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EM 2024: Alexander Nübel wurde von Nagelsmann überrascht


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Nationaltorhüter spricht offen
"Ich war der Buhmann"

  • Noah Platschko
InterviewVon Noah Platschko

Aktualisiert am 07.06.2024Lesedauer: 5 Min.
imago images 1045825426Vergrößern des Bildes
Manuel Neuer (l.) und Alexander Nübel kennen sich aus gemeinsamen Zeiten in München. (Quelle: IMAGO/Steve Bauerschmidt/imago)
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Mit dem VfB Stuttgart erlebte Alexander Nübel eine Fabelsaison. Unverhofft erwartete ihn eine EM-Nominierung. Doch sein Traum scheint kurz vor dem Ziel geplatzt zu sein.

Die Nominierung kam überraschend. Alexander Nübel, bislang noch ohne einziges Länderspiel, wurde von Julian Nagelsmann zum DFB eingeladen. Das war Mitte Mai. Wie der Bundestrainer auf t-online-Nachfrage verkündete, plane er mit vier Torhütern bei der Europameisterschaft. Ein Kaderplatz schien ihm also sicher.

Eine Woche vor dem EM-Auftakt droht sein EM-Traum nun zu platzen. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, ist Nübel aus dem finalen 26-Mann-Kader für die Europameisterschaft gestrichen worden.

Vor der Entscheidung hatte sich t-online nochmal mit dem Torhüter getroffen. Bereits da hatte er erste Zweifel geäußert, im finalen Kader zu stehen.

t-online: Herr Nübel, Sie gelten als eine der größten Überraschungen im DFB-Kader. Haben Sie sich mittlerweile gut eingelebt im Team?

Alexander Nübel: Für mich ist das nach wie vor sehr aufregend. Die besten Spieler eines Landes kennenzulernen, mit ihnen gemeinsam zu trainieren, das alles bereitet mir große Freude. Ich bin sehr dankbar für die Chance, die ich bekommen habe. Nicht viele Spieler können eine Heim-EM erleben, das ist eine besondere Ehre, ein Privileg.

Julian Nagelsmann hat bereits bei der Kadernominierung Ende Mai verkündet, vier statt drei Torhüter mitnehmen zu wollen – ihr Kaderplatz scheint also sicher. Wann haben Sie davon erfahren?

Tatsächlich auch erst bei der öffentlichen Nominierung; ich wusste nichts von Julians Plan mit den vier Torhütern. Der Torwarttrainer hat mich am Dienstag davor angerufen und mir mitgeteilt, dass ich dabei bin. Ich habe dann auch nicht mehr explizit nachgefragt. Nach der Pressekonferenz war mir dann klar, dass ich wohl länger dabei sein werde.

Nach dem Ukraine-Spiel teilte Julian Nagelsmann mit, dass es kein Spieler verdient habe, aus dem 27-Mann-Kader gestrichen zu werden. Machen Sie sich etwas Sorgen, dass es Sie vielleicht doch erwischen könnte?

Es kann sein, dass das doch noch passiert. Um ehrlich zu sein, weiß ich es einfach nicht. Klar ist, dass auf Feldspielerpositionen während eines Turniers eben mehr gewechselt wird als hinten im Tor. Vielleicht sagt sich Julian jetzt kurz vor dem Start, dass ihm doch drei Keeper reichen, weil er auf dem Feld eine größere Flexibilität haben will. Ich werde bis zur letzten Sekunde alles geben, mehr kann ich nicht machen.

Einer, der mit Ihnen das Schicksal des Bankdrückers teilt, ist Marc-André ter Stegen, der sich auch in diesem Jahr hinten anstellen muss.

Marc hat sich ja schon geäußert, für ihn ist es einfach sehr, sehr bitter. Er spielt Jahr für Jahr unfassbare Saisons. In Deutschland ist es aber seit Jahrzehnten so, dass wir auf der Torhüterposition sehr gut aufgestellt sind. Vor der WM 2006 hat sich der Bundestrainer für einen Wechsel entschieden (von Oliver Kahn zu Jens Lehmann, Anm. d. Red.), jetzt hat Manu abermals das Vertrauen bekommen. Ich bin mir sicher, dass Marc Manu gut unterstützen wird. Auch er weiß, dass der Erfolg über allem steht.

Sie sind auch deshalb bei der Nationalmannschaft dabei, weil Sie mit dem VfB eine herausragende Saison gespielt haben, die mit der Vizemeisterschaft endete. Wann haben sie ernsthaft daran geglaubt, dass es in der Champions League enden könnte?

In der Hinrunde haben wir alle gedacht: "Es läuft mega, wir müssen den Flow mitnehmen." Als wir dann das zweite Rückrundenspiel zu Hause gegen Leipzig mit 5:2 deutlich für uns entscheiden konnten, wurde mir klar, dass wir Großes erreichen können. Da wussten wir, dass wir jeden schlagen können. Generell sind wir im heimischen Stadion sehr stark aufgetreten. Wir haben in jedem Heimspiel ein Tor erzielt und nur ein einziges Spiel, gegen Hoffenheim, verloren – und das auch noch unverdient.

Ihr Spielstil beim VfB ist ein sehr riskanter, Sie lassen sich immer stark anlaufen und versuchen, spielerisch eine Lösung zu finden. Wie sehr hat sich Ihr Torwartspiel in dieser Saison verbessert?

Ich würde sagen, dass ich deutlich konstanter geworden bin. Die vielen Gespräche und das Vertrauen, das ich vom Trainer bekommen habe – das hat mir sehr geholfen, um auf Top-Niveau erfolgreich spielen zu können. Ich wollte vor der Saison explizit zurück nach Deutschland, wollte mein persönliches Umfeld wieder näher bei mir haben. Auch das hat dazu beigetragen, dass ich den nächsten Schritt machen konnte.


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Ich war der Buhmann. Aber irgendwo hat es mich vielleicht auch abgehärtet.


Alexander Nübel über die Zeit in Monaco


Auf einer Pressekonferenz in Blankenhain haben Sie davon erzählt, bei ihrem Ex-Klub in Monaco nicht der beliebteste gewesen zu sein. Woran haben Sie das festgemacht?

An den Pfiffen der Heimfans. Innerhalb der Mannschaft war es in Ordnung, aber auch da war ich nicht der beliebteste – zumindest, wenn man die Jungs aus Frankreich fragen würde. Woran es genau lag, kann ich nicht sagen. Ich glaube, dass sich viele von der Berichterstattung der Medien haben anstecken lassen. Ich habe sehr schlechte Presse in Frankreich bekommen – und wer Französisch spricht, konnte das dann auch lesen.

Haben Sie sich als Sündenbock gefühlt?

Für Fans und Medien war ich der Buhmann. Es gibt ein Blatt in Frankreich, das, glaube ich, größer ist als jedes Blatt in Deutschland. Ständig negative Presse zu bekommen war nicht schön, aber irgendwo hat es mich vielleicht auch abgehärtet.

Hatten Sie auch Heimweh?

Heimweh hatte ich immer. Ich habe meine Familie und meine Freunde eigentlich ständig vermisst. Trotzdem möchte ich betonen, dass ich eine gute Zeit in Monaco hatte, habe in zwei Jahren fast 100 Spiele gemacht. Ich habe viele Leute kennengelernt, die mich weitergebracht haben, und bin als Typ gereift, weil ich keine Komfortzone mehr hatte. Es war auf keinen Fall ein Fehler, dorthin gewechselt zu sein.

Apropos Fehler: War ihr Wechsel 2020 vom FC Schalke zum FC Bayern ein Fehler?

Nein.

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Sie haben kaum gespielt. Gerade bei jungen Torhütern heißt es doch, dass sie viel Spielzeit brauchen.

Die Leute mögen von einem verlorenen Jahr sprechen. Ich habe dort nichts verloren. Auf dem Niveau trainieren zu können, hat mich weitergebracht. Egal, von welcher Bundesliga-Mannschaft du als Torwart zum FC Bayern wechselst: Du machst auf jeden Fall einen Sprung. Ich habe meine Anpassungszeit gebraucht. Aber auch diese Zeit hat mich zu dem Torhüter gemacht, der ich heute bin.

Sind Sie nicht davon ausgegangen, mehr zu spielen?

Doch schon, die Hoffnung war da. Mir war aber auch klar, dass Manuel Neuer mein Konkurrent ist und ich mich hinten anstellen musste. Ich wollte lernen und alles Mögliche von Manu mitnehmen. Auch hier, bei der Nationalmannschaft, lerne ich jeden Tag von ihm. Das muss man aufsaugen.

Anmerkung: Das Interview wurde vor den Berichten vom Freitag, dass Alexander Nübel aus dem finalen EM-Kader gestrichen wird, geführt.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Alexander Nübel
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