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Zu "Wetten, dass..?" mit Thomas Gottschalk: Das Koks knallt in den Ruhepuls


Meinung
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"Wetten, dass..?"-Show
Dann knallt das Koks plötzlich in den Ruhepuls

  • Steven Sowa
MeinungEine TV-Kritik von Steven Sowa

Aktualisiert am 20.11.2022Lesedauer: 4 Min.
Gottschalk: An diesem Abend in Friedrichshafen erteilt der Moderator dem Publikum eine Lektion in Sachen betreutes Moderieren.Vergrößern des Bildes
Gottschalk: An diesem Abend in Friedrichshafen erteilt der Moderator dem Publikum eine Lektion in Sachen betreutes Moderieren. (Quelle: Philipp von Ditfurth)
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Thomas Gottschalk hat sich für "Wetten, dass..?" herausgeputzt. Doch selbst der rote Leoprint-Anzug des Moderators kann über eine Schwäche nicht hinwegtäuschen.

"Herbstblond" hat er seine Autobiografie genannt. Und wer Thomas Gottschalk an diesem Samstagabend bei "Wetten, dass..?" beobachtet, fühlt sich daran erinnert. Ein zweiter Frühling scheint Gottschalk als Showmaster nicht mehr vergönnt zu sein. Sein Auftreten wirkt, als wären seine Stärken verwelkt – und wir Zuschauer dürfen uns nur noch vom gottschalkschen Sinkflug berieseln lassen.

Immerhin der Look stimmt. Knallig kommt er daher in seinem roten Leoprint-Anzug, die blonde Tolle makellos gestylt. Zu seinem zweiten Comeback als ZDF-Moderator der großen Samstagabendshow wird er dem Herbst-Motto auch äußerlich gerecht: rot und gelb, ausreichend bunt – nur eben das Stürmische ist abhandengekommen. Fast vier Stunden lang herrscht in seiner "Wetten, dass..?"-Sendung Ruhepuls. Und das gilt in allererster Linie für ihn selbst.

"Besser Puder auf den Haaren als durch die Nase ziehen"

Dabei betont Gottschalk noch zu Beginn der Show, er wolle nicht der erste Moderator im deutschen Fernsehen sein, der in seiner eigenen Sendung einschlafe. Selbstironie kann er. Die Anspielung auf sein Alter von 72 Jahren erweist sich allerdings im Verlauf der Ausstrahlung als unfreiwillig realistischer Warnhinweis: Man wird das Gefühl nicht los, dass es jeden Moment so weit sein könnte. "Bloß wach bleiben, Tommy", mag man dem einstigen TV-Lagerfeuer-Garanten entgegenrufen.

Gut, dass schon bald das Koks reinknallt. Also nicht bei Thomas Gottschalk, der moderiert weiter schlafwandlerisch sicher durch ein Format, das er insgesamt 22 Jahre seines Lebens begleitet hat. Da kann inzwischen getrost von betreutem Moderieren die Rede sein. Ausschläge beim Ruhepuls? Fehlanzeige.

Nein, das Koks kommt auf anderen Wegen in die Show. Es ist Christoph Maria Herbst, der es in den Saal von Friedrichshafen trägt – wenn auch nur rhetorisch. Denn als der an diesem Tag als größter internationaler Star geladene Robbie Williams verrät, sein Haar mit einem Pulver voller wirken zu lassen, scherzt der Schauspieler und Comedian: "Besser Puder auf den Haaren als durch die Nase ziehen." Ein Gag mit doppeltem Boden? Oder einfach nur eine naheliegende Koks-Pointe von einem Mann, der mit derben "Stromberg"-Sprüchen zur Berühmtheit wurde?

Gottschalks Götterspeise und der Gag, der keiner war

Robbie Williams' Drogenvergangenheit ist jedenfalls bestens dokumentiert. Er selbst hielt mit seinen Eskapaden nie hinter dem Berg, gestand vor zwei Jahren im Interview mit t-online: "Als ich damals so drauf war, war der Unterschied zwischen Weihnachten und anderen Tagen nur, dass ich statt zwei Gramm Kokain sechs Gramm gekauft habe." In der "Wetten, dass..?"-Sendung lässt sich der Popstar allerdings wenig anmerken, schmunzelt nur – und sitzt kurze Zeit später schon in einem Privatjet, der ihn einmal über den Bodensee Richtung Süden nach Genf fliegt.

Womit klar ist: Das größte Highlight der Sendung verpasst der 48-Jährige. Denn nur wenige Minuten später wird Wackelpudding kredenzt. Die Götterspeise in Grün und Rot dürfen Veronica Ferres, ihre Tochter Lilly Krug und Hollywoodstar John Malkovich verspeisen, weil sie ihre Wette verloren haben. Zwei Jungs schafften es nicht, Handys zielsicher während einer Achterbahnfahrt per Weitwurf an den Mann zu bringen. Also sitzen nun drei Schauspielstars an einem langen Tisch und müssen die Suppe, äh, den Pudding auslöffeln.

Wo dabei das Highlight versteckt ist? Thomas Gottschalk hat dem Trio vorher mit einem gepanschten Pudding gedroht. Eine der drei Köstlichkeiten sei mit Fischgeschmack, so der Moderator. Weil Ferres und Co. davon wenig angetan sind, wirft sich Tommy waghalsig in die Bresche und lässt sich einen Klecks grüner Glibbermasse auf die Hand klatschen. Schnurstracks landet die Delikatesse im herbstblond ummalten Moderatorenmund – ein wenig appetitlicher Anblick. Falls Gottschalk in Sachen RTL-Karriere zulegt und dereinst im Dschungelcamp landet: Das mit dem Götterspeise-aus-der-Hand-essen muss die Crew um Sonja Zietlow erst mal toppen!

"Ich habe mit der Sache nichts zu tun, ich bin nur der Ansager"

Ach übrigens: Das mit dem Fischgeschmack war nur ein Gag, verrät Gottschalk anschließend. Womit das Humorlevel des Abends ausreichend gut beschrieben sein sollte. Es fällt diesmal auf, was im vergangenen Jahr bei der großen Comeback-Sause vielleicht noch durch die allgemeine Euphorie unterging: So richtig zündet das nicht mehr mit Gottschalk.

Bezeichnend dafür ein Satz, den Gottschalk während der Baggerwette zum Besten gibt: "Ich habe mit der Sache nichts zu tun, ich bin nur der Ansager." Da ist etwas dran. Eigentlich ist er einfach nur da. Michelle Hunziker ist es, die bei dieser "Wetten, dass..?"-Ausgabe immer wieder moderierend eingreift, empathische Gespräche führt und die dabei manchmal so wirkt wie die nette, emsige Schwiegertochter, die am Geburtstag des Großvaters den Laden am Laufen hält – auch wenn dieser manchmal seltsam deplatzierte Sprüche klopft oder etwas hölzern daherkommt.

"So langsam geht es in den neuen Tag hinein und die Stimme verlässt mich", purzelt es aus Gottschalk am Ende mit brüchiger Stimme heraus. Er räuspert sich: "Ich hoffe, in einem Jahr sehen wir uns wieder." Einen Funken Hoffnung sollte man ihm lassen, wenn es schon nicht zu dem Funken gereicht hat, der das TV-Lagerfeuer so richtig zum Lodern bringt.

Verwendete Quellen
  • ZDF: "Wetten, dass..?" vom 19. November 2022
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