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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nationalmannschaft im Wandel Er hat an Bedeutung eingebüßt
Bei vielen großen Turnieren beruhte der Erfolg des DFB-Teams auf einem starken FC-Bayern-Block. Doch der Rekordmeister hat so wenig Einfluss wie lange nicht.
Große Klubs prägen für gewöhnlich ihre Nationalmannschaft. So war es oftmals auch in Deutschland, wenn der FC Bayern einen breiten Block an Spielern für das DFB-Team stellte. In diesem Jahr ist jedoch die Präsenz des Rekordmeisters um einiges geringer.
Realistisch betrachtet werden wohl nur zwei Feldspieler in der Startelf von Julian Nagelsmann vom FC Bayern stammen: Jamal Musiala und Joshua Kimmich. Hinzu kommt Leroy Sané als Edeljoker mit Hoffnungen auf Starteinsätze. Die Weiteren im Bunde sind Thomas Müller und Aleksandar Pavlović.
Manuel Neuer steht als Nummer eins fest. Für Leon Goretzka und Serge Gnabry hat es nicht zur Nominierung gereicht, wobei Letzterer aufgrund einer Verletzung ohnehin keine Option mehr war.
Zum Vergleich: Im EM-Achtelfinalspiel gegen England 2021 standen drei Bayern-Spieler in der Startelf und drei weitere kamen von der Bank. Im EM-Halbfinale gegen Frankreich 2016 waren es vier Stammspieler – und jeweils noch Neuer als Torwart.
Doch nicht nur die quantitative Präsenz hat zuletzt abgenommen, der generelle Einfluss des FC Bayern scheint geschwunden zu sein. Kimmich ist anders als 2021 keine prägende Figur mehr im Nationalteam, Musiala teilt sich das Kreativzentrum mit Florian Wirtz, dem zweiten offensiven Ausnahmetalent.
Sané hat an Bedeutung eingebüßt
Wirklich überraschen mag der schwindende Einfluss angesichts einer schwachen Saison, die Bayern auf Rang drei der Bundesliga abschloss, nicht. Zudem standen die Münchner aufgrund der vielen Trainerwechsel zuletzt für keinen dezidierten Spielstil.
Die Mannschaft spielt zwar auf Ballbesitz, aber praktiziert diesen Fußball auf immer wieder wechselnde Art und Weise. Zugleich leiden gerade etwas wechselhafte Spieler wie Sané unter dem ständigen Hin und Her. Der 28-Jährige braucht eine klare taktische Struktur, an die er sich gewöhnen kann.
Noch bei den zwei Testspielen in Nordamerika im Oktober, als Nagelsmann sein Debüt als Bundestrainer gab, war Sané der Unterschiedsspieler in der Offensive. Nun muss er sich hinter Musiala und Wirtz anstellen.
Nagelsmann selbst ist trotz seiner einst umstrittenen Ablösung als Bayern-Trainer im März 2023 natürlich kein Gegner der Bayern-Spieler. Ganz im Gegenteil – er schätzt einige hoch ein. Allerdings gehört Nagelsmann auch zu der Kategorie von Trainern, die sich nicht aufgrund blinder Treue zu Spielern in die Bredouille bringen.
Zudem möchte der Bundestrainer einen schnellen Vertikalfußball mit vielen Nachrückbewegungen praktizieren. Genau dieser Spielstil war von den Bayern selten zu sehen. Thomas Tuchel setzte stärker als Nagelsmann auf Absicherung hinterm Ball. Insofern gibt es auch keine nennenswerten philosophischen Schnittmengen zwischen Nationalteam und langjährigem Ligakrösus. Das war schon mal ganz anders.
- Eigene Recherche