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Berlin-Marathon 2019; Hahner-Zwillinge: "Wenn sie durchs Brandenburger Tor läuft, laufen die Tränen"


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Hahner-Zwillinge über Berlin-Marathon
"Wenn sie durchs Brandenburger Tor läuft, habe ich Gänsehaut und mir laufen die Tränen"

  • T-Online
InterviewVon Alexander Kohne

29.09.2019Lesedauer: 5 Min.
Völlig erschöpft: Lisa Hahner (l.) nahm ihre Zwillingsschwester Anna beim Berlin-Marathon 2017 im Ziel in Empfang.Vergrößern des Bildes
Völlig erschöpft: Lisa Hahner (l.) nahm ihre Zwillingsschwester Anna beim Berlin-Marathon 2017 im Ziel in Empfang. (Quelle: dpa)

Ihr Zieleinlauf bei Olympia 2016 ging um die Welt. Nun wollen die Marathon-Zwillinge Lisa und Anna Hahner erneut zu den Spielen. Beim Traditionsrennen in Berlin ist nur eine am Start. Allein fühlt sie sich aber nicht.

Es war ein Bild, dass um das um die Welt ging: Hand in Hand und mit breitem Grinsen überquerten die Zwillinge Lisa und Anna Hahner die Ziellinie beim olympische Marathonlauf 2016. Dadurch wurden die beiden gebürtigen Hessinnen auf einen Schlag bekannt.

Nach schwierigen, von Verletzungen geprägten Monaten arbeiten die 30-jährigen Schwestern aktuell daran, auch 2020 in Tokio gemeinsam an den Start gehen zu können. Bei Deutschlands bekanntestem Marathon am heutigen Sonntag in Berlin (ab 09.15 Uhr u.a. bei ARD und Eurosport) geht offiziell allerdings nur Anna Hahner an den Start.

t-online.de: Sie gelten als unzertrennlich. Warum treten Sie nicht gemeinsam beim Berlin-Marathon an?

Lisa Hahner: Das war ursprünglich die Idee und wir hätten das auch gerne gemacht, aber aufgrund einer Kieferknochen-Entzündung kommt Berlin für mich einfach noch zu früh.

Lisa und Anna Hahner
Die 1989 geborenen Zwillingsschwestern sind mit 17 Jahren durch einen Vortrag von Joey Kelly zum Laufen gekommen. Als Autodidaktinnen feierten sie erste Erfolge. 2016 nahmen beide am Olympischen Marathon teil und belegten die Plätze 81 und 82. Im selben Jahr veröffentlichen sie das Buch "Time to Run". Außerdem entwickelten sie eine Lauf-App und ein Ernährungsprogramm. Im "Hahnertwins Club" bieten sie u. a. Laufeinheiten für Hobbysportler an.

Sie sind trotzdem etwas länger nicht gemeinsam am Start gewesen. Ist dies in der Zukunft geplant?

Anna Hahner: Na klar. Spätestens bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio (lacht). Da wollen wir auf jeden Fall wieder gemeinsam dabei sein. Und eventuell schon im Frühjahr. Davon abgesehen habe ich nicht das Gefühl, dass ich in Berlin alleine laufe. Denn wenn ich laufe, ist Lisa immer dabei.

Lisa Hahner: Und umgekehrt. Aber auf der Strecke sieht man nur eine von uns (lacht).

Was macht den Berlin-Marathon aus?

Anna Hahner: Der Berlin-Marathon ist einfach eine Institution. Es gibt keine andere deutsche Stadt, in der der Marathon so angenommen wird. So wie in Berlin werden die Läufer nirgendwo anders gefeiert. Wenn man an der Startlinie steht, über 40.000 Läufer hinter einem stehen, man Tausende Zuschauer am Streckenrand sieht und dann über die leere Straße des 17. Juni zur Goldelse (die Berliner Siegessäule, Anm. d. Red.) schaut – das ist schon Wahnsinn.

Lisa Hahner: Der Marathon ist in der Stadt dann förmlich greifbar. Das ist so eine krasse Energie. Auch wenn ich den Berlin-Marathon noch nie gelaufen bin, fühlt es sich so an, als ob ich diversen Male selbst dabei gewesen bin. Natürlich auch, weil ich Anna begleite.

Inwiefern?

Lisa Hahner: Auch in diesem Jahr fahre ich mit dem Fahrrad die ersten gut 40 Kilometer nebenher. Außerdem reiche ich ihr am Verpflegungsstand die Trinkflaschen. Und am Ende warte ich am Brandenburger Tor. Jedes Mal, wenn sie durchs Brandenburger Tor läuft, habe ich Gänsehaut und mir laufen die Tränen. Und das ist es einfach, was den Berlin-Marathon ausmacht.

Im Vergleich zu Ihrer Schwester leben Sie mittlerweile in der Hauptstadt und kennen die Strecke daher sehr gut. Geben Sie ihr Tipps?

Lisa Hahner: Während des Wettkampfs natürlich nicht. Da tauschen wir uns nur beim Versorgungsstand über Blickkontakt aus. Abgesehen davon ist Anna die Strecke im Vergleich zu mir ja schon fünfmal gelaufen, kennt diese also auch sehr gut.

Was macht den Kurs aus?

Anna Hahner: Das ist ganz klar eine Rennpiste.

Lisa Hahner: Super flach und dadurch sehr, sehr schnell.

Anna Hahner: Da werden einfach immer sehr schnelle Zeiten gelaufen. Und so wie es jetzt aussieht, sind die Temperaturen gut. Wenn man dann noch den Regen ausstellen könnte, wäre es perfekt (lacht).

Was ist Ihr Ziel?

Anna Hahner: Das Minimalziel ist, gesund über die Ziellinie zu kommen – das ist auch das große Ziel für 2019, nachdem ich 2018 oft verletzt war. Zeittechnisch geht es natürlich um die Olympianorm von 2:29,30 Stunden. Die möchte ich in Berlin knacken. Im Frühjahr in Düsseldorf bin ich 2:36,00 Stunden gelaufen. Bis zur Olympianorm ist es natürlich ein Riesensprung. Aber meine Bestzeit liegt bei 2:26,44 Stunden – mein Körper weiß also, wie es sich anfühlt, so schnell zu laufen. Außerdem fühle mich sehr stark und sehr fit.

Mal ganz konkret: Knacken Sie die Norm in Berlin?

Anna Hahner: Ja.

Und wie steht es mit einer konkreten Platzierung?

Lisa Hahner: Bei einem Rennen wie in Berlin sollte man sich keinen Platz vornehmen. Da es um die Olympianorm geht, steht die Platzierung eh an zweiter Stelle. Und dann wäre da ja noch die Frage: Ist ein sechster Platz mit einer schlechteren Zeit wirklich besser als ein zehnter Platz mit einer besseren Zeit?

Anna Hahner: Genau. Dazu kommt, dass Berlin krass auf Zeiten ausgelegt ist. Es gibt andere Marathons, die den Fokus eher auf das Duell Frau gegen Frau legen – aber in Berlin steht die Zeit über allem. Von daher ist sie wichtiger, als die Platzierung.

Kommen wir zur Konkurrenz: Wer gehört zu den Siegfavoritinnen?

Anna Hahner: Das Frauenfeld ist so gut besetzt wie noch nie. Das sieht man schon, wenn man in die Bestzeiten durchgeht. Mit meinen 2:26,44 Stunden liege ich in der ewigen deutschen Bestenliste auf Platz sieben, beim diesjährigen Berlin-Marathon allerdings nur auf Rang zwölf. Das zeigt, wie hoch das Leistungsniveau ist. Aber das finde ich cool – denn dann ist richtig was los auf der Strecke.

Nochmal zum Favoritenkreis: Gladys Cherono aus Kenia möchte ihren dritten Berlin-Sieg einfahren möchte. Damit würde sie mit Uta Pippig gleichziehen. Ist Cherono die Top-Favoritin?

Lisa Hahner: Bei meinem Trainer (Dieter Hogen, der Pippig lange trainiert hat; Anm. d. Red.) würde ein Sieg von ihr sicher nicht nur Begeisterung hervorrufen (lacht). Im Ernst: Sie ist sicherlich die Top-Favoritin, aber ob sie letztendlich gewinnt, ist eine ganz andere Fragen – denn es ist halt Marathon. Da kann so viel passieren. Und das macht eben den Reiz aus.

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Anna Hahner: Außerdem kennt man die Vorbereitung der anderen nicht. Hatten sie Probleme dabei? Spätestens bei Kilometer 35 merkt man, wenn die Vorbereitung nicht so flüssig gelaufen ist. Aber das wird natürlich keine der Favoritinnen vorher sagen. Da lässt sich niemand in die Karten schauen.


Wer hat von den anderen Deutschen die besten Chancen?

Anna Hahner: Ganz klar Malet Kejeta. Die ist seit Frühjahr Deutsche und der breiten Öffentlichkeit deshalb vielleicht noch nicht so bekannt hier. Mit einer Halbmarathon-Bestzeit von 68 Minuten hat sie allerdings bereits für Aufsehen gesorgt. Da ist sie mir auch klar überlegen. Was ich ihr allerdings voraus habe, sind elf Marathons. Aber auch wenn sie in Berlin ihr Marathon-Debüt feiert, gehe aber davon aus, dass sie ein schnelles Rennen laufen wird.

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