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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Datenanalyse und besonderes Training Klopps Rehatrainer verrät Details zur Arbeit mit den Spielern
Die vergangene Saison des FC Liverpool war geprägt von Verletzungen. Auch deshalb holte Jürgen Klopp Andreas Schlumberger ins Team. t-online erklärt der Rehaexperte, worauf es bei seiner Arbeit ankommt.
Die vergangene Saison endete für den FC Liverpool mit einem kleinen Happy End. Am letzten Spieltag gelang den "Reds" noch der Sprung in die Champions League-Ränge der Premier League. Cheftrainer Jürgen Klopp hatte noch im März davon gesprochen, dass ein neuerliches Erreichen der Königsklasse nahezu unmöglich wäre. Klopps ungewohnter Pessimismus war vor allem dadurch begründet, dass Liverpool mit großem Verletzungspech zu kämpfen hatte und zwischenzeitlich ins Mittelfeld der Liga zurückgefallen war.
Angesichts der vielen Verletzten – allen voran fehlten Abwehrchef Virgil van Dijk sowie dessen Verteidigerkollegen Joe Gomez und Joel Matip – hatte ein Mann in den zurückliegenden Monaten alle Hände voll zu tun: Rehatrainer Andreas Schlumberger. Einigen Bundesligafans mag der Name bekannt vorkommen. Schlumberger war zuletzt für Schalke 04 und davor in den medizinischen Abteilungen von Borussia Mönchengladbach und Bayern München tätig. Er und Klopp kennen sich noch aus gemeinsamen Dortmunder Tagen.
Eingewöhnungszeit nicht nötig
In Liverpool gab es ein Wiedersehen in einer Phase, als Schlumbergers Rat mehr denn je gebraucht wurde. Der 54-Jährige ist einer der führenden Experten, wenn es um die Reha von Profifußballern geht. "Ich war von Anfang an dabei – einerseits zu beobachten und andererseits der Fitnessabteilung Input zu geben. Ständig kam ein Spieler aus der Reha zurück. Der wird dann in der Vorbereitung vorm Training spezielle Dinge tun, die mit der gerade zu Ende gegangenen Verletzung zu tun haben", erklärt Schlumberger.
Der andere Aufgabenbereich betraf die unmittelbare Arbeit in der Reha. Eingewöhnungszeit hatte und brauchte er in Liverpool nicht. "Schon drei Tage nach meiner Ankunft ging die erste Reha eines Neuverletzten los. Da ist es einfach, direkt mit 100 Prozent dabei zu sein." Eine seiner speziellen Aufgaben bestünde dann darin, die letzte Rehaphase, bevor es wieder in den Wettkampf zurückgeht, zu optimieren.
Datenanalyse spielt wichtige Rolle
"Es ist kein Unterschied, ob ich in der Bundesliga oder Premier League arbeite. Prinzipiell ist die Arbeitsweise, nach denen man Fortschritte bei der Reha bemisst auf einem qualitativen Level genauso", fügt der Schwabe an. Allerdings ist Liverpool selbst kein ganz normaler Verein. Während des Aufschwungs unter Klopp, der unter anderem mit dem Gewinn der Champions League 2019 belohnt wurde, gab es von vielen Seiten Lob für die Scoutingarbeit der "Reds". In Sachen Datenanalyse etwa ist Liverpool führend im europäischen Fußball.
Wie ist das in der Fitness- und Rehaarbeit? "Daten spielen auf alle Fälle im präventiven wie auch allgemein im Performancebereich eine große Rolle. Ich würde aber nicht sagen, dass beispielsweise die Bundesliga in Relation abfällt. Es hängt von den Trainerteams ab", meint Schlumberger. "Generell kann man sagen, dass man versucht, sehr objektiv und datenbasiert vorzugehen. Das ist ein dynamischer Prozess, weil es dafür keine allgemeinen Wahrheiten gibt."
Ein netter Nebeneffekt der Datensammlung besteht darin, dass die Vereine diese Werte an die Nationalverbände weitergeben können, wenn Spieler zu den Nationalmannschaften reisen. "Vor den Länderspielpausen gehen von uns alle medizinischen Informationen direkt an die Fitnesstrainer oder Head of Performance der Nationalmannschaften. Das ist bei allen Vereinen absolut normal", erklärt Schlumberger.
Training wird auf die Belastung des Spielers zugeschnitten
Die Nationalteams hätten im Performance- und Fitnessbereich in den letzten 15 Jahren aufgerüstet. Nun werde etwa vor Turnieren mit den einzelnen Spielern viel individueller trainiert. Auch bei der DFB-Auswahl wurde im EM-Trainingslager in Seefeld das Programm so abgestimmt, dass eben nicht jeder Kicker einfach stumpf die Einheiten absolvieren muss. Für die Individualisierung des Trainings helfen die Informationen über die Belastung des Spielers, die er zuvor in der Saison bewältigen musste.
Während für einige Liverpooler Profis im Sommer mit der EM der Saisonhöhepunkt anstand, ging auch für Schlumberger die Arbeit weiter. "Wir hatten mehrere Langzeitverletzte, für die die Sommerpause die letzte Rehaphase war. Wir haben Anfang April angefangen, die Sommerpause zu planen, als wir absehen konnten, wen wir im Sommer als Patient haben."
Das bedeutet, für jeden Spieler gab es einen minutiösen Plan für die sieben Wochen der Sommerpause. Denn: Dem Zufall wird auf diesem Niveau nichts überlassen.
- Gespräch mit Andreas Schlumberger
- Transfermarkt.de: Profil von Andreas Schlumberger