Ulrich Tukur zum "Tatort" "Man muss von den Zuschauern auch was fordern"
Der Wiesbadener "Tatort: Wer bin ich?" spaltet die Nation. Für viele Zuschauer war das Krimi-Experiment große Kunst, für andere kompletter Schwachsinn. Nun nahm Hauptdarsteller Ulrich Tukur, der im Film selbst unter Mordverdacht geriet, zu dem skurrilen Krimi Stellung.
"Ich glaube, die Leute dort draußen im Land vor den Fernsehapparaten sind nicht die Trottel, für die sie die meisten Fernsehmacher halten. Man muss auch mal ein bisschen was fordern", erklärte der Schauspieler gegenüber der "Bild"-Zeitung. "Ich bin froh, dass ich einen Sender gefunden habe, der sich traut, mutig zu sein und den Zuschauern auch mal eine Kost vorzusetzen, die man nicht gleich schlucken kann."
"Einfach mal was anderes"
Weder habe er selbst einen Knall noch sei der Film durchgeknallt, so Tukur. "Es ist einfach mal was anderes."
Das war "Wer bin ich?" in der Tat. Schon nach vier Minuten war klar: Das wird kein gewöhnlicher Sonntagskrimi. Die beiden Leichen, die Tukur als LKA-Ermittler Felix Murot in einem Parkhaus findet, sind nicht echt. Sie gehören zu einem "Tatort"-Dreh vom Hessischen Rundfunk (hr).
Es entwickelte sich ein Film-im-Film, in dem Tukur den Schauspieler Tukur spielt und wegen des tödlichen Autounfalls eines Kollegen aus der Aufnahmeleitung unter Verdacht gerät. Neben Tukur tauchten auch Barbara Philipp (Murots Assistentin) und die "Tatort"-Kommissare Wolfram Koch und Margarita Broich (Frankfurt) sowie Martin Wuttke (ehemals Leipzig) auf und spielten sich selbst.
Philosophisch angehauchte Aufklärung
Die Auflösung des "Tatorts", der mehr eine komödiantische Abrechnung mit dem eitlen Film- und Fernsehgeschäft ist als ein Krimi, war am Ende sehr philosophisch. Als Täter erwies sich nämlich Kommissar Murot, der plötzlich seinem Darsteller Ulrich Tukur gegenüber saß und darüber sinnierte, dass er nichts als eine Idee sei, die nur vor der Kamera existiere - und dass er auch endlich ein normales Leben führen wolle.
hr-"Tatort"-Redakteur Jörg Himstedt, der als Jens Hochstätt (gespielt von Michael Rotschopf), nicht gerade gut wegkam im Film, sagte vorab: "Der Film funktioniert auf zwei Ebenen: als Satire, und wer das nicht so sieht, für den ist es zumindest immer noch extrem unterhaltsam."
Krimi fällt bei t-online.de-Lesern durch
Das sahen allerdings nicht alle Zuschauer so. Zwar gab es viel Lob für den Krimi, der scheinbar einen Blick hinter die "Tatort"-Kulisse erlaubte. Auch unsere Rezensentin Nina Bogert-Duin zeigte sich begeistert. Doch im Netz hagelte es auch viel Kritik. Mehr als 50 Prozent der t-online.de-Leser gaben dem "Tatort" eine glatte Sechs. Bei Facebook nannten zahlreiche User den Krimi den "schlechtesten 'Tatort' aller Zeiten".
Unterdessen meldete sich auch Tukurs "Tatort"-Kollege Til Schweiger auf Facebook zu Wort. Er nutzte den umstrittenen Krimi, um Werbung für seine eigenen Fall am 1. Januar zu machen. In dem bleiben die Zuschauer ganz sicher vor Meta-Ebenen und philosophischen Schnörkeln verschont. Dafür erwartet sie Helene Fischer als prominenter Gast-Star.
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