Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Letizias 50. Geburtstag Die missverstandene Königin von Spanien
Seit dem 19. Juni 2014 ist Letizia Königin von Spanien. Für sie war das ein ganz persönlicher Triumph. An diesem Donnerstag feiert sie ihren 50. Geburtstag.
Am Montag wird Queen Elizabeth II. beerdigt. Es ist ein Tag, an dem die europäischen Königshäuser zusammenrücken. Auch die spanische Königin Letizia wird in England zugegen sein. Und mitten in der Trauerphase des britischen Volks feiert sie ihren 50. Geburtstag.
"Letizia ist nicht die Unnahbare, wie viele meinen", macht Filmemacherin und Adelsexpertin Julia Melchior direkt zu Beginn des Gesprächs mit t-online klar. Und es soll nicht das einzige Ammenmärchen über Letizia bleiben, das sie im Interview entkräftet. Denn: Wohl niemand in Deutschland kennt die Königin von Spanien besser als Julia Melchior. Ein Jahr lang begleitete sie Letizia für ihre ZDF-Reportagereihe "Beruf: Königin!"
"Die Königin zeigte sich immer dankbar für meine Arbeit, insbesondere, wenn wir Termine begleitet haben, die ihr am Herzen liegen. Da sagte sie dann zu mir: 'Danke, dass du extra gekommen bist und diese lange Anreise auf dich genommen hast'", erinnert sie sich. Diese aufmerksame und sehr zugängliche Seite der Königin sei eine große Überraschung gewesen: "Weil es das Gegenteil war von dem Bild, das ich früher von ihr hatte."
Letizia, die überhebliche Eisprinzessin?
Arrogant, überheblich, unterkühlt – die öffentliche Meinung von Letizia ist wenig schmeichelhaft. Der Ursprung dessen liege in der Zeit, als sie zwischen 2004 und 2014 Kronprinzessin war, ist sich Julia Melchior sicher: "Am Anfang ihrer Ehe konnte Letizia noch sehr spontan und auch sehr emotional reagieren. Dafür wurde sie von den spanischen Medien kritisiert. Der Vorwurf: Als Frau des Thronfolgers würde sie sich in den Vordergrund drängen. Daraus hatte sie dann Konsequenzen gezogen. Man erlebte sie in der Öffentlichkeit zunehmend reserviert. Sie hat sich in ihrem Auftreten zurückgenommen, war sehr kontrolliert in allem, was sie sagte, wie sie sich bewegte, wie sie reagierte."
Und die Adelsexpertin kennt noch einen anderen Grund für die vielen kritischen Stimmen zu Letizia: "Gerade weil sie 'eine aus dem Volk' war, begegnete ihr in der Öffentlichkeit auch viel Neid und Missgunst. Weil sie sich in der öffentlichen Wahrnehmung den Prinzen geschnappt hat. Alles in allem hat man Letizia den Start als Mitglied der Königsfamilie nicht leicht gemacht."
"Sie hat ihre Wurzeln nie vergessen"
Auch ihre Schwiegereltern, Altkönig Juan Carlos I. und seine Frau Sofia, waren skeptisch. Die Ehe ihres Sohnes Felipe mit einer geschiedenen Bürgerlichen der Mittelschicht wollten sie angeblich verhindern. Dabei sieht Julia Melchior gerade darin eine Chance für die Monarchie in Spanien: "Als Frau aus der Mitte der Gesellschaft ist sie dem Volk dadurch automatisch näher. Wenngleich Letizia seit nunmehr 18 Jahren zur Königsfamilie gehört, vergisst sie ihre Wurzeln nicht."
"Letizia hat sich als Königin ein Profil geschaffen aus gesellschaftspolitischen Themen, für die sie brennt. Dazu gehören beispielsweise Frauenrechte, der Kampf gegen häusliche Gewalt und Prostitution. Also auch Themen, die niemand gerne anpackt und die lange tabuisiert wurden." Für diese Themen arbeitet die Königin auch viel hinter den Kulissen, weshalb sie im Volk nicht etwa wie Königin Sofia als Landesmutter, sondern vielmehr als Managerin gesehen wird.
Ihre größte Aufgabe als Königin von Spanien
Die wohl größte Aufgabe für Letizia als Königin ist aber eine ganz andere: Gemeinsam mit Felipe muss sie die Menschen vom Nutzen der spanischen Königsfamilie überzeugen. "Die Monarchie als solche genießt in Spanien keine hohe Zustimmung, obwohl die meisten Spanier und Spanierinnen sich durch König Felipe gut vertreten fühlen. Aber in der Mehrheit sind die Menschen dort keine überzeugten Royalisten, vor allem die jungen Leute nicht. Sie verstehen oftmals nicht den Sinn und Zweck einer Monarchie im 21. Jahrhundert. Das ist eine der großen Herausforderungen für Felipe und Letizia", so Julia Melchior.
Zwei Vorurteile über die Königin möchte die Filmemacherin zum Schluss dann auch noch ein für alle Mal aus der Welt schaffen: "Viele glauben, Letizia würde unter dem strengen spanischen Hofzeremoniell leiden. Das gibt es im spanischen Königshaus aber schon seit 300 Jahren nicht mehr. Es gibt lediglich ein diplomatisches Protokoll, das ähnlichen Regeln folgt wie denen im deutschen Bundespräsidialamt. Ich erlebe das spanische Königshaus stets als menschlich und zugänglich und im Umgang keinesfalls als streng und kalt."
Und auch die Annahme, Letizia leide unter Magersucht, sei falsch. "Die Königin ist eine sehr disziplinierte Frau, die auf gesunde Ernährung achtet und viel Sport treibt und Yoga macht", so Julia Melchior. Von der preisgekrönten Journalistin zur Königin von Spanien: Es war ein langer und mühsamer Weg für Letizia – die oft missverstandene Rebellin am spanischen Hof.
- Eigenes Interview
- Eigene Recherche