Tour de France Greipel und Knees top, Martin im Pech
Etappenerfolge für den Sprint-Star, Edelhelfer für den Gesamtsieger, aber auch Stürze, Krankheiten und unerfüllte Hoffnungen: Die 99. Tour de France hätte für die deutschen Profis kaum unterschiedlicher verlaufen können. Während die einen die Tour ihres Lebens fuhren, drohen für andere nach der Pechsträhne bei der Frankreich-Rundfahrt auch die Olympischen Spiele in London zu einer Enttäuschung zu werden. Zu den großen Gewinnern zählt zweifelsohne André Greipel.
"Die Tour hätte nicht viel besser laufen können", sagte der Top-Sprinter vom Team Lotto-Belisol. Das Kraftpaket, den sie aufgrund seiner bulligen Statur auch den "Gorilla" nennen, rückte in den illustren Kreis der deutschen Radprofis auf, die mindestens drei Etappen bei einer Frankreich-Rundfahrt gewonnen haben: Vor Greipel war dies nur Rudi Altig (3/1962, 3/1966), Dietrich Thurau (5/1977), Erik Zabel (3/1997, 3/2001) und Jan Ullrich (3/1998) gelungen.
Sieberg und Knees erstklassige Helfer
Einen großen Anteil an Greipels Erfolg hatte Marcel Sieberg. Als Teil des starken Lotto-Sprintzuges bereitete er seinem langjährigen Freund die Siege mustergültig vor. "Er ist einer der besten und schnellsten Anfahrer, die man sich vorstellen kann", sagte Greipel. Eine vergleichbare Anerkennung wurde Christian Knees zuteil. Beim überragenden Team Sky um den Gesamtsieger Bradley Wiggins war es Knees, der seinen Kapitän mit seinem feinen Gespür aus den Stürzen der ersten Tour-Woche heraushielt.
Der baumlange Knees (1,94 Meter) war Wasserträger, Tempobolzer, fuhr in den Bergen das Feld auseinander und hatte so einen entscheidenden Anteil am Erfolg der britischen Mannschaft. "Es ist ein großartiges Gefühl, Teil dieses Teams zu sein. Ich habe meine Nominierung durch meine Leistungen gerechtfertigt", sagte Knees.
Voigt peilt 16. Tour an
Erneut überragend war auch die Vorstellung von Altmeister Jens Voigt. Mit 40 Jahren der älteste Fahrer im Peloton, fuhr der Berliner wie zu besten Zeiten, war häufig an der Spitze des Feldes zu finden und versuchte sein Glück in Ausreißergruppen. Dabei verfehlte Voigt, durch seine 15. Tour zum deutschen Rekord-Teilnehmer aufgestiegen, auf der 10. Etappe als Drittper nur knapp seinen dritten Tagessieg und eine kleine Sensation. Als es darauf ankam, übernahm Voigt zudem Verantwortung.
Nach Bekanntwerden der positiven Dopingprobe seines Kapitäns Frank Schleck war er es, der sich als einer der wenigen Profis von RadioShack-Nissan der Presse stellte. Voigt hat sein Karriereende ein weiteres Jahr verschoben. Die Jubiläumstour 2013 findet vielleicht auch mit "The Jensie" statt: "Ich muss sehen, ob ich es nochmal zur Tour schaffe. Ich werde es jedenfalls probieren."
Seuchentour für Martin
Zeitfahrweltmeister Tony Martin haderte derweil mit seinem Schicksal. Reifenplatzer, Sturz und Schmerzen - Martin, der sich Hoffnungen auf das Gelbe Trikot nach dem Prolog in Lüttich gemacht hatte, erlebte eine regelrechte Seuchentour. Erst hatte ihn ein Defekt den Sieg in Belgien und das "Maillot jaune" gekostet, dann stürzte er auf der ersten Etappe und brach sich das Kahnbein an der linken Hand.
Auch das erste lange Zeitfahren nach Besancon, für das er sich eine Woche lang durch die Tour gequält hatte, endete mit einer Panne. Für Martin bedeutet das Desaster in Frankreich wohl auch das Ende seiner Gold-Hoffnungen für Olympia. In London wollte er beim Zeitfahren am 1. August um den Sieg fahren. "Ich habe unter Belastung immer noch Schmerzen. Eine Medaille zu gewinnen, wäre fast schon ein Wunder", sagte Martin.
Kittel im Pech
Großes Pech hatte auch Tour-Debütant Marcel Kittel. Der Sprinter vom Team Argos-Shimano war mit großer Ehrfurcht, aber auch großen Ambitionen in seine erste Tour gegangen. Um den Sieg mitzusprinten war das Ziel, ein Etappensieg der große Traum. Doch schon nach dem ersten Wochenende plagte sich der 24-Jährige mit einem hartnäckigen Magen-Darm-Infekt und musste bereits auf der 5. Etappe entkräftet aufgeben. "Meine erste Tour habe ich mir natürlich anders vorgestellt", sagte Kittel.