Gekaufte Spieler und Fans Katars WM-Erfolge verkommen zur Farce
Das Bild wirkte befremdlich: Goran Stojanovic und seine Kameraden standen Arm in Arm am Mittelkreis der protzigen Lusail-Arena von Doha und sangen voller Inbrunst die katarische Nationalhymne "as-Salam al-Amiri", "Es lebe der Emir." Anschließend brannten die internationalen Handball-Söldner in Diensten des Emirats ihr nächstes Feuerwerk ab, besiegten auch den WM-Vierten Slowenien mit 31:29.
"Das hat keiner von uns erwartet, wir befinden uns in einer Euphorie", jubelte Torhüter Stojanovic nach dem historischen dritten Sieg im dritten Turnierspiel, "wir müssen nun aber schnell wieder auf den Teppich kommen. Wir haben noch zwei schwere Spiele in der Gruppe." Das Topspiel steigt heute Abend: Dann trifft der Asienmeister auf Titelverteidiger Spanien.
Doch während der katarische Verband den besten WM-Start seiner Geschichte und den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale feiert, wächst die Kritik an den Erfolgen der Multi-Kulti-Truppe des Gastgebers. Die skurrilen Einbürgerungspraktiken im Handball stehen mehr denn je auf dem Prüfstand.
"Wir müssen so viel wie möglich verdienen"
Stojanovic steht beispielhaft für das Heer der vielen kurzfristig eingebürgerten Spitzenkräfte, die das katarische Handball-Märchen erst möglich machen. Gerade einmal vier Spieler im Kader des spanischen Star-Trainers Valero Rivera sind echte Einheimische, der Rest kommt aus Ländern wie Frankreich, dem ehemaligen Jugoslawien oder Nordafrika - für Stojanovic kein Problem.
"Handball ist unser Job. Wir müssen versuchen, so viel wie möglich damit zu verdienen", sagte der langjährige Bundesliga-Keeper. Nach der WM werden er und seine Kollegen wohl ausgesorgt haben: So sollen die Spieler, die überwiegend bei katarischen Klubs unter Vertrag stehen, neben ihrem fürstlichen Grundgehalt von monatlich über 30.000 Euro eine Siegprämie von 100.000 Euro für jeden WM-Erfolg einstreichen. Pro Mann, versteht sich.
Antrag auf Änderung offenbar versandet
In der Handball-Szene regt sich allmählich der Widerstand. Die Kritik an der fragwürdigen Regel, nach der jeder Spieler nach drei Jahren ohne Länderspiel den Verband wechseln kann, wird lauter. "Die Europäische Handball-Föderation und ich haben im Herbst 2013 einen Antrag eingereicht, dass Spieler nach dem 21. Lebensjahr nicht mehr die Nationalmannschaft wechseln dürfen. Der sollte bearbeitet werden", klagte der schwedische Spitzenfunktionär Arne Elovsson jüngst in der Tageszeitung "Aftonbladet", "aber seitdem haben wir nichts mehr gehört".
Und so dürfen die Scheichs weiter ungehindert an der Verwirklichung ihrer Vision von der sportlich erfolgreichen Supermacht arbeiten. "Der Sport spielt in der nationalen Agenda Katars, ihrer nationalen Vision für 2030 eine herausragende Rolle", sagte der Sporthistoriker Dr. Christian Wacker, der das Sport- und Olympia-Museum in Doha aufgebaut hat, der ARD.
Verrückt: Spanische Fans jubeln gegen Spanien
Um für die eigene Mannschaft einen lautstarken und für die Fernsehanstalten bildstarken Fanblock zu bilden, hatten sie vor dem Turnier sogar 60 spanische Schlachtenbummler einfliegen lassen und ihnen Flug, Hotel und Eintrittskarten spendiert.
Der vorläufige Höhepunkt des katarischen WM-Irrsinns dürfte heute Abend erreicht werden: Im Spiel gegen Spanien winkt der Multi-Kulti-Truppe des Gastgebers die ganz große Sensation. Die spanischen Fans würden jubeln. Dafür wurden sie schließlich bezahlt.