Ärger wegen Türkei-Likes Nationalspieler Gündogan: "Fühlt sich nicht wie Zufall an"
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ein Jahr nach dem Wirbel um die Erdogan-Bilder hat der DFB eine neue Foto-Affäre. Dabei stehen Ilkay Gündogan und Emre Can wegen ihrer Reaktion auf ein Foto salutierender türkischer Fußballer im Fokus.
Vor dem EM-Qualifikationsspiel am Sonntag zwischen Estland und Deutschland (0:3) hatten die Fußball-Nationalspieler Ilkay Gündogan und Emre Can mit ihren Likes eines Instagram-Fotos für Wirbel gesorgt. Das Bild zeigt türkische Fußballer, die nach dem Siegtor von Cenk Tosun beim 1:0 gegen Albanien mit der Hand an der Stirn salutieren.
Angesichts der aktuell laufenden türkischen Militäroffensive in Nordsyrien fielen die Reaktionen der Fans teilweise heftig aus. Auch wegen der Fotos von Gündogan und Mesut Özil vor der WM 2018 mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Gündogan und Can streiten einen politischen Hintergrund ab. Noch vor der Partie in Tallinn äußerten sie sich zur Thematik.
"Ich habe das Like zurückgenommen, als ich gesehen habe, dass es politisch gewertet wurde", teilte Gündogan mit. "Glauben Sie mir: Nach dem letzten Jahr ist das Letzte, was ich wollte, ein politisches Statement zu setzen. Ich habe das Like bewusst zurückgenommen."
Can sagte zur "Bild"-Zeitung: "Ich habe den Post von Tosun, den ich schon lange kenne, beim Scrollen geliket, ohne jegliche Intention und auf den Inhalt zu achten. Ich bin absoluter Pazifist und gegen jede Art von Krieg." Auch Can zog das Like inzwischen zurück.
Gündogan: "Fühlt sich nicht wie ein Zufall an"
Nun wird Gündogan in der "Bild" am Montag mit weiteren Ausführungen zitiert: "Ich habe das ehrlich gesagt erst mitbekommen, als dann unsere Geschichte aufgetaucht ist. Gerade, dass das ausgerechnet heute kurz vorm Spiel auftaucht, fühlt sich auch nicht gerade wie ein Zufall an, weil das Foto – glaube ich – schon drei Tage alt ist. So ist das heutzutage, ich kann es nicht ändern. Ich glaube, dass Menschen wissen, wie das von uns beiden gemeint ist. Alles andere können wir nicht beeinflussen." Tatsächlich postete Tosun das Bild am Freitag nach dem Spiel gegen Albanien.
Gündogan weiter: "Am Ende ist das immer Interpretationssache. Man interpretiert das, wie man es will, gerade eine bestimmte Partei macht das des Öfteren. Ich kann noch mal betonen, dass da keine politische Absicht dahinter war. Ich wollte einen Freund beglückwünschen für das Tor und den Sieg."
"Krass, was für Geschichten heutzutage gemacht werden"
Eine Teilschuld sieht er zudem in der Berichterstattung: "Das ist krass, was für Geschichten heute gemacht werden. Ich dachte, ich like das Foto eines Freundes, der ein Tor gemacht hat, der eine Zeit lang bei mir gelebt hat und der eine schwierige Zeit bei Everton hatte. Der ein Tor schießt und seine Mannschaft zum Sieg führt. Ich habe einfach ein Bild geliket. Was daraus gemacht wird – das Bild haben Tausende andere geliket, Fußballer aus der ganzen Welt. Dass dann gerade wir zwei rausgepickt werden und so eine Geschichte draus gemacht wird, das ist ein bisschen schade. Da war natürlich absolut keine politische Absicht dahinter. Emre und ich sind beide konsequent gegen jeglichen Terror und gegen jeglichen Krieg, egal, wo er auf der Welt geführt wird. Das war reine Unterstützung für unseren Freund."
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Die deutsche Nationalmannschaft postete nach dem Spiel in Tallinn noch ein gemeinsames Foto. Kapitän Manuel Neuer hat dabei Can und Gündogan im Arm. "Gemeinsam für Offenheit, Vielfalt und Toleranz. Gegen jede Form von Gewalt und Diskriminierung", steht über dem Bild.
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Unterdessen berichtet die dpa, dass die Europäische Fußball-Union nach dem Wirbel um den Torjubel türkischer Fußball-Nationalspieler ein Verfahren gegen den türkischen Verband einleiten wird. Demnach tagt die zuständige Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer der Uefa am Donnerstag (17. Oktober). Ob dann schon eine Entscheidung über mögliche Sanktionen fallen wird, ist aber fraglich. Zunächst werden Stellungnahmen von den Beteiligten eingeholt. Das Uefa-Verfahren kann sich gegen den Verband oder aber auch gegen einzelne Spieler richten.
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- Nachrichtenagentur dpa