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Zum journalistischen Leitbild von t-online.40. Todestag von Romy Schneider "Ihre Geschichte wurde nicht zu Ende erzählt"
Am 29. Mai 1982 starb Romy Schneider im Alter von nur 43 Jahren, vermutlich an einer Überdosis Tabletten. Bis heute ist die Todesursache nicht gänzlich geklärt. Fest steht: Die Schauspielerin wurde zum Mythos.
"Romy, femme libre" – so heißt der Dokumentarfilm, der zum 40. Todestag von Romy Schneider auf dem diesjährigen Filmfestival in Cannes gezeigt wurde. Noch immer ist das Interesse an dieser scheinbar so tragischen Heldin ungebrochen und wird mit Dokus oder neu erscheinenden Fotobänden kurzzeitig gestillt.
"Die auch heute noch bestehende außergewöhnliche Präsenz ihrer Schönheit und ihrer Schauspielkunst, die sie als Deutschsprachige von Frankreich aus eine Weltkarriere starten ließ und die sich in ihren Filmen und Tausenden von Fotos immer wieder neu manifestiert, ist sehr besonders. Auch vierzig Jahre nach ihrem Tod ist sie vielen Menschen so nah wie in den Sechziger-, Siebziger- oder Achtzigerjahren", rekapituliert Rainer Rother, künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek und Leiter der Retrospektive der Berlinale im Gespräch mit t-online.
Ein Leben voller Widerspruch und Zerrissenheit
Nah, aber doch so fern. Denn wirklich greifen ließ sich diese geheimnisvolle Romy Schneider nie. Mal war sie die lebhafte, selbstbewusste und laszive, mal die zurückhaltende, unsichere und schüchterne Romy. Ihr Leben war voller Widersprüche, voller Zerrissenheit – zwischen Liebe und Beruf, zwischen dem Verlangen nach Privatsphäre und Ruhm, zwischen ihrer Heimat Deutschland und ihrer Wahlheimat Frankreich. Romy Schneider blieb sich selbst und den anderen ein Rätsel, bis über ihren Tod hinaus. Denn die genauen Umstände sind bis heute ungeklärt.
War es wirklich ein Unfall? Oder doch Selbstmord? Eine Obduktion gab es nie. Und so manifestierte dieser mysteriöse und vor allem so frühe Tod ihre Legendenbildung. "Der sogenannte 'Mythos' um Romy Schneider hat sicher sehr viel damit zu tun, dass sie so früh starb. In solchen Fällen bleibt eine Geschichte übrig, die nicht zu Ende erzählt werden kann. Das eröffnet Raum zur Spekulation und zur Interpretation", weiß Günter Krenn, der für sein Buch "Romy Schneider: Die Biographie" mit vielen Weggefährten wie Schauspieler Karlheinz Böhm oder Regisseur Volker Schlöndorff gesprochen hat. "Dazu kommt ein, vor allem in den letzten Lebensjahren tragisches Schicksal, das Menschen bewegt und ein künstlerisches Werk von etwa 60 Filmen, von denen etliche ungebrochen populär sind", so Krenn im Gespräch mit t-online.
"Im Film kann ich alles, im Leben nichts"
Ein "tragisches Schicksal", das mit Romy Schneiders Tod vor 40 Jahren seinen Tiefpunkt erreichte. Ihr damaliger Lebensgefährte Laurent Pétin fand die Schauspielerin leblos am Schreibtisch, ihr Herz hatte aufgehört zu schlagen. Wegen zu vieler Pillen – und laut kitschiger Boulevardblätter wegen zu viel Schmerz und zu viel Unglück. Das Schicksal meinte es tatsächlich nicht gut mit Romy Schneider. Ihr sehnlichster Wunsch, eine glückliche Ehefrau und eine liebevolle Mutter zu sein, blieb ihr verwehrt: Zwei Ehen scheiterten, durch einen Unfalltod verlor sie ihren 14-jährigen Sohn David. "Im Film kann ich alles, im Leben nichts", sagte Romy Schneider einmal über sich selbst.
Auch die wohl längste Beziehung in ihrem Leben – die zum Film – war zumindest in Deutschland tragisch: Zeitlebens konnte sich Romy Schneider hierzulande nicht wirklich von ihrem Image als niedliche Kaiserin emanzipieren. "Einerseits war es Romy Schneider stets bewusst, wie viel Erfolg sie Ernst Marischka und der 'Sissi'-Trilogie verdankte. Andererseits hat sie zeitlebens darunter gelitten, dass sie von Teilen der deutschsprachigen Presse und des hiesigen Publikums nur auf diese Rolle reduziert wurde und man ihr dadurch jegliche künstlerische Entwicklung quasi untersagte", so Günter Krenn.
Dabei war Romy Schneider so viel mehr: nicht nur die junge Kaiserin, sondern auch die kokettierende Schönheit in "Der Swimmingpool" oder die leidende Spaziergängerin von Sans-Souci im gleichnamigen Film. "Zum Weltstar wurde sie für mich durch ihre Filme mit Claude Sautet an der Seite von Schauspielern wie Michel Piccoli oder Yves Montand. In 'César et Rosalie' spielt sie eine Frau zwischen zwei Männern. Sie entscheidet sich schließlich gegen den älteren César und für ihre Jugendliebe. Romy Schneider als Rosalie begibt sich in diesem Film so direkt und bedingungslos in ihre Rolle einer Frau aus der französischen Mittelschicht, dass man, unterstützt durch die von Sautet häufig 'auf der Straße' gedrehten Einstellungen, ihr in ihren Konflikten und ihrer leuchtenden Schönheit besonders nah ist", resümiert Rainer Rother von der Deutschen Kinemathek.
Dennoch hing ihr in Deutschland das Bild der Sissi wie "Grießbrei" an, wie Romy Schneider selbst einmal sagte. Ihr Biograf Günter Krenn ist sich allerdings sicher: "Wäre es ihr vergönnt gewesen, länger zu leben, hätte sie es wie Karlheinz Böhm, der doppelt so alt wurde, auch eines Tages geschafft, diesen Teil ihrer Vergangenheit zu relativieren, sich damit auszusöhnen." So wurde Romy Schneider in Deutschland erst nach ihrem Tod das, was sie in Frankreich schon zu Lebzeiten war: eine unsterbliche Göttin.
- Webseite der Filmfestspiele Cannes
- Dokumentation "Ein Abend mit Romy"
- Eigene Interviews