Keine Anweisungen mehr Boxenfunk für F1-Teams ab sofort verboten
Reifen schonen, Sprit sparen, Motor-Drehzahl beachten - in Zukunft müssen die Formel-1-Piloten auf Hinweise wie diese vom eigenen Team verzichten. Denn FIA-Rennleiter Charlie Whiting macht ernst: Die F1-Teams dürfen ihren Fahrern ab sofort keine Anweisungen mehr über Boxenfunk geben. Nachdem in den vergangenen Tagen bereits darüber spekuliert wurde, ist das Verbot nun offiziell und gilt für die letzten sechs Saisonrennen.
Die FIA beruft sich dabei auf Artikel 20.1 des Sportlichen Reglements, der nicht geändert, aber "ab sofort geltend gemacht wird".
Der Artikel im Wortlaut: "Demnach darf kein Gespräch über Funk von der Box zum Fahrer irgendwelche Informationen beinhalten, die sich auf die Performance des Autos oder des Fahrers beziehen. Die FIA weist ebenfalls darauf hin, dass Datenübermittlung von der Box zum Auto durch Artikel 8.5.2 des Technischen Reglements der Formel 1 verboten ist".
Whiting droht mit sofortigen Strafen
Die strikte Umsetzung des Regelwerks mit deutlich reduziertem Funkverkehr wirft nach Ansicht von Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff viele Fragen auf. "Die Direktive ist noch nicht vollständig klar, und es wird unvermeidlich sein, dass es einige Kontroversen darum geben wird", sagte der 42-Jährige.
Glauben die Teams, sich mit verklausulierten Botschaften oder mit Mitteilungen in anderen Sprachen als der üblichen englischen aushelfen zu können, wird auch das Konsequenzen haben. Whiting stellte klar, dass bei Zuwiderhandlungen gegen die Festlegung keine Warnungen ausgesprochen werden, sondern umgehend Strafen. "Vorausgesetzt unsere Richtlinien sind klar, sehe ich keinen Grund für eine Warnung", sagte Whiting.
Wolff: "Komplexe und kontroverse Entscheidung"
Laut Wolff würden aber weitere Klarstellungen benötigt, "inwieweit die grundlegenden Abläufe auf der Strecke davon betroffen sein werden", betonte der Österreicher. Dies gelte besonders für den Start des Rennens. Was die sogenannte Formationsrunde vor dem Start betrifft, stellte Whiting allerdings auch bereits klar: "Die fällt wie alle anderen Informationen zur Bedienung des Autos unter Artikel 20.1. Also nicht erlaubt." In dem Umlauf vor dem Erlöschen der Ampeln werden praktisch alle Funktionen des Wagens noch einmal durchgespielt.
Die verschärfte Null-Toleranz-Maßgabe in Sachen Boxenfunk wird nicht nur während der Rennen gelten, sondern am gesamten Rennwochenende. "Dabei handelt es sich um eine komplexe und kontroverse Entscheidung. Alle Teams stehen nun der großen Aufgabe gegenüber, zu verstehen, wie wir damit bestmöglich umgehen können", sagte Wolff. Erlaubt bleibt es den Kommandoständen immerhin, ihren Fahrern Anweisungen zum Überholen oder Überholenlassen eines Teamkollegen zu geben.
Imagedebatte löst Diskussion aus
Anstoß der Maßnahme war eine Imagedebatte der Formel 1. Demnach wurde die Außenwirkung der Funksprüche kritisiert, da sie den Eindruck erweckten, die weltbesten Piloten müssten sich immer wieder von ihren Technikern erklären lassen, wie sie zu fahren haben.
Das Thema wurde in der F1 zuletzt kontrovers diskutiert. McLaren-Rennleiter Eric Boullier hatte sich skeptisch geäußert. Schließlich gäbe es Funksprüche schon seit jeher. "Das Problem ist neu, weil es jetzt im Fernsehen übertragen wird", sagte er bei "Autosport". Der Franzose plädierte vielmehr für weitgehende Veränderungen. "Warum setzen wir nicht auf eine andere Regel, die die Sache einfacher macht und dem Piloten erlaubt, sich wieder mehr zu verwirklichen. Das wäre besser", sagte er.
Ex-Weltmeister Prost: "Das kann es nicht sein"
Mehr verwirklichen können sich die Fahrer nun, sie müssen es sogar. Freuen wird dies auch Ex-Weltmeister Alain Prost. "Wenn ich etwas Negatives über die aktuelle Formel 1 zu sagen habe, dann sind es die Funksprüche", hatte der Franzose gegenüber "Autosport" kürzlich angeprangert. Funksprüche würden das Fahren "zu einfach" machen und den Eindruck erwecken, das Rennen würde "von jemand anders als vom Fahrer gesteuert".
Außerdem störte es Prost, wenn sich Piloten per Funk über ihre Konkurrenten beschweren, um Druck auf Rennleiter Whiting auszuüben. "Das kann es nicht sein, wenn sie sagen: 'Er hat mich berührt, was soll ich tun? Sagt es Charlie Whiting, sagt Charlie, dass er ihn bestrafen soll.' Das sollte gestrichen werden", forderte der Franzose.
Auch Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen dürfte das Verbot der Fahrtipps begrüßen. Noch im Dienst bei Lotus hatte er einst die Anweisung des Renningenieurs mit dem legendären Satz gekontert. "Lass mich einfach in Ruhe, ich weiß, was ich tue."