Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Konsequenzen für Neuer Jetzt wird es absurd

Manuel Neuer verletzt sich beim Jubeln. Ex-Bayern-Keeper Pfaff fordert daraufhin Konsequenzen. Sollte der FC Bayern Neuer nun das Feiern verbieten?
Was für eine absurde Szene! Der FC Bayern liefert gegen Bayer Leverkusen ein starkes Achtelfinalhinspiel in der Champions League ab, führt souverän mit 2:0 – und dann verletzt sich Manuel Neuer. Nicht bei einer spektakulären Parade. Nicht bei einem riskanten Zweikampf. Sondern: beim Jubeln. Der 38-Jährige wollte nach Jamal Musialas Tor euphorisch zu seinen Mitspielern sprinten, doch plötzlich schoss ihm ein stechender Schmerz in die Wade. Diagnose: Muskelfaserriss. Zwei Wochen Pause.
Für den FC Bayern ist das ein Déjà-vu. Neuer ist nicht nur der älteste Spieler im Kader, sondern auch besonders verletzungsanfällig. Erst vor zwei Jahren brach er sich beim Skiwandern das Bein und fiel fast ein Jahr aus. Auch in dieser Saison kämpfte er mit mehreren Blessuren, seine Leistungsfähigkeit schwankt – auch wenn sie sich zuletzt stabilisierte.
Für den ehemaligen Bayern-Torhüter Jean-Marie Pfaff ist klar: Neuer muss künftig auf solche Jubelsprints verzichten. "Das war Spontanität. Das lässt sich schwer verhindern, aber er sollte sich zwingen, solche explosiven Bewegungen künftig zu vermeiden", sagt Pfaff. "Solche Dinge geschehen nicht in jungen Jahren, sondern jetzt – mit 38. Die ‚elektrischen Schläge‘ in den Waden werden häufiger. Das sind Bewegungen für einen jungen Mann. Doch Neuer ist ein schlauer Kerl. Er wird künftig anders jubeln. Und wenn nicht, dann sollte ihm der Verein das nahelegen."
Nach dieser erneuten Verletzung steht also eine Debatte im Raum:
Sollte der FC Bayern seinem Kapitän das Jubeln verbieten?

Ja, Neuer muss ab sofort altersgerecht jubeln
Stellen Sie sich vor, Sie stehen am Sonntagnachmittag bei einem Kreisliga-Kick am Spielfeldrand, essen eine Bratwurst, trinken ein Bier – und beobachten, wie der Torwart der Heimmannschaft nach dem 2:0 vor Freude lossprintet. Dann bleibt er mit schmerzverzerrtem Gesicht stehen. Die Wade macht zu. Auswechslung. Die Zuschauer lachen, einer ruft: "Hättste Dich mal vorher gedehnt, Opa!"
Leider spielte sich diese Szene nicht in der Kreisliga ab, sondern in der Champions League. Und der "Opa" ist kein 45-jähriger Hobbykeeper, sondern Manuel Neuer. Der Manuel Neuer, der immer noch denkt, er sei 25. Der sich vor zwei Jahren beim Skiwandern das Bein gebrochen hat. Und der jetzt wieder ausfällt – nicht wegen einer Glanztat, sondern weil er sich über ein Tor gefreut hat. Der sich als 38-Jähriger ins Jubel-Getümmel stürzt – und zack, Muskelfaserriss. Zwei Wochen Pause. Wahnsinn.
Bayern muss jetzt handeln. Nein, nicht indem sie Neuer ersetzen – dafür ist es zumindest bis zum Saisonende zu spät. Aber der Klub kann ihm sehr wohl klarmachen, dass er in Zukunft gefälligst nicht mehr zum Jubelsprint ansetzt. Kein Sprinten, kein Hüpfen, keine übermotivierten Jubelorgien.
Bayern hat einfach keine guten Torwart-Alternativen. Das bedeutet, dass der Rekordmeister auf Gedeih und Verderb davon abhängig ist, dass Neuer in den wichtigen Spielen fit ist. Und wenn das bedeutet, dass er seine Emotionen ab sofort kontrollieren muss – dann ist das eben so. So komisch das klingen mag.

Nein, das ist doch lächerlich
Manuel Neuer soll das Jubeln verboten werden? Ernsthaft? Die Kritik, die ihm jetzt entgegenschlägt, ist nichts anderes als absurd.
Ja, er hat sich beim Feiern verletzt. Dumm gelaufen. Aber deshalb gleich fordern, dass er künftig nach Toren stoisch auf der Linie stehen bleiben soll? Das ist doch nicht euer Ernst. Fußball ist Emotion – und Emotionen lassen sich nicht einfach abschalten, nur weil ein Spieler 38 ist. Soll Thomas Müller künftig auch aufhören zu grinsen, weil er dabei einen Muskel im Gesicht überlasten könnte?
Natürlich war Neuers Skiunfall 2022 fahrlässig. Natürlich ist er verletzungsanfällig. Aber jetzt zu verlangen, dass er sich wie ein Roboter verhält, geht zu weit. Er ist immer noch ein Führungsspieler, ein Kapitän, eine Identifikationsfigur. Wenn man ihm die Leidenschaft nimmt, nimmt man ihm einen Teil dessen, was ihn ausmacht.
Und mal ehrlich: Wer garantiert denn, dass er sich nicht irgendwann bei einer ganz normalen Parade verletzt? Verbieten wir ihm dann auch das Hechten? Oder die geballte Faust nach einem gehaltenen Elfmeter? Jetzt reicht es langsam. Bayern wird Neuer nicht ewig haben – aber solange er da ist, soll er so spielen und jubeln, wie er will.
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