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Adele Neuhauser: "Ich habe nur gegessen, um mich am Leben zu halten"


Interview
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"Tatort"-Kommissarin Adele Neuhauser
"Ich habe nur gegessen, um mich am Leben zu halten"

InterviewVon Maria Bode

Aktualisiert am 11.10.2018Lesedauer: 7 Min.
Adele Neuhauser: Am Sonntag, den 14. Oktober ist sie im neuen Wiener "Tatort: Her mit der Marie!" wieder als Ermittlerin Bibi Fellner zu sehen.Vergrößern des Bildes
Adele Neuhauser: Am Sonntag, den 14. Oktober ist sie im neuen Wiener "Tatort: Her mit der Marie!" wieder als Ermittlerin Bibi Fellner zu sehen. (Quelle: ARD Degeto/ORF/Hubert Mican)

"Her mit der Marie!" heißt der neue "Tatort" aus Wien. Bibi Fellner und Moritz Eisner ermitteln wieder. Doch nicht nur darüber spricht Darstellerin Adele Neuhauser mit t-online.de.

Seit fast zehn Jahren spielt Adele Neuhauser die Wiener Kommissarin Bibi Fellner an der Seite von Moritz Eisner (Harald Krassnitzer). Die "Tatort"-Folgen aus Österreich überzeugen mit einer ordentlichen Portion Humor und einer mindestens genauso großen Ladung Spannung. So auch der neueste Fall.

Bei unserem Gespräch soll es eigentlich vordergründig um den "Tatort" gehen, trotzdem driften wir immer wieder ab. Neben heftigen Drehvoraussetzungen, der lieben Technik und Lachanfällen am Set kommen wir auch auf die schweren Schicksalsschläge zu sprechen, die die 59-Jährige in den vergangenen Jahren durchleben musste. Vater, Mutter und Bruder starben nur kurze Zeit nacheinander. Wie Adele Neuhauser mit der Trauer umging und umgeht und was der Verlust mit ihrem Essverhalten gemacht hat, erzählt sie t-online.de ganz offen.

t-online.de: Frau Neuhauser, sind Sie zufrieden mit dem "Tatort: Her mit der Marie!"?

Adele Neuhauser: Es ist ein echt toller "Tatort" geworden. Er hat so eine typische österreichische Ausstrahlung, finde ich. Er hat eine gute Stimmung, ist super gefilmt. Ich mag ihn sehr.

Ihre Figur Bibi regt sich darüber auf, dass Moritz (Harald Krassnitzer) so langsam Auto fährt. Fahren Sie privat auch eher schnell?

Ich bin früher schneller gefahren. Jetzt fahre ich besonnener. Ich mag es, entspannt zu fahren, eher zu gleiten als zu rasen. Ich fahre sehr gerne Auto. Auch längere Strecken, wie beispielsweise die fünf Stunden von Wien nach Kärnten, wo wir aktuell drehen. Da fahre ich durchschnittlich 120 bis 130 km/h. Dann ist man auch nicht so gerädert, wenn man ankommt.

Und in Wien? Fahren Sie da auch mit dem Auto oder eher Bus und Bahn?

Da fahre ich nur Öffentliche und gehe viel zu Fuß. So ist alles gut zu bewältigen. Ich habe lange auf dem Dorf gelebt, als ich dann nach Wien gekommen bin, habe ich mich gewundert, dass die Stationen so nah aneinander sind. Aber mittlerweile – nach all den Jahren des Stadtlebens – bin ich etwas faul geworden.

Hier eine Leberkässemmel, da ein Supermarkteinkauf und da ein frisch gepelltes Ei. Im "Tatort" bekommt man unterbewusst viele Nahrungsmittel zu sehen. Haben Sie bestimmte Ernährungsgewohnheiten?

Oh, das ist ein wunder Punkt bei mir. Ich habe mich zu einer etwas schlechteren Esserin entwickelt in den letzten Jahren. Das hat mit den Trauerfällen in meiner Familie zu tun. Ich habe auf viele gute Dinge Appetit, aber wenn ich die alle einkaufen würde, dann gehen sie kaputt. Das Einkaufen ist bei mir schon schwierig. Wenn man nur für sich alleine einkauft, muss man sich sehr zurückhalten. Das tut mir so weh, wenn ich was wegwerfen muss.

Doch inwiefern haben sich durch die Todesfälle Ihre Essgewohnheiten verändert?

Mir ist im wahrsten Sinne des Wortes der Appetit vergangen. Ich hatte keinen Hunger mehr. Es war einfach zu viel. Es waren zu viele Todesfälle und zu viel drum herum, was schwierig und schrecklich war. Ich habe eigentlich nur gegessen, um mich am Leben zu halten. Nicht aus wirklichem Appetit und Lust. Langsam wird es aber besser.

Zur Person
Adele Neuhauser kam am 17. Januar 1959 in Athen zur Welt. Als kleines Kind kam sie mit ihrer Familie nach Wien, wuchs dort auf. Nach der Trennung ihrer Eltern lebte Neuhauser mit dem Bruder bei ihrem Vater. Als Mädchen und junge Frau unternahm sie mehrere Suizidversuche, über die sie heute auch offen spricht. Neuhauser ist Mutter eines Sohnes. 2010 war sie das erste Mal neben Harald Krassnitzer im Wiener "Tatort" zu sehen.

Wie haben Sie diese Appetitlosigkeit und ihre Trauer überwinden können? Haben Sie das alleine geschafft oder eine Therapie gemacht?

Wie viele Dinge im Leben, habe ich das alleine gemacht. Aber ich hatte ja das Glück, dass ich meine Autobiografie schreiben sollte. Da konnte ich viel an Trauerarbeit leisten und Vieles aufarbeiten. Das hat mir sehr gut getan. Ich dachte anfangs, ich könnte nicht weiter schreiben, weil das genau in die Zeit gefallen ist, als ich an dem Buch gearbeitet habe. Es hat sich aber dann zu einem sehr positiven Effekt gewandelt. Ich hab da viele schöne Dinge entdeckt, die ich, wenn ich "nur" getrauert hätte, nicht erkannt hätte. Durch das Schreiben habe ich auch sehr skurrile und humorvolle Momente entdeckt in dieser traurigen Phase. Und das hat mir sehr geholfen.

Sie haben sich den Kummer von der Seele geschrieben.

Im wahrsten Sinne des Wortes, ja.

Ich komme wieder auf den "Tatort" zurück. Wie sehr passt Ihre Rolle der Bibi Fellner eigentlich zu Ihnen?

Ausgezeichnet, finde ich. Sie ist für mich eine der naturalistischen Figuren, die ich bis jetzt verkörpert habe. Sie ist mir am nächsten. Sie entspricht meinem Charakter sehr. Ich mag sie, weil sie so empathisch ist, weil sie so humorvoll ist, weil sie so ausschaut wie sie ausschaut. Ich mag auch ihre Wut. Ich mag ihre Beziehung zu Moritz. Sie ist ein guter Spiegel für so viele großartige Frauen, die da draußen herumschwirren und zu wenig sichtbar sind auf den Bildschirmen. Das mag ich an Bibi Fellner.

Ja, Bibi ist wirklich eine tolle Figur. Gibt es denn irgendwas, das Sie sich für Bibi wünschen für die zukünftigen "Tatort"-Folgen?

Anfänglich hatten wir die Alkoholsucht. Die hat sie schon etwas anders präsentiert und anders wirken lassen in ihrer Brüchigkeit und ihrer Scham. Auch in ihrer grausamen Geschichte, die sie mit den Erlebnissen aus der Sitte hatte, konnten wir sie anders präsentieren. Aber ich würde mir wünschen, dass Bibi vielleicht wieder ein bisschen mehr Anarchie an den Tag legen würde. Dass sie unkonventioneller wird. Aber wir sind dran.

Sehr schön. Sie haben hervorgehoben, dass Bibi eine humorvolle Art hat. Auch so lädt der Wiener "Tatort" das Publikum immer wieder zum Schmunzeln ein. Wie wichtig finden Sie das?

Ich finde Humor extrem wichtig. Humor spiegelt die Realität auf eine verdaubare Art und Weise wider. Man kann über den Humor viel verstehen und erledigen, kann manchmal auch grausliche Situationen oder heftige Momente auflösen. Und das mit einem Lächeln auf den Lippen.

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Inwiefern haben Sie Mitspracherecht bei dem, was mit Bibi passiert?

Wir nehmen uns das schon raus, dass wir über unsere Figuren reflektieren und auch Wünsche äußern dürfen. Wir werden gehört. Anders macht es ja keinen Sinn. Wir sind das Team, das den österreichischen "Tatort" vertritt. Und da sollte man auch auf die Darsteller hören. Das passiert hier auch. Aber es kommt natürlich immer auf den Charakter der Geschichte an, die Regie, Kamera. Da spielen viele Faktoren mit und die machen den "Tatort" sehr abwechslungsreich.

Bekommt man eigentlich bei Ihrer langjährigen Erfahrung noch häufig Lachanfälle bei Dreharbeiten?

Na klar, das passiert immer wieder (lacht). Und das ist auch sehr wichtig für uns, weil wir uns dadurch in einer Spiellaune halten und in einer geistigen Beweglichkeit. Lachen ist wichtig, das hält frisch und relativiert die Pseudoernsthaftigkeit, die manchmal gefährlich sein kann. Da kommt es dann zu einer konstruierten Situation. Aber das Lachen macht uns authentisch. Es gibt natürlich Szenen, die brauchen mehr Konzentration und Ruhe und Besonnenheit. Aber wenn Moritz und Bibi sich fetzen, gibt's schon viel zu lachen bei uns.

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Gerade wurde schon der nächste "Tatort" gedreht. Wie intensiv sind denn solche Phasen und wie groß ist jedes Mal die Vorfreude darauf?

Ich freue mich jedes Mal total darauf, Harry wieder zu sehen und mit ihm zu drehen. Diesmal sind wir außerhalb von Wien unterwegs, in Kärnten. Das hat zusätzlich noch einen besonderen Aspekt. Wir genießen es, uns in der Natur und in der Schönheit Österreichs zu bewegen. Man ist auch ganz anders mit dem Team verbunden, weil wir alle zusammen in einem Hotel wohnen. Da verbringen wir mehr Zeit miteinander als in der Stadt, wo jeder seiner Wege geht.

Klingt ein bisschen nach Klassenfahrt. Wie lange haben Sie denn Zeit für einen "Tatort"?

Wir haben, Gott sei Dank, noch 21 Drehtage. Weniger Drehtage wären kaum zu schaffen. Wenn ich höre, wie manche deutsche Kollegen arbeiten müssen, da wird mir ganz übel. Die Armen müssen das teilweise mit 18 oder 19 Drehtagen schaffen. Ich finde das extrem wenig. Wir haben einmal mit 20 Drehtagen einen "Tatort" gedreht. Da haben wir gemerkt, was das bedeutet einen Drehtag weniger zu haben.

Steht man auch über die Dreharbeiten hinaus in engem Kontakt, beispielsweise mit Harald Krassnitzer?

Nein, eher nicht. Jeder geht dann wieder seinen Weg. Er geht zurück zu seiner Familie und hat auch noch andere Projekte. Aber wir fühlen uns auch verbunden, wenn wir nicht reden. Wir sind Freunde geworden. Wenn wir einander wieder sehen, bricht jedes Mal große Freude aus.

Seit 2010 stehen Sie für den Wiener "Tatort" vor der Kamera. Haben Sie schon mal übers Aufhören nachgedacht?

Nein. Aber es ist auch nicht so, dass ich jetzt bis zum Ende meiner Tage "Tatort"-Kommissarin bleibe. Ich kann mir das noch sehr lange vorstellen. Ich hoffe auch umgekehrt: das Publikum wie auch der ORF.

Gucken Sie sich auch andere "Tatort"-Folgen an?

Natürlich, aber sehr selten. Aber ab und an schon. Dennoch: Ich spiele lieber, als ihn mir anzuschauen.

Sind Sie auch privat Fan von Krimis?

Ja, total. Ich mag die psychologische Ebene darunter. Ich mag den leichten Grusel, den Schauer. Ich mag die Auseinandersetzung mit grenzüberschreitenden tabuisierten Themen. Ich mag es, wenn es gruselig wird, das ist ganz komisch, obwohl ich mich dann fürchte.

Was schauen Sie sonst so im TV?

Ich schaue immer weniger fern. Ich bin zu einer Netflixerin geworden, ich lade mir Filme runter. Aber ich schaue alles durch die Bank: von Komödie bis Fantasy. Gerne auch Science-Fiction-Filme. Das ist ein Genre, das mich fasziniert.

Apropos Netflix, wie wichtig sind Ihnen Smartphone, Tablet und Co.? Können Sie noch auf diese ganze Technik verzichten?

Ich muss zugeben: Es ist schwer, darauf zu verzichten. Ich habe mein Tablet immer dabei, ich habe mein Handy immer dabei. Ich habe auch beides immer eingeschaltet. Aber jetzt war ich nach vielen Jahren mal wieder im Urlaub, da habe ich sogar einmal vergessen, das Handy mitzunehmen. Da war ich ganz schön irritiert und überrascht, habe aber festgestellt: Ich sollte das öfters machen. Aber ich habe diese beiden Dinge gerne um mich. Ich lese auf dem Tablet, beantworte E-Mails, spiele, mache Gehirnjogging. Das mache ich mit großer Freude, da bin ich fast schon süchtig. Aber ja, ich sollte es öfter mal aus der Hand legen.

Ja, das ist nicht ganz einfach. Konnten Sie sich im Urlaub wenigstens richtig erholen?

Naja, die letzten Jahre habe ich sehr viel gearbeitet. Dann die Autobiografie schreiben, das Buch präsentieren. Ich habe nur gearbeitet. Deshalb war es schon erst mal gewöhnungsbedürftig. Nach zwei Wochen wurde ich nervös. Da war ich schon wieder bereit, hatte aber noch eine Woche.

Was haben Sie denn gemacht?

Ich bin mit meinem Auto Freunde abgefahren, die ich schon ganz lange nicht gesehen habe. Das war wunderschön und ich bin auch sehr froh, dass ich das gemacht habe.

Der neue Wiener "Tatort: Her mit der Marie!" am Sonntag, den 14. Oktober 2018 um 20.15 Uhr im Ersten.

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