Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Suche nach einem Bundestrainer Der Wachküsser einer halbtoten Mannschaft
Fußball-Deutschland wartet gespannt darauf, wen der DFB als Flicks Nachfolger präsentiert. Ist doch ganz einfach: Bleibt bei Rudi Völler, der ein Händchen für die richtigen Spieler hat.
Gestern haben sie wieder seinen Namen in Dortmund gesungen, wie sie seinen Namen immer schon gesungen haben: Ruuuudi Völler. Und wenn es eine Volksabstimmung unter den Anhängern des deutschen Fußballs gäbe, wer Bundestrainer werden soll, dann bekäme der Ruuuudi Völler knapp unter 100 Prozent.
Das hat er nun davon. Sie wollen ihn behalten, weil die Mannschaft, die er zusammenstellte, endlich mal wieder gewonnen hat, endlich mal wieder schöne Tore geschossen hat, endlich mal wieder das Publikum mit sich gerissen hat – was in Dortmund, zugegeben, leichter ist als anderswo, aber egal. Was für eine Erleichterung, welch Balsam auf unseren Seelen.
Einer wie keiner
Der junge Rudi Völler, da hatte er noch diese enorme Matte auf dem Kopf, sagte mal einen Satz, der nach Angabe klingt, aber zutrifft: Ich bin einer, der noch nicht da war. Er meinte seine Eigenart zu spielen, denn er war ja nicht der riesengroße Mittelstürmer, er musste sich also etwas ausdenken, um seine Tore zu schießen, genauso wie sein großer Vorgänger Gerd Müller. Er bugsierte den Ball mit sämtlichen Körperteilen ins Tor, er ließ sich immer einiges einfallen.
Heute ist er immer noch einer wie keiner. Ein erfahrener Fahrensmann, weitergereist aus Offenbach über Bremen nach Rom (Spielführer in dieser uritalienischen Mannschaft!) und Marseille. Er war alles, was man nur sein kann: Opfer einer Spuckattacke (Rjikard!), Weltmeister, Trainer einer deutschen Vize-Weltmeister-Elf, Wut-Redner gegen den beamtenhaften Gerhard Delling, Sportdirektor – und jetzt also Interimstrainer zum Wachküssen einer halb toten Mannschaft.
Ob sich Nagelmann das antut?
Geht noch mehr? Ginge nur, wenn er wollte. Fürs Wollen braucht es nicht viel. Glauben wir ernsthaft, dass sich Julian Nagelsmann im zarten Alter von 36 Jahren den Job als Bundestrainer antut? Könnte nur sein, wenn er es sich nicht zutraut, den nächsten trainerlosen Verein in London (Chelsea) oder Spanien (nach Ancelotti bei Real Madrid) zu übernehmen.
Wer wäre sonst noch da? Oliver Glasner: ein Österreicher! Stefan Kuntz? Müsste erst vom türkischen Verband geschasst werden. Das wars schon, im Wesentlichen.
Gerhard Spörl interessiert sich seit je her für weltpolitische Ereignisse und Veränderungen, die natürlich auch Deutschlands Rolle im internationalen Gefüge berühren. Er arbeitete in leitenden Positionen in "Der Zeit" und im "Spiegel", war zwischendurch Korrespondent in den USA und schreibt heute Bücher, am liebsten über historische Themen.
Da der DFB nicht vorgesorgt hat, zum Beispiel durch verschärftes Nachdenken über einen Plan B, ist es fast wahrscheinlich, dass Aki Watzke und Bernd Neuendorf Völler demnächst bearbeiten werden: Du, Rudi, du hast es so gut gemacht, mach’s doch noch ein bisschen weiter so gut, nur noch die EM im nächsten Jahr, denn, weißt du, dann haben wir mehr Zeit, einen richtig guten Trainer zu finden.
Der Gemütsmensch macht vieles richtig
Es gibt nur ein’ Rudi Völler und der ist ein Gemütsmensch, ein Arbeiterkind, das weiß, worauf es im Leben ankommt – zum Beispiel, dass Fußball eine Sache ist, die mit Kopf und Herz gespielt wird, mit Mut und Leidenschaft. So einer macht eben immer mal vieles richtig, indem er Jonathan Tah und Benjamin Henrichs aufstellt, wobei sicherlich die Abwesenheit von Joshua Kimmich dem deutschen Spiel guttat, was denn sonst? Er hat unsere Seele gestreichelt und uns allen ein sehr ansehnliches Spiel gegönnt, wie schön.
Also, liebe Leute vom DFB, wenn ihr nicht eine ganz tolle Lösung präsentieren könnt, bleibt doch einfach erst mal bei Ruuuudi Völler!