklavec/PIXSELL)
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Das Schürfen von Bitcoin verbraucht pro Jahr zweimal so viel Strom wie die Schweiz. Das liegt am komplizierten technischen Verfahren, mit dem das digitale Geld erzeugt wird. Dabei gibt es längst sparsamere Alternativen.

Das Erstellen neuer digitaler Münzen bei Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum ist teuer. Der Grund: Das sogenannte Schürfen, oft auch Mining genannt, erfordert eine hohe Computerleistung, weshalb ganze Rechenzentren benötigt werden. Und die Rechner in den Fabriken verbrauchen exorbitant viel Strom. Rund 153 Terawattstunden pro Jahr sind es laut einer Untersuchung der University of Cambridge in Großbritannien. Zum Vergleich: Deutschlands Nachbarland Polen verbraucht pro Jahr etwa 150 Terawattstunden.

Dieser hohe Stromverbrauch bereitet Ländern weltweit Sorge. Zuletzt hatte der Kosovo das Schürfen von Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum verboten. Das Land litt unter einer massiven Energiekrise, nachdem eines der beiden wichtigsten Kraftwerke dort ausgefallen war.

Auch in China ist es untersagt, mit Kryptowährungen zu handeln. Dort liefen sogar eigene Kohlekraftwerke, um die Krypto-Serverfarmen mit Strom zu versorgen. Die EU dachte ebenfalls über ein Verbot von digitalen Währungen nach. Das EU-Parlament lehnte eine entsprechende Verordnung zwar ab, aber manche EU-Mitgliedsstaaten denken weiter darüber nach – auch deutsche Regierungsvertreter erörtern diese Frage.

Die Technologie bestimmt das Schürfverfahren

Doch warum verbraucht das Mining so viel Energie? Der Grund für den hohen Stromverbrauch beim Schürfen von Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum liegt in der Technologie, die dahinter steht. Die meisten digitalen Währungen bestehen aus einer sogenannten Blockchain. Übersetzt heißt das Blockkette. Und genau wie eine Kette aus hintereinander liegenden Blöcken ist die Blockchain aufgebaut.

In den Blöcken sind wie in einem Kassenbuch sämtliche mit der Kryptowährung getätigten Umsätze eingetragen. Jeder Block kann nur eine im Programmcode festgelegte Anzahl von Transaktionen aufnehmen. Ist ein Block voll, wird der nächste erstellt. Um die Blöcke in der Reihenfolge nicht zu vertauschen, besitzt ein neuer Block am Anfang die Informationen, die der vorherige Block am Ende hat.

Die Blöcke, aus denen die Blockchain besteht, werden einzeln nacheinander erstellt. Für diesen Prozess müssen viele Computer zusammen eine komplizierte mathematische Aufgabe lösen. Mit der Länge der Blockchain und deren Anzahl von Blöcken steigt auch der Schwierigkeitsgrad dieser Aufgabe – und damit die benötigte Rechenpower.

Alle Rechner des Netzwerkes arbeiten daran, die Aufgabe zu lösen. Wer zuerst die Lösung für den Block errechnet hat, verschließt den Block und erhält zur Belohnung eine festgelegte Zahl an Bitcoins. Diese halbiert sich mit jedem Halving. Das erste Halving fand 2012 statt, damals sank die Zahl der Bitcoins, die erfolgreiche Miner erhielten, von 50 auf 25. Mittlerweile erhalten erfolgreiche Schürfer nur noch 6,25 Bitcoins pro verschlüsseltem Block.

Je mehr Blöcke, desto aufwendiger das Mining

In den Anfangstagen des Bitcoin 2009 reichte aufgrund der geringen Anzahl der Blöcke die Geschwindigkeit und Rechenleistung durchschnittlich leistungsfähiger Computer für das Lösen der Rechenaufgabe und die Erstellung weiterer Blöcke aus.

Mittlerweile sind die mathematischen Aufgaben so kompliziert, dass nur ein Netzwerk vieler spezifisch konfigurierter Mining-Rechner genügend Leistung hat, um diese kniffligen Aufgaben zu lösen. Und weil dieser Vorgang für die Rechner so wahnsinnig arbeitsintensiv ist, wird der Prozess auch "Proof of Work" (PoW) genannt, was so viel heißt wie "Arbeitsnachweis".

Das "Proof of Work"-Verfahren wurde erstmals Anfang der 90er Jahre von zwei Forschern vorgestellt. Sie wollten Spam-Nachrichten per E-Mail verringern. Ihre Idee, vereinfacht dargestellt: Wer für das Versenden von Nachrichten über einen Dienst eine Rechenaufgabe lösen und dafür Energie und somit Kosten vergleichbar mit denen für eine Briefmarke aufwenden muss, der überlegt es sich zweimal, ob er Spam-Mails verschickt.

Heute steht aber "Proof of Work" auch in den Blockchain-Kreisen in der Kritik. Da nur ein Rechner aus dem Netzwerk am Ende die Belohnung erhält, aber alle Rechner im Netzwerk an der Lösung der Aufgabe arbeiten, wird das "Proof of Work"-System als besonders energieverschwenderisch angesehen.

Daher arbeiten viele Kryptowährungen bereits mit einer Alternative. Eine stromsparende Alternative zum "Proof of Work" (PoW) ist das sogenannte "Proof of Stake"-Verfahren (PoS). Beim PoS-Verfahren reicht ein Rechner aus, um den nächsten Block zu erzeugen. Alle Teilnehmer im Netzwerk der digitalen Währung müssen sich nur darüber einig sein, welcher Rechner und Nutzer die Aufgabe zum Verschlüsseln des Blocks lösen soll.

Wer sich am meisten einsetzt, hat die größten Chancen

Das passiert über ein Losverfahren, bei dem die Nutzer unterschiedlich viele Lose in den Topf werfen dürfen. Die Anzahl der Lose hängt meist davon ab, wie viele Anteile jeder Teilnehmer an der Kryptowährung besitzt, und manchmal zusätzlich auch davon, wie lange er sich schon am Netzwerk beteiligt. Bei vielen Währungen müssen die Nutzer einen Teil ihrer Coins in einer Art Safe ablegen – sie können diese also nicht mehr für Zahlungen benutzen, sondern haben sie ähnlich wie Festgeld bei ihrer Bank abgelegt. Diesen Prozess nennt man Staking. Je höher der Anteil der digitalen Währung oder der Einsatz, den ein Nutzer "stakt", desto mehr seiner Lose befinden sich im Topf. Darum heißt das Verfahren auch "Proof of Stake" – "Einsatznachweis".

Jedes Los erhöht die Wahrscheinlichkeit, für das Erstellen des nächsten Blocks gezogen zu werden und damit die Belohnung in Form neuer Coins zu erhalten. Da das Auslosen keine zusätzliche Rechenzeit benötigt und nur ein Teilnehmer im Netzwerk den Aufwand hat, den nächsten Block zu erstellen, verbraucht das Verfahren einen Bruchteil der Energiemengen wie beim "Proof of Work"-Verfahren.

Keine Pläne, den Bitcoin auf ein neues Verfahren umzustellen

Warum stellen dann nicht Bitcoin und Ethereum auf dieses Verfahren um? Für Ethereum ist die Umstellung auf das deutlich energiesparendere "Proof of Stake"-Verfahren für dieses Jahr geplant. Ein letzter Test im vergangenen April über eine sogenannte Shadow-Fork war erfolgreich. Bei einer Shadow-Fork wird von der Blockchain eine weitere Kette abgeteilt, die parallel zur originalen Blockchain weiterläuft.

Mit der Testkette können die Entwickler das neue Verfahren ausprobieren, ohne dass es Auswirkungen auf die original Ethereum-Blockchain hat. Erst wenn es auf der Shadow-Blockchain keine Probleme gibt, wird das Verfahren auf die originale Blockkette angewandt. Die Entwickler rechnen damit, dass sie Ethereum spätestens im Herbst 2022 komplett auf das PoS-Verfahren umstellen können.

Beim Bitcoin gibt es keine Pläne, "Proof of Work" durch "Proof of Stake" zu ersetzen. Experten vermuten aber, dass bei einer erfolgreichen Umstellung beim Konkurrenten Ethereum solche Pläne entstehen könnten. Aber selbst dann kann es noch Jahre dauern, bis die Bitcoin-Entwickler sich auf eine Umstellung einigen und das neue Verfahren testen. Ethereum arbeitet bereits seit Jahren an der Umstellung. Bis dahin wird es weiterhin teuer und rechenintensiv sein, diese Kryptowährung zu minen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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