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Francis Fulton-Smith: "Corona war für mich eine Chance, mich neu zu definieren"


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Francis Fulton-Smith
"Corona war für mich eine Chance, mich neu zu definieren"

InterviewVon Maria Bode

28.10.2020Lesedauer: 7 Min.
Francis Fulton Smith: Der Schauspieler spricht im Interview mit t-online über seinen persönlichen Wandel innerhalb der Corona-Krise.Vergrößern des Bildes
Francis Fulton Smith: Der Schauspieler spricht im Interview mit t-online über seinen persönlichen Wandel innerhalb der Corona-Krise. (Quelle: Mike Kraus)
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Nicht nur ein wandelbarer Schauspieler, sondern ein wandelbarer Mensch. In der Corona-Zeit im Frühjahr hat sich Francis Fulton-Smith noch mal auf andere Arten weiterentwickelt, wie er im Interview mit t-online erzählt.

"Ich verändere mich gerne, ich verwandle mich gerne", erzählt Francis Fulton-Smith im Gespräch mit t-online und meint damit die unterschiedlichen Genres, in denen er als Schauspieler Rollen übernimmt. Doch auch für den Menschen Francis Fulton-Smith scheint dies zu gelten. Der Gedanke kommt auf, wenn der 54-Jährige in unserem Gespräch erzählt, inwiefern er die Corona-Krise bislang für sich genutzt, was er für sich entdeckt hat.

t-online: Sie sind bald im komödiantischen Film "Matze, Kebab, Sauerkraut" zu sehen, beweisen damit einmal mehr Ihre Vielseitigkeit. Was bedeutet es Ihnen, für Rollen in unterschiedlichen Genres in Frage zu kommen?

Francis Fulton-Smith: Ich bin gerne ein Wanderer zwischen den Welten, komme ursprünglich vom Theater und bin immer auf der Suche nach Rollen, die unterschiedlich, die diametral sind und die maximale Anforderung an mich stellen. Ich verändere mich gerne, ich verwandle mich gerne. Das ist für mich Teil des Berufes. Ich ziehe mich dann komplett zurück und stelle meinen Körper, meinen Geist komplett der Rolle zur Verfügung.

Wie ist das beim Dreh einer Komödie? Kommt es öfters vor, dass man auch laut loslachen muss und eine Szene häufiger gedreht werden muss? Ist da eine alberne Grundstimmung am Set?

Nein, das genaue Gegenteil ist der Fall. Die Komödie zählt zur Königsklasse. Man muss extrem präzise mit dem Timing sein. Es gibt trotzdem Momente, in denen man herzlich lacht, aber es ist nicht so, dass man mit einer Grundalbernheit am Set ist. Es gibt auch bei einer Komödie durchaus ernste Momente. Vor allem bei "Matze, Kebab, Sauerkraut" ist das Grundthema ja ein sehr ernstes. Die Diskussionen über Migration, Religion und Diversity wurden hier überspitzt auf den Punkt gebracht. Es war eine gute Wahl dieses Thema in einer Komödie zu verpacken, man hätte dafür auch ein Drama wählen können, aber dann geht es wieder so in Richtung moralischer Zeigefinger.

Das Thema wird im Film lockerer behandelt, aber trotzdem nähergebracht.

Genau, denn es ist absurd, wenn man rassistische Vorurteile hat. Fakt ist: Wir sind alle Menschen. Wir brauchen alle Sauerstoff zum Leben. Wir sollten folglich humorvoller miteinander umgehen. Es gibt natürlich Herausforderungen. Manche Menschen sind mit ihren Ängsten stehen geblieben, sind sehr eng in ihrer Wahrnehmung. Aber tatsächlich sind wir alle gleich. Wir haben alle ein Herz, wir lieben, wir wollen Kinder, Bildung und unsere Träume leben.

Dahin geht letztlich auch die Message des Films. Alle sind glücklich, Angehörige unterschiedlicher Religionen haben geheiratet. Es passt einfach alles.

Wir können heute beim Griechen essen gehen, beim Italiener, beim Franzosen oder beim Chinesen. Klamotten werden auf der ganzen Welt hergestellt. Dank der Globalisierung haben wir einen weltweiten Warenaustausch. Das Recht auf Bildung unterscheidet uns von den Barbaren. Mich überrascht das nur zu sehen, dass die Eltern- oder Großelterngeneration so herzlich aufgenommen wurde und das heute manches wieder in eine andere Richtung geht. Wir müssen unsere Werte als Zivilisation schützen. Das hat mich im Drehbuch zu "Matze, Kebab, Sauerkraut" so angesprochen.

Für was setzen Sie sich als Prominenter ein? Wofür nutzen Sie Ihre Prominenz?

Eine sehr gute Frage. Ich setze mich für eine ganze Reihe von Themen ein. Gemeinsam mit der Foundation Fürst Albert II. von Monaco kämpfen wir unter anderem gegen die Verschmutzung der Weltmeere und für das Recht auf sauberes Trinkwasser. Gemeinsam mit der Nelson Mandela Foundation setzen wir uns dafür ein, dass Mädchen in Südafrika Hygieneartikel für ihre Menstruation bekommen und ich kämpfe für artgerechte Tierhaltung und gesunde Ernährung unserer Kinder. Es gibt viel zu tun.

Noch mal ein Thema, das für uns alle seit Monaten aktuell ist: die Corona-Krise. Wie blicken Sie auf die vergangenen Monate zurück? Haben Sie neue Talente entdeckt, alte Leidenschaften aufblühen lassen, das hört man ja immer mal wieder zurzeit.

Ja, ich habe für mich als Ausgleich das Höhenwandern entdeckt. Ich habe seit Februar ungefähr 16.000 Höhenmeter zurückgelegt, was mich insgesamt sehr fit gemacht hat. Einfach in der Natur zu sein und einen Berg mal ohne Gondel raufzukommen und wieder runterzugehen, das war schon toll.

Vor zwei Jahren bin ich auch unter die Maler gegangen und bereite eine neue Ausstellung im Dezember vor. Ich habe mit dem Schreiben angefangen. Ich habe mit meiner Produktionsfirma zwei große Filmprojekte in Planung und außerdem habe ich auch noch zwei wunderbare Kinder, die auch immer wieder um mich rumwuseln. Das heißt, ich bin vollkommen ausgelastet im positiven Sinn. Bei allem Ernst und bei allem Respekt für die Opfer, war Corona für mich eigentlich eher eine Chance, mich neu zu definieren.

Zum Thema Malen. Wie kamen Sie denn vor zwei Jahren plötzlich dazu?

Ich habe eigentlich schon immer gemalt, auch als kleiner Junge. Aber habe mich dann erstmal darauf fokussiert, ein guter Schauspieler zu werden, um meine Karriere auf ein Fundament zu stellen. In den vergangenen Jahren habe ich dann aber wieder angefangen, Sketches zu malen. Ich habe immerhin viele Drehpausen und wenn andere zum Rauchen gehen, hole ich mein kleines Sketchbook raus und zeichne Eindrücke. Als ich dann auf Lesereise für mein Buch "Loving se Germans" war, habe ich auf Sylt das Galeristenehepaar Walentowski kennengelernt. Irgendjemand hat ihnen verraten, dass ich male und die beiden wollten meine Zeichnungen sehen. Ich wollte das eigentlich nicht, aber sie haben mich lange gelöchert. Als ich ihnen meine Sachen gezeigt habe, waren sie begeistert und wollten eine Ausstellung mit mir ausprobieren. Sie stellen unter anderem auch Udo Lindenberg und Otto Waalkes aus. Da bin ich in einem guten Stall gelandet.

… ja, bekannte Namen, die nicht nur Maler sind …

2018 habe ich dann eine Ausstellung gemacht mit über 80 Bildern und auf Anhieb ziemlich gute Resonanz. Für dieses Jahr waren auch einige geplant, aber da hat mir Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wenn alles aber weiter so bleibt wie jetzt, habe ich zum Ende des Jahres die Möglichkeit, noch eine Ausstellung in Neuburg zu machen. Das freut mich sehr.

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Dann ist quasi aus einem anfänglichen Hobby ein weiteres Standbein geworden bei Ihnen.

Soweit sind wir noch nicht, aber ich habe immer gerne mehrere Eisen im Feuer.

Sehen Sie sich als Allroundkünstler oder würden Sie sich bei der Frage nach Ihrem Beruf zuerst als Schauspieler bezeichnen?

Ich bin ein Vollblutkünstler und je älter ich werde, desto mutiger probiere ich mich aus.

Stehen Sie aktuell wieder vor der Kamera?

Ich stehe gerade für den Erfolgsroman "Black Out" vor der Kamera.

Wie ist es, unter Corona-Bedingungen zu drehen? Wie läuft das ab?

Wir haben sehr starke Sicherheitsvorkehrungen und wir werden jeden Morgen getestet. In den Pausen und im Hintergrund müssen wir alle Masken tragen. Aber das macht man eigentlich ganz gerne, weil ich denke, es gibt nicht nur ein Recht auf Pressefreiheit und ein Recht auf Demonstrationsfreiheit, sondern es gibt auch ein Recht auf Gesundheit und insofern möchte ich Schiller zitieren, der sagte: "Schone fremde Freiheit, zeige selbst Freiheit." Wenn alle ein bisschen aufeinander achten, jeder seine Maske dabeihat und auch ein bisschen entspannt damit umgeht – damit kann man schon sehr viel gewinnen. Wichtig ist es, einen zweiten Lockdown zu verhindern. Ich glaube, ein weiterer Lockdown wäre für diese Gesellschaft absolut fatal. Deswegen denke ich, müssen wir wirklich dem Aufruf von bestimmten Politikern folgen, klug sein und Maske tragen. Covid-19 ist im Moment nun mal Teil unseres Lebens. Bis wir einen wirksamen Impfstoff haben, wird es noch ein paar Jahre dauern! Da müssen wir uns einfach an diese Regeln halten und respektvoll miteinander umgehen. Toleranz und Selbstverantwortung sind das Gebot der Stunde. Dennoch muss auch die Politik maßvoll agieren, die Wirtschaft muss florieren dürfen und die Schwachen müssen geschützt werden. Beides ist möglich.

Ja, für die meisten Menschen gehört das Masketragen auch einfach inzwischen dazu. Aber leider sieht man häufig schon noch Leute, die die Maske unter der Nase oder unterm Kinn tragen …

Das geht natürlich gar nicht. Das Maskenthema ist komplex, aber solange das die einzige Beschränkung ist, sage ich: Macht euch locker! Natürlich ist es für Kinder derzeit hart, im Unterricht Masken tragen zu müssen. Ich bin kein Arzt, aber ich sage, besser als erneutes Home Schooling und besser als Krieg.

Sie haben eben schon erzählt, wie Sie die Corona-Zeit genossen und genutzt haben. Haben Sie auch etwas vermisst?

Meine Lebensgefährtin lebt ja in Übersee. Wir waren im Februar noch gemeinsam auf der Berlinale. Dann musste sie geschäftlich zurück in die USA. Ich wollte eigentlich mit Dreharbeiten anfangen. So kam es, dass wir den Lockdown über räumlich getrennt waren, aber das sind ja nur ein paar Monate gewesen, und wir wollen hoffen, dass es nicht mehr dazu kommt. Zum Glück gibt es moderne Kommunikationsmittel – von Zoom über Facetime, da ist es nicht so schlimm wie in früheren Jahrhunderten als man noch Briefe geschrieben hat und dann das Schiff vielleicht auch noch gesunken ist... Always look on the bright side of life! (Lacht)

Sind Sie denn inzwischen auch räumlich wieder mit Ihrer Lebensgefährtin vereint?

Vereint und glücklich, ja! (lacht)

Das ist schön zu hören. Wie lange waren Sie dann insgesamt voneinander getrennt?

Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern. Aber wie gesagt, es ist auch nicht so wichtig. Wichtig ist, dass die Familie gesund ist, dass wir alle wohlauf sind und dass wir auch Zeit füreinander hatten. Ich habe zum Beispiel mit meinen Eltern ganz klar entschieden, dass wir die Verantwortung übernehmen und die Großeltern die Enkelkinder sehen dürfen. Das ist Gott sei Dank alles gut gegangen. Insofern haben wir auch die Familientraditionen gepflegt und uns Zeit füreinander genommen.

Ah, okay. Sie klingen sehr pragmatisch, nehmen alles so, wie es kommt, gehen locker aber schon ernsthaft mit der Krise um. Gibt es etwas, das Ihnen aktuell Angst macht?

Nee, eigentlich nicht. Und um Reinhold Niebuhr zu zitieren: "Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden."

Der Film "Matze, Kebab, Sauerkraut" läuft am Donnerstag, 29. Oktober 2020 um 20.15 Uhr im ZDF. Francis Fulton-Smith spielt darin den jüdischen Restaurantbesitzer Daniel Hirschmann. Im Mittelpunkt steht dessen Sohn Noah und sein bester Freund, der Moslem Akim. Sie haben sich schon als Kinder geschworen, dass nichts zwischen sie kommt. Bis Charlotte in ihrem Leben auftaucht. Die hat auch wieder eine andere Religion: Sie ist katholisch – und liebt Sauerkraut.

Anmerkung: Das Interview mit Francis Fulton-Smith wurde bereits Ende September geführt, bevor die Corona-Infektionszahlen wieder stark nach oben gegangen sind.

Verwendete Quellen
  • Telefongespräch mit Francis Fulton-Smith
  • Vorabsichtung von "Matze, Kebab, Sauerkraut"
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