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Bjarne Mädel: "Ich dachte, in der Corona-Zeit geht den Menschen ein Licht auf"


Interview
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Bjarne Mädel
"Ich dachte, in der Corona-Zeit geht den Menschen ein Licht auf"

InterviewVon Maria Bode

29.12.2020Lesedauer: 6 Min.
Bjarne Mädel: Der Schauspieler spricht mit t-online unter anderem über sein Zuhause und Lehren, die die Corona-Krise leider nicht mit sich gebracht hat.Vergrößern des Bildes
Bjarne Mädel: Der Schauspieler spricht mit t-online unter anderem über sein Zuhause und Lehren, die die Corona-Krise leider nicht mit sich gebracht hat. (Quelle: imago images / Andre Lenthe)
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Corona hat die Kultur hart getroffen. Für Bjarne Mädel lief das Jahr trotzdem gut. Er war unterwegs, hat gedreht und Regie geführt. Wie er auf 2020 zurückschaut und was er sich für 2021 wünscht, erzählt er im Interview.

Bjarne Mädel hat in diesem Jahr viel gearbeitet, seine Projekte sind so gefallen, dass er auch in der Corona-Krise immer beruflich zu tun hatte – ob nun am Set oder in der Postproduktion. Kurz vor Beginn der Pandemie beendete er die Dreharbeiten zu "Sörensen hat Angst". In dem Film gibt er sein Regiedebüt und ist in der Hauptrolle zu sehen (20. Januar 2021, 20.30 Uhr im Ersten). Gleich am 3. Januar läuft außerdem "Feinde" nach Ferdinand von Schirach – ebenfalls mit dem 52-Jährigen als Hauptdarsteller.

Viel Arbeit, doch zum Jahresende hin wurde es für Mädel beruflich etwas ruhiger. Zumindest ließ sich seine Arbeit da bequem vom Telefon aus verrichten. Wie beispielsweise auch das Interview mit t-online. Zwar nicht ganz so persönlich wie ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht, "aber es geht immerhin". So sieht es Bjarne Mädel.

t-online: Wo fühlen Sie sich zuhause, wenn Sie so viel unterwegs sind?

Bjarne Mädel: Auf meinem Sofa. In Berlin habe ich das Gefühl, meine Wohnung ist mein Zuhause, nicht so sehr die Stadt drum herum. In Berlin ist es für mich als Zugezogener schwierig, mich wirklich heimisch zu fühlen.

Auch nicht so innerhalb eines Kiezes?

Nee. Also ich fühle mich Kreuzberg als Ort nicht verbunden. Gerade während Corona ist die Stadt schwierig. Alles, weshalb ich gern in einer Großstadt lebe – das vielfältige kulturelle Angebot, verschiedene Theater, Kinos, Konzerte, die Restaurants – ist nicht verfügbar. Wenn das alles fehlt, denke ich mir, man sollte eigentlich gleich aufs Land ziehen, wo man frischere Luft genießen kann und was Grünes sieht, wenn man aus dem Fenster guckt.

Könnten Sie sich das denn vorstellen?

Ich habe schon – vielleicht auch altersbedingt – immer öfter ein bisschen Verlangen nach Ruhe. Auch beim Film hat man immer mit so vielen Menschen zu tun. Man wird als Schauspieler viel beobachtet, da habe ich dann manchmal einfach Sehnsucht nach ruhigen Momenten, wo mich keiner sehen kann und wo ich für mich allein bin. Das spricht irgendwann mal für einen eigenen kleinen Garten oder so. Also ja, das kann ich mir vorstellen.

Gerade in der Corona-Zeit sehnen sich viele nach einem Garten.

Genau, das ist natürlich gerade in einem Lockdown etwas komplett anderes, ob man mit seinen Kindern in einer Wohnung mit zweieinhalb Zimmern eingesperrt ist, ohne Balkon, oder ob man einen Garten hat, wo man draußen auf der Liege liegt und die Kinder sich austoben können. Das macht einen enormen Unterschied in dieser Zeit.

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Zweifellos. Jetzt haben wir die Corona-Pandemie schon immer mal angesprochen. Wie blicken Sie allgemein auf dieses Jahr zurück, das fast komplett davon geprägt war und ist?

Ich glaube, ich bin einer der ganz, ganz wenigen Künstler, die da einfach völlig unbeschadet durchgeflogen sind: Ich habe "Sörensen" gedreht bis zum 19. März. Da waren wir zwar vom Abbruch bedroht, konnten aber zum Glück zu Ende drehen. Viele Produktionen mussten abbrechen und später fertig drehen. Das wäre bei mir schwer geworden, ich habe beispielsweise Kinder in dem Film, die sehen ein halbes Jahr später komplett anders aus. Die wachsen so vor sich hin und sind plötzlich ganz andere kleine Menschen. Das war echt heikel. Aber auch die Vegetation drumherum. Wenn alles trist und grau sein soll, kann man nicht einfach im Sommer weiterdrehen, wo alles hell und grün leuchtet. Ich war wahnsinnig froh, dass wir das geschafft haben. Anschließend bin ich in den Schnitt, in die Postproduktion und habe den Film fertigstellen können, bis der erste Lockdown vorbei war. Dann habe ich einen Film in München und Regensburg gedreht. Als der zweite Lockdown kam, hatte ich sowieso beruflich nichts Großes geplant. Ein paar Lesungen mussten verschoben oder abgesagt werden, aber das hat mich alles nicht existenziell getroffen. Jetzt geht das Jahr für mich zu Ende mit Werbung für meine Filme, die rauskommen. Das war so geplant und lässt sich ja herrlich am Telefon machen. Insofern bin ich da echt gut durchgerutscht.

Fehlt Ihnen nicht das Persönliche bei den ständigen Telefoninterviews?

Doch schon, aber es geht immerhin. Es gibt andere Sachen, die einfach aktuell gar nicht möglich sind. Kleinere Theater oder Künstler, die ausschließlich von öffentlichen Auftritten leben, die haben von heute auf morgen kein Einkommen mehr. Das ist schon was anderes, wenn es einen wirklich in der Existenz bedroht. Wir können ja noch unsere Arbeit machen, auch wenn sie vielleicht nicht ganz so schön ist.

Was wünschen Sie sich fürs nächste Jahr?

Dass alle meine engsten Lieblingsmenschen gesund bleiben und dass die Impfstoffe möglichst schnell anschlagen, dass auch dadurch die Zahlen weltweit runter gehen. Dass wieder ein normales Leben möglich ist, gerade in der Veranstaltungsbranche. Ansonsten habe ich beruflich im Moment ein, zwei Projekte in Aussicht für den Sommer, auf die ich mich jetzt schon freuen kann. Ganz privat möchte ich meinen Vater gerne mal wiedersehen. Der lebt in Amerika. Es war in diesem Jahr ja gar nicht möglich, ihn zu besuchen. Das würde ich gerne im nächsten Jahr machen wollen.

Sind Sie denn mit ihrem Vater über Videochats in Kontakt geblieben?

Nein, diese Videokonferenzen sind nicht so mein Ding. Das ist ein bisschen so, als würde man vorm Spiegel sitzen und mit sich selbst reden. Ich ertappe mich immer dabei, dass ich mich selbst angucke und nicht in die Kamera. Wir telefonieren lieber oder schreiben uns kurze Nachrichten. Ich kann mich besser aufs Gespräch konzentrieren, wenn ich mich dabei nicht die ganze Zeit angucke.

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Sie waren beruflich nicht so betroffen, aber können Sie aus der Corona-Krise vielleicht auch etwas Positives ziehen. Man hört das immer wieder.

Dadurch, dass ich so durchgearbeitet habe, war ich nicht existenziell betroffen, aber hatte auch nicht dieses Gefühl, einfach mal Zeit für mich zu haben, meinen Kram sortieren oder über das Leben nachdenken zu können. Aber als die Corona-Pandemie anfing, habe ich gedacht, dass uns diese Krise, wenn sie lange genug dauert, als Gesellschaft zum Umdenken bringen könnte. Dass wir uns fragen, ob wir das, was wir so wichtig finden, überhaupt alles brauchen. Ich habe aber das Gefühl, dass es dazu nicht kommen wird.

Warum nicht?

Weil immer noch alle nur darauf bauen, dass die Wirtschaft wieder angekurbelt wird, dass es irgendwann wieder so ist wie vorher, dass man wieder reisen kann und wieder fliegen, solche Sachen. Muss das denn eigentlich alles sein? Auch dass Leute sich ständig Sachen kaufen, die sie eigentlich nicht brauchen. Ich hätte gedacht, in der Corona-Zeit geht den Menschen mal ein Licht auf. Ist aber anscheinend leider nicht so. Die Leute bestellen wie die Verrückten Sachen im Internet. Ich dachte immer, in dieser Zeit könnte man sich auf die wesentlichen Sachen besinnen, mal mit der Familie einen Spieleabend machen oder ein gutes Buch lesen. Aber irgendwie "ballern" alle immer so weiter. Für die meisten ist das Wichtigste, dass es wieder genauso wird wie vorher und ich weiß gar nicht, ob das so erstrebenswert ist.

In manchen Bereichen wäre es aber schon schön, wenn es wieder so werden würde wie früher …

Natürlich, was meinen Beruf angeht, denke ich das auch. Den Theatern und den Kinos wünsche ich, dass es einfach wieder volle Säle gibt. Aber was dieses Konsumverhalten angeht … daran merkt man, was wer wichtig findet in einer Krise.

Was finden Sie denn wichtig?

Mir sind Kaufhäuser auf jeden Fall nicht wichtig und ich brauche keine Mode- und Klamottengeschäfte, die könnten von mir aus dauerhaft zubetoniert werden. Derzeit verursacht die Textilindustrie jährlich 1,2 Billionen Tonnen CO2 – und damit mehr als internationale Flüge und Kreuzfahrten zusammen. Mir sind stattdessen eben die Theater wichtig, die Kinos und Konzertsäle. Alles, was ich bin als Mensch, was mich ausmacht, habe ich aus Büchern, aus Filmen, aus Theaterstücken. Kaufhäuser haben mit meiner Charakterbildung eher nichts zu tun.

So geht es sicher vielen und doch wurden Kunst und Kultur innerhalb der Corona-Krise ganz schön vernachlässigt.

Ja, irgendwann hat dann aber auch die Politik gemerkt, dass Kultur kein Hobby ist. Sondern ein Wirtschaftszweig, der nicht unerheblich ist in unserem Land und der viele Leute ernährt. Das war schon deutlich, welche Unterschiede gemacht, welche Prioritäten gesetzt wurden. Wenn man das Geld, das man in die Fluggesellschaften pumpt, in Kunst und Kultur stecken würde, wäre mir das persönlich lieber.

Verwendete Quellen
  • Telefonisches Interview mit Bjarne Mädel
  • eigene Recherchen
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