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Ralph Siegel | "Mr. Grand Prix" vorm ESC: "Leider geht es mir nicht so gut"


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"Mr. Grand Prix" vor ESC
Ralph Siegel: "Leider geht es mir nicht so gut"

InterviewVon Nicole Morgenstern

Aktualisiert am 14.05.2022Lesedauer: 4 Min.
Ralph Siegel: Er trat schon 25 Mal beim Eurovision Song Contest an.Vergrößern des Bildes
Ralph Siegel: Er trat schon 25 Mal beim Eurovision Song Contest an. (Quelle: IMAGO / Chris Emil Janßen)

Heute Abend heißt es: Daumen drücken, mitfiebern und anfeuern. Ganz Europa blickt auf Turin, Austragungsort des 66. Eurovision Song Contest. t-online sprach mit "Mr. Grand Prix" Ralph Siegel.

Kein anderer hat den ESC so geprägt wie er: Der deutsche Komponist Ralph Siegel nahm bereits 25 Mal am europäischen Musikwettbewerb teil, darunter 14 Mal für Deutschland.

Zu Beginn des Interviews bringt Siegel zunächst seine drei Hunde aus dem Zimmer, damit er ungestört sprechen kann. Aus dem geplanten Zehn-Minuten-Gespräch wird eine halbe Stunde. Der 76-Jährige hat viel zu erzählen.

t-online: Herr Siegel, werden Sie heute Abend vor dem Fernseher sitzen und sich den ESC anschauen?

Ralph Siegel: Aber selbstverständlich! Ich habe Freunde zu mir nach Hause eingeladen, mit denen ich gucke. Wie jedes Jahr wird es ein sehr emotionaler Abend für mich sein. Viele Gedanken und schöne Erinnerungen kehren zurück. Und ich werde ein bisschen vor mich hin träumen, dass ich mal wieder mit dabei sein darf.

Eine erneute Teilnahme wäre Ihr Wunsch?

Ja, sehr sogar! Es würde mich wahnsinnig glücklich machen. Ich hatte dieses Jahr für Deutschland auch zwei ganz wunderbare Lieder eingereicht. Leider schafften sie es noch nicht mal bis in den Vorentscheid. Darüber bin ich sehr traurig.

Sie haben für Deutschland, aber auch für andere Länder beim ESC teilgenommen. Hat sich das emotional unterschiedlich angefühlt?

Am liebsten tritt man natürlich für sein eigenes Land an. Gelingt das nicht, ist man als Komponist bemüht, es woanders zu probieren. Beim ESC teilzunehmen, bereitet mir einfach große Freude. Außerdem bedeutet es, dass dir Millionen Menschen zugucken. Das macht mich als Komponist glücklich. Ich habe mit meinen Eurovisionsliedern die ganze Welt erreicht und dadurch viele internationale Möglichkeiten gehabt. Es weiß kaum jemand, aber es gibt 100 Lieder von mir, die in Afrikaans übersetzt wurden. Viele meiner Songs werden in Spanisch oder Italienisch gesungen. Das finde ich schön.

Wie nervös waren Sie vor jedem ESC-Auftritt?

Das war immer unterschiedlich. Aber extrem nervös war ich nie. Ich habe ein gutes Bauchgefühl, auf das ich vertrauen kann. Als ich 1982 in Harrogate mit Nicole und "Ein bisschen Frieden" antrat, wusste ich vorher schon, dass wir gewinnen. Davon war ich felsenfest überzeugt. Ich habe zu Nicole gesagt: "Heute Abend gewinnen wir, aber wir verraten es noch niemandem."

40 Jahre sind seitdem vergangen. Die Botschaft des Liedes ist traurigerweise vier Jahrzehnte später sehr aktuell. Wie empfinden Sie das?

Es ist so grauenhaft, was gerade in der Ukraine passiert. Ich kann das gar nicht fassen und es tut mir so leid. Ein "bisschen" Frieden reicht da nicht mehr. Es muss schon der große Frieden gezaubert werden. Wer das hinbekommt, weiß ich leider auch nicht.

Obwohl Sie sehr viele gute Platzierungen für Deutschland erzielt haben, wurden Sie bei jeder weiteren Teilnahme oft von Presse und Kollegen belächelt und nicht gerade nett behandelt. Wie war das für Sie?

Nennen Sie es Neid oder Dummheit. Ich habe das nie verstanden. Manche Leute dachten: "Kann der Siegel nicht mal aufhören." Aber es wäre ja furchtbar gewesen, wenn ich mit 37 Jahren aufgehört hätte. Ein Fußballprofi spielt auch so lange, bis er nicht mehr kann. Ein Picasso hat mit 90 Jahren noch gemalt. Warum sollte ein Komponist also aufhören? Hätte ich das getan, wäre ich bestimmt keine 76 geworden.

Im September werden Sie 77. Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

Leider nicht so gut. Ein dreifacher Bandscheibenvorfall macht mir zu schaffen. Dazu eine Arthrose in der Schulter und Polymyalgie in den Beinen. Aber der Kopf schafft noch alles. Das ist für mich das Wichtigste.

Ein Tag ohne Musik ...

... ist für mich unvorstellbar! Ich arbeite jeden Tag und habe noch viele Ideen in meinem Kopf und in der Schublade liegen. Vom 19. Mai bis Mitte Juli wird in Füssen mein Musical "Zeppelin" aufgeführt. Darauf freue ich mich und kann es kaum abwarten bis dahin.

Ich mache so lange weiter Musik, bis der liebe Gott mich in seiner Band aufnimmt. Zum Glück spiele ich nicht so gut Klavier wie all die anderen, die schon oben sind. Ich bleibe sehr gerne noch etwas länger hier unten.

Malik Harris wird mit "Rockstars" beim ESC für Deutschland antreten. Welche Chance sehen Sie für den Sänger?

Unser Malik macht es sehr gut. Ich wünsche ihm, dass er einen so tollen Auftritt hinlegt wie beim Vorentscheid. Er ist ein guter Performer, aber die Konkurrenz ist groß. Es treten sehr viele gute Künstlerinnen und Künstler auf, mit starken Songs und Performances. Leicht wird es nicht für ihn. Nur wenn Malik es schafft, sich in die Herzen der Zuschauer auf Platz 1 zu singen, rufen sie für ihn an.

Was würden Sie Malik als guten Wunsch oder Rat mit auf die Bühne geben?

Ein Stoßgebet kann nicht schaden.

Haben Sie eine Favoritin oder einen Favoriten?

Ja. Stefan mit dem Lied "Hope" für Estland. Aber egal, wer gewinnt – ich freue mich für jede Sängerin oder Sänger. Alle geben ihr Bestes, um ihr Land zu vertreten. So wie ich es auch immer getan habe.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Ralph Siegel
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