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Marianne Hartl hatte "zehn Jahre Angst gehabt"


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Volksmusikduo über Schicksalsschlag
"Plötzlich ist nichts mehr selbstverständlich"


Aktualisiert am 30.12.2023Lesedauer: 6 Min.
Marianne und Michael Hartl: Die Sänger standen 50 Jahre lang auf der Bühne.Vergrößern des Bildes
Marianne und Michael Hartl: Die Sänger standen 50 Jahre lang auf der Bühne. (Quelle: STAR-MEDIA/imago-images-bilder)

Marianne und Michael Hartl verabschieden sich 2024 von der Bühne. Mit t-online spricht die 70-Jährige nun über Schicksalsschläge und Zukunftspläne.

Marianne und Michael Hartl sind seit fast einem halben Jahrhundert ein fester Bestandteil der deutschen Volksmusikszene, haben viele Auftritte auf der Bühne und vor der Fernsehkamera hinter sich. Doch 2024 ist Schluss: Die Volksmusikstars setzen sich zur Ruhe. Ehe sie dieses Kapitel schließen, geht es noch ein letztes Mal auf große Tournee. Von Mitte Februar bis Ende April treten sie in 23 deutschen Städten auf.

Warum ihnen der Abschied leicht fällt, hat die 70-Jährige nun vorab im Interview mit t-online verraten. Ebenso hat Marianne Hartl offen über den Gesundheitszustand ihres Ehemannes nach einem Schlaganfall vor anderthalb Jahren gesprochen – und wie die beiden es über all die Jahre geschafft haben, neben der Karriere auch ihre Beziehung zu meistern.

t-online: Nach 50 Jahren Karriere gehen Sie in den Ruhestand. Wie kam es zu der Entscheidung?

Marianne Hartl: Man muss wissen, wann man aufhören sollte. Michael und ich haben beschlossen, dass wir unser Leben noch mal neu gestalten wollen. Wir kommen jetzt in unsere goldenen Jahre, und die sind uns wichtig. Wir wollen uns für unsere Arbeit auch nicht mehr verbiegen, nicht mehr anstrengen oder neu erfinden müssen. Wir machen privat gerade viel Musik, und das ist viel schöner, als auf der Bühne glänzen und von A nach B reisen zu müssen. Außerdem haben wir in unserer Karriere wirklich alles erreicht. Jetzt geben wir das Zepter ab und freuen uns auf die Zukunft.

Was hält diese für Sie bereit?

Wir haben viele Hobbys. Wir spielen gerne Golf, fahren Ski oder mit unserem Boot raus auf den See. Gleichzeitig wollen wir mehr Zeit mit unserer Familie und unseren Freunden verbringen. Unsere Karriere ist noch nicht komplett vorbei, sondern geht in anderer Form weiter. Wir werden uns nicht in ein Schneckenhaus zurückziehen, sondern bleiben in der Öffentlichkeit. Es gibt auch schon ein neues Projekt, über das wir aber noch nichts sagen dürfen.

Wie schwer fällt Ihnen der Abschied von der Bühne?

Gar nicht. Wir sind schon die vergangenen Jahre kürzergetreten, auch wegen der Corona-Pandemie. Und wir merken, dass es uns reicht. Wir haben keine Lust mehr, unsere Zeit mit Warten, in Garderoben, Hotels und mit Autofahrten zu verbringen. Das muss einfach nicht mehr sein.


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Ich habe Angst, dass es wieder passieren könnte.


Marianne Hartl


Aber die Tournee im Frühjahr wollten Sie noch als krönenden Abschluss Ihrer Bühnenkarriere?

Es war die Idee unseres Managers, aber mein Mann musste entscheiden. Er hatte einen Schlaganfall, also musste er schauen, ob er es kann und will. Ich wollte ihn zu nichts drängen. Seine Erkrankung vor anderthalb Jahren war mit ein Grund, warum wir uns für das Ende unserer Bühnenkarriere entschieden haben.

Wie geht es Ihrem Mann heute?

Ihm geht es erstaunlicherweise supergut. Er hatte noch Probleme mit der rechten Seite, aber das wird jeden Tag besser. Auch seine Stimme ist wieder klar. Die war ein bisschen verwaschen. Es war ein wirklich schwerer Schlaganfall. Es war fünf vor zwölf. Wir hatten absolutes Glück, dass ich es mitbekommen habe und die Rettungskette dadurch nicht lang war.

Hat Sie die Erfahrung im Nachhinein verändert?

Auf alle Fälle. Man bekommt einen neuen Blick auf die Dinge und die Menschen. Plötzlich ist nichts mehr selbstverständlich. Mein Mann hat Angst vor einem zweiten Schlaganfall. Und auch ich habe Angst, dass es wieder passieren könnte. Wenn ich ihn rufe und er nicht antwortet, laufe ich direkt zu ihm und schaue, ob alles in Ordnung ist.

Sorgen Sie sich wegen der Tournee?

Nein, es ist alles sehr gut vorbereitet und wir werden bestens unterstützt. Zwischen den Konzerten haben wir auch immer wieder Pausen. Mein Mann ist durch den Schlaganfall sehr vernünftig und vorsichtig geworden und achtet auf sich. Er schaut auf seine Ernährung und dass er sich genug bewegt. Seine Körperwerte werden ebenfalls regelmäßig kontrolliert.

Sie sind seit 44 Jahren verheiratet und arbeiten seit 50 Jahren beruflich miteinander. Hat Sie das nie vor Herausforderungen gestellt?

Irgendwie ticken wir gemeinsam. Wir haben beide unsere eigene Art. Ich bin disziplinierter und organisierter, Michael kreativer, er darf auch das Kind im Manne sein. Aber wir haben auch viele Gemeinsamkeiten. Wir haben ein gleiches Wertesystem, wir sind beide eher konservativ und nicht reich aufgewachsen. Mir sind beide aus einem sehr bewussten Elternhaus, in dem hart gearbeitet wurde. Das haben wir übernommen und haben Fleiß, Ehrgeiz und Achtsamkeit gelernt. So kommt es, dass wir am 19. Dezember unseren 44. Hochzeitstag gefeiert haben. Und das ist wunderschön.

Lässt sich mit Fleiß auch eine Karriere planen?

Das war alles gar nicht geplant. Es ist uns einfach zugefallen. Wir sind zu Beginn sehr spielerisch in die Karriere reingerutscht. Ich wollte nie berühmt werden. Mein Traumberuf war in einer Steuerkanzlei. Als wir uns kennengelernt haben, waren wir blutjung. Ich war 20 Jahre alt und eigentlich noch ein Kind. Michael war auch noch nicht reif fürs Leben. Aber das war vielleicht ganz gut, weil wir uns miteinander formen konnten. Und dann ist dieses Hobby von uns zu einer Karriere geworden.

Hatten Sie zu Beginn Zweifel, ob das mit der Musik funktioniert?

Ich habe zehn Jahre Angst gehabt. Angst, ob das wirklich die richtige Entscheidung war. Ich habe mir Listen gemacht, ob ich mit dem Geld leben kann. Denn als Anfänger hat man damals nicht viel verdient. Wir hatten Glück, dass ich immer sehr auf meine Finanzen geachtet habe. Du weißt als Künstler nie, wie es weitergeht. Man ist immer gefährdet, dass die Karriere im nächsten Moment vorbei sein könnte. Dass unsere Karriere so wunderschön verlaufen ist, ist großes Glück. Dafür sind wir dankbar. Wir haben aber auch vieles richtig gemacht. Nicht alles, aber das gehört dazu.


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Wir haben in Immobilien investiert und viel in die Rente eingezahlt.


Marianne Hartl


Einige Künstler haben nicht so gut wie Sie aufs Geld geachtet.

Wir kannten und kennen so viele Künstler – manche sind schon gestorben –, die haben damals das Zehnfache von uns verdient. Sie haben ihr Geld verprasst oder falsch angelegt. Am Lebensende ist ihnen dann nichts geblieben. Das ist schon tragisch. Es gibt Leute, die nicht in die Rente einzahlen und sagen, es würde für sie später keine geben. Aber das ist Schmarrn. Das hat man bei uns auch schon gesagt, und das stimmt nicht. Die Rentenvorsorge ist ganz, ganz wichtig.

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Sie haben für Ihre Rente vorgesorgt?

Ich habe mir schon mit 18 Jahren eine Immobilie gekauft, mit 21 Jahren habe ich mir mit Michael ein Haus gekauft. Unsere Gagen haben wir nicht ausgegeben, sondern zur Bank getragen. Wir haben in Immobilien investiert und viel in die Rente eingezahlt. Unsere Eltern haben uns das gut vorgelebt. Und sollten wir einmal Pflege brauchen, haben wir das Geld dafür. Wir sind sehr gut aufgestellt.

Sie haben 50 Jahre in der Musikszene miterlebt. Wie hat sie sich verändert?

Als wir damals anfingen, hat die Volksmusik unglaublich geboomt. Damals lief bei jedem Sender täglich eine Volksmusiksendung. Da wir selbst Volksmusikanten waren, war das für uns ein absoluter Pluspunkt. Das hat sich aber nach 20 Jahren geändert. Da ist der deutsche Schlager groß geworden. Und so hat sich das ZDF 2009/2010 schließlich entschieden, keine Volksmusik mehr zu machen, sondern nur noch Schlager. Und unsere Verträge beim ZDF wurden nicht mehr verlängert.

Haben die Quoten nicht mehr gestimmt?

Die Quoten stimmen schon lange nicht mehr. Es ist schwierig geworden. Die jungen Leute schauten keine Volksmusik und keinen Schlager mehr. Wir haben ab Ende der Achtzigerjahre über mehrere Jahre unsere Sendung "Superhitparade der Volksmusik" gemacht. Das schauten noch um die 17 Millionen Zuschauer. Man muss aber dazu sagen: Damals gab es noch kein Privatfernsehen.

Also Schlager und Volksmusik mussten moderner werden?

Ja, und es hat sich auch verändert. Der deutsche Schlager ist top, ich bin total begeistert. Vor allem durch Florian Silbereisen hat der Schlager einen Aufschwung erlebt. Der hat wirklich alles dafür gemacht, dass Schlager wieder gut geworden ist. Und es ist wunderbar zu sehen, dass die Schlager-Jugend so wunderbar nachwächst.

Schlager in Deutschland hat also Zukunft?

Auf jeden Fall. Wir können uns jetzt getrost zurücklehnen und die Musik der anderen anhören. Ich muss nicht mehr kämpfen. Denn es ist schon ein Kampf. Es ist ein schwieriger Job, es ist anstrengend. Und mit einem gewissen Alter brauchst du es auch nicht mehr. Du willst lieber deine Ruhe haben. Und da Michael und ich schon älter sind, wären wir doch doof, wenn wir noch arbeiteten und unsere Zeit vergeudeten.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Marianne Hartl
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