Fall Peng Shuai Petkovic kritisiert IOC-Chef scharf: "Das bedarf keines Kommentars"
Deutsche Politiker haben wegen des Falls Peng Shuai einen Boykott der Olympischen Winterspiele gefordert. Nun drängt auch die WTA auf Aufklärung des Falls. Tennis-Star Andrea Petkovic greift indes IOC-Boss Bach an.
Die Vereinigung Athleten Deutschland hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) im Fall der Tennisspielerin Peng Shuai kritisiert. Das IOC laufe mit seinem Verhalten "Gefahr, die systematischen Repressalien gegen unliebsame Personen in China zu legitimieren und damit zum Kollaborateur der chinesischen Staatsführung zu werden", sagte Maximilian Klein, bei Athleten Deutschland zuständig für internationale Sportpolitik, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
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Zuletzt hatte zudem ein Videotelefonat der Spielerin mit IOC-Präsident Thomas Bach weitere Diskussionen und Kritik ausgelöst (mehr dazu lesen Sie hier). Der frühere Bundesvorsitzende der Grünen, der Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer, sagte der Zeitung daher, Bach habe "das IOC zur Geisel Chinas" gemacht und "sich nun immer tiefer in eine unappetitliche Komplizenschaft beim Wegdrücken der Menschenrechtsthematik verstrickt".
Petkovic hofft auf Gerechtigkeit
Ohne Bach namentlich zu nennen, sagte Tennisspielerin Andrea Petkovic in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Was soll ich dazu sagen? Es scheint so offenkundig. Die Winterspiele finden in China statt, er ist der Erste, der mit Peng Shuai redet, ich glaube, das bedarf keines Kommentars."
Die 34 Jahre alte Petkovic sagte, dass es ihr am liebsten wäre, "wenn jemand von der WTA mit Peng Shuai sprechen könnte. Das würde mich nach all den Videos, Fotos und Interviews, die erschienen sind, am meisten beruhigen. Ihr persönlich wünsche ich, dass sie Gerechtigkeit erfährt." Für sie stehe es an allererster Stelle, dass sie ein "sicheres Leben führen kann". Der Westen werde den Fall "vergessen, das war immer schon so. Dann hoffe ich, dass sie mit ihrer Familie in Sicherheit ist."
Mahmut Özdemir, der sportpolitische Sprecher der SPD, sagte, das IOC habe ein "fatales und bedenkliches Signal" an die Sportwelt gesendet. Mehrere deutsche Politiker der künftigen Regierungskoalition fordern einen diplomatischen Boykott der im Februar in Peking stattfindenden Olympischen Winterspiele.
Auch WTA ist "nach wie vor zutiefst besorgt"
Die Kritik an China wird auch von anderen Seiten immer größer. Die Spielerinnen-Organisation WTA drängt weiter auf Aufklärung. WTA-Chef Steve Simon sei "nach wie vor zutiefst besorgt darüber, dass Peng nicht frei von Zensur oder Zwang ist", teilte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP mit.
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Simon habe sich über verschiedene Kommunikationskanäle an die 35-Jährige gewandt, die zwei Grand-Slam-Titel im Doppel errungen hat. Er habe ihr zwei E-Mails geschickt, "ihre Antworten waren eindeutig von anderen beeinflusst", hieß es weiter. Deswegen habe Simon "beschlossen, sich erst dann wieder per E-Mail an sie zu wenden, wenn er sicher ist, dass die Antworten ihre eigenen sind und nicht die ihrer Zensoren."
WTA drohte mit Turnierrückzug aus China
Peng Shuai hatte Anfang des Monats im Twitter-ähnlichen Medium Weibo geschrieben, vom ehemaligen chinesischen Vizepremier Zhang Gaoli sexuell missbraucht worden zu sein. Der Eintrag wurde ebenso gelöscht wie zahlreiche Interneteinträge über Peng, von der danach mehr als zwei Wochen jede Spur fehlte.
Die Spielerinnen-Organisation WTA hatte deswegen gedroht, ihre Turniere aus dem Reich der Mitte abzuziehen, sollte der Fall nicht transparent und umfassend aufgeklärt werden. Mehrere prominente Sportler, die Vereinten Nationen und das Weiße Haus in Washington schalteten sich in den Fall ein und forderten Aufklärung.
China mit seltener offizieller Reaktion
Peng tauchte am vergangenen Wochenende in einem Pekinger Restaurant und bei einem Tennisturnier in der chinesischen Hauptstadt wieder auf. Staatsmedien veröffentlichten entsprechende Videoclips.
Am Dienstag rief China in einer seltenen offiziellen Reaktion auf die Anschuldigungen der Spielerin dazu auf, den Fall Peng Shuai nicht zu "politisieren" oder "hochzuspielen".
- Mit Material der Nachrichtenagentur SID und dpa