Tennis Polnische Sensationen: keine Rasenplätze, aber zwei Halbfinalisten

Am Montag nach Wimbledon hat Bronislaw Komorowski seinen großen Auftritt. Im barocken Stadtschloss am Königsweg in Warschau empfängt der polnische Staatspräsident die Tennis-Stars. Er wird Jerzy Janowicz und Lukasz Kubot die Hände schütteln und an der Seite von Agnieszka Radwanska im Blitzlichtgewitter in die Kameras strahlen. Er wird sich sonnen im Glanz des Trios, das schon jetzt Sportgeschichte geschrieben hat. Radwanska trifft im Halbfinale des bedeutendsten Tennisturniers der Welt auf Sabine Lisicki, Janowicz und Kubot bestritten das erste polnische Viertelfinale der Grand-Slam-Historie - Janowicz zog als erster Pole ins Halbfinale eines Majors ein. Nach dem Spiel vollzogen beide den sonst eher vom Fußball bekannten Trikot-Tausch.
Euphorie im ganzen Land
Die englischen Zeitungen lieferten die passenden Zahlen: Während der britische Tennisverband im Jahr 61,38 Millionen Pfund ausgibt, sind es bei der polnischen Tennisfederation gerade einmal 930.000 Pfund. Dabei könnte die Euphorie zwischen Breslau, Warschau, Danzig und Krakau derzeit kaum größer sein. "Sie sollten nach Polen reisen und schauen, was da los ist", forderte Kubot die Journalisten auf, "ich glaube, Tennis ist da gerade sehr populär."
Auf zwei Kanälen zeigt das polnische Fernsehen die Spiele in Wimbledon, das hat es nie zuvor gegeben. Allerdings war auch nie zuvor ein polnischer Profi im Herrentennis so erfolgreich. Bis Janowicz und Kubot kamen, hatten es sogar erst zwei Spieler ins Viertelfinale eines Grand Slams geschafft. 1939 gelang es Ignacy Tloczynski in Roland Garros, Wojtek Fibak stand viermal unter den besten Acht, 1980 auch einmal in Wimbledon.
Training bei minus zehn Grad
Anders ist es im Damentennis: Dort sorgten die Radwanska-Schwestern in den vergangenen Jahren für Aufsehen, und Agnieszka kam 2012 in Wimbledon ins Finale. "Es hat alles mit Agnieszka begonnen. Vielleicht haben wir da realisiert, dass auch wir gute Resultate erzielen können", sagte der 22 Jahre alte Janowicz, der in seiner Kindheit in einer dieser typisch polnischen Ballonhallen spielte. Ohne Heizung, im Winter bei Außentemperaturen von Minus zehn Grad. Dennoch hat er sich bis auf Platz 22 der Weltrangliste vorgearbeitet und ist damit der beste von nur fünf polnischen Spielern unter den Top 500.
Zu verdanken hat er seinen Aufstieg den Eltern. Vater und Mutter waren professionelle Volleyballer, die ihr Vermögen und ihre Zeit in die Karriere des 2,03 Meter großen und 91 Kilogramm schweren Sohnes investierten. Zu Beginn unterstützte ihn zudem ein Unternehmen, das auch Radwanska förderte. Die Weltranglistenvierte lernte das Tennisspielen von ihrem Vater Peter Radwanski. Auf der Anlage des Tennisclubs Grün-Gold Gronau, bei dem Radwanski arbeitete, schlugen Agnieszka und ihre Schwester Urszula, derzeit die Nummer 44 im Ranking, ihre ersten Bälle.
Viele Top-Spielerinnen mit polnischen Wurzeln
Immerhin zehn Polinnen stehen unter den besten 500 der Welt, doch nach den Radwanska-Schwestern kommt erst einmal lange nichts. Wobei: Auch Sabine Lisicki, Angelique Kerber und die Dänin Caroline Wozniacki haben polnische Wurzeln. So gesehen ist Polen seit Jahren die Top-Nation im Damentennis.