Eklat nach Ordensvergabe Der Skandal um den Semperopernball auf einen Blick
Der Semperopernball steht in der Kritik.
Wie jedes Jahr erwarten auch dieses Jahr die Veranstalter des Semperopernballs wieder über 2.000 Gäste. Doch 2020 könnten es deutlich weniger Teilnehmer sein. Denn einer nach dem anderen sagt seine Teilnahme an dem Ball in Dresden ab. Grund für das Fernbleiben ist die Ordensverleihung an den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi.
Die umstrittene Verleihung hat der Ball-Verein mittlerweile wieder rückgängig gemacht. Die Auszeichnung werde ihm wieder aberkannt, teilte ein Sprecher am Dienstagabend mit. Doch wie geht es nun weiter für den Semperopernball?
1. Ein heftig kritisierter Orden für Al-Sisi
Die Veranstalter gaben bereits im Vorfeld bekannt, dass sie dem ägyptischen Präsidenten Al-Sisi den sogenannten St.-Georgs-Orden verliehen haben. Semperopernball-Chef Hans-Joachim Frey flog deswegen sogar eigens nach Kairo und übergab die Ehrung dem dortigen Machthaber persönlich. Doch diese Entscheidung zog massive Kritik nach sich. Immerhin bezeichnen Al-Sisi viele als Diktator, der schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben soll. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht sogar von schweren Misshandlungen seiner unrechtmäßigen Gefangenen. Dem Präsidenten wurde der Orden inzwischen wieder aberkannt.
2. Semperopernball macht Rolle rückwärts
Nach dem Aufschrei entschuldigte sich Hans-Joachim Frey umgehend in einem Statement. Man nehme die Kritik und die Argumente sehr ernst. "Uns sind die entstandenen Irritationen bewusst und wir bedauern sie von Herzen", heißt es in der Stellungnahme. Die Verleihung sei ein Fehler gewesen, man möchte sich dafür entschuldigen und distanzieren. Auch die beiden geplanten Moderatoren, Judith Rakers und Roland Kaiser, meldeten sich zu Wort und kündigten an, ihr Engagement zu überdenken.
3. Judith Rakers sagt ihre Moderation ab
Obwohl sich Roland Kaiser dazu entschied, seine Zusage aufrechtzuerhalten, bat Judith Rakers um ihre Vertragsauflösung. In einem Tweet erklärte sie zunächst, dass aus einem kulturellen Ereignis ein politisches geworden sei und sie überlege, Konsequenzen zu ziehen. Wenig später erklärte sie via Instagram, dass sie auf jegliches Honorar verzichte und dass der Ballverein ihrem Wunsch entsprochen habe: "Damit betrachte ich den Vorgang als abgeschlossen."
4. Auch Ersatz-Moderatorin Mareile Höppner springt ab
Nur wenige Stunden nach dem Rückzug von Rakers wurde Mareile Höppner als Ersatz vorgestellt. Es habe viel Trubel gegeben, wird die Moderatorin in einem Statement zitiert, aber alle hätten daraus ihre Lehren gezogen. Ihre Zuversicht hielt aber nur wenige Stunden: Via Instagram nahm auch sie ihre Zusage wieder zurück. Sie sei Zielscheibe von Hass und Anfeindungen, selbst vor ihrem Kind sei dabei nicht Halt gemacht worden. Auch Hans-Joachim Frey bekam sein Fett ab: "Von dem Verantwortlichen des Balls erwarte ich, dass er endlich wirklich ein Zeichen setzt."
5. Band sagt Auftritt ab
Auch das Moka Efti Orchestra sagte seinen Auftritt beim Semperopernball ab. Gemeinsam mit Kristijan Järvi und dem MDR-Sinfonieorchester sollte die Band ihren Song "Zu Asche Zu Staub" aufführen. Die Musiker zeigten sich entsetzt über die Ordensvergabe. "Wir sehen uns klar in der Verantwortung für Erhalt und Förderung von Menschenrechten und Demokratie", heißt es in einem Statement.
6. Uli Hoeneß und Dietmar Hopp kommen nicht
Der SAP-Gründer Dietmar Hopp sagte wenige Tage nach dem Moderatorinnen-Desaster ebenfalls sein Kommen ab. Der Hoffenheim-Mäzen sollte eigentlich vor Ort einen Orden überreicht bekommen. Eine Woche zuvor äußerte er sich noch besänftigend und ließ mitteilen, dass er den Preis aufgrund der Entschuldigung trotz der Kontroverse annehme. Sein Freund Uli Hoeneß sollte eigentlich die Laudatio übernehmen, nach der Hopp'schen Absage wird aber auch der Ex-Präsident des FC Bayern München nicht in Dresden erscheinen.
7. Peter Maffay setzt ein Ultimatum
Rocksänger Peter Maffay war als Show-Act für den Semperopernball gebucht. Doch der 70-Jährige stellte dem Ballchef ein Ultimatum. "Ich habe dem Ball gesagt, der einzige konsequente Schritt, den ich mir vorstellen kann, ist, diesen Preis abzuerkennen", erklärte der Sänger. Peter Maffay habe gefordert, dass der Orden zurückgenommen werde, ansonsten würde er am 7. Februar nicht in der Semperoper auftreten. "Das ist für mich die Bedingung, um am Freitag in Dresden aufzutreten. Das ist ein Ultimatum." Daraufhin hat Hans-Joachim Frey den Orden zurückgezogen.
8. Thomas Löser fordert Rücktritt
Der Dresdner Landtagsabgeordnete Thomas Löser forderte den Chef des Ballvereins, Hans-Joachim Frey, zum Rücktritt auf. Mit der Verleihung an Al-Sisi rücke er die Veranstaltung und die Stadt "in zweifelhaftes Licht", so seine Begründung. "Er nutzt den Ball, um Geschäftsbeziehungen mit autoritären Regimen anzubahnen. Deshalb sollte Herr Frey von seiner Funktion als Vereinsvorsitzender zurücktreten."
9. Dresdner Bürgermeister will Semperopernball nicht absagen
Die einzige logische Konsequenz: den diesjährigen Ball abzusagen. Doch das kommt für die Veranstalter nicht infrage. Auch nicht für Bürgermeister Dirk Hilbert. Der erklärte auf Facebook, dass der Ball "ein sehr wichtiges gesellschaftliches Ereignis für Dresden und Sachsen" sei. Das Besondere seien nicht die Preisträger, sondern "die vielen Menschen – Dresdnerinnen, Dresdner und Gäste – die gemeinsam mit den Ballbesuchern auf dem Theaterplatz feiern".
10. Der MDR wird dennoch übertragen
Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) teilte hingegen mit, dass er an der TV-Übertragung festhalte. In einem zuvor veröffentlichten Statement erklärte der Unterhaltungschef Peter Dreckmann sein Unverständnis bezüglich der Al-Sisi-Entscheidung. Man halte diese Ehrung für falsch, distanziere sich ausdrücklich davon. "Der MDR steht für freien und unabhängigen Journalismus, Meinungsfreiheit und Toleranz. Leider steht Abdel Fattah Al-Sisi genau dafür nicht", sagte Dreckmann. Dennoch sei der Ball ein Ball für die Menschen: "Viele Dresdner seien stolz auf die Veranstaltung."
11. Ablauf wurde mittlerweile verändert
Trotz zahlreicher Forderungen im Netz, dem Drama ein vorzeitiges Ende zu verschaffen und den Ball kurzerhand abzusagen, halten die Macher daran fest. Die Semperopern-Bosse reagierten jedoch mittlerweile und änderten die Programmplanung. Der Ballverein verzichtet demnach auf die Vergabe weiterer St.-Georgs-Orden. Dies geschehe aus Respekt vor den vielen Diskussionen der letzten Tage und um in Ruhe über künftige Entscheidungen nachdenken zu können. Das Konzept sei überarbeitet worden.
In wenigen Tagen findet der Semperopernball statt. Noch immer sind einige Dinge ungeklärt. Auch wer an der Seite von Roland Kaiser moderieren wird, hat der Ballverein noch nicht bekannt gegeben.
- Pressemitteilung: "Das Moka Efti Orchestra sagt seinen Auftritt beim Semperopernball 2020 kurzfristig ab"
- mdr.de: Mareile Höppner sagt nach Bedrohung Semperopernball-Moderation ab