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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kritik an Mitspielern "Die Mannschaft" sucht ihren Teamgeist
Nach der Niederlage gegen Mexiko stimmen die Äußerungen der deutschen Nationalspieler bedenklich. Fehler werden bei den Mitspielern gesucht. Ex-Kapitän Lahm spricht ein wichtiges Thema an.
Wenigstens die Kinder durften Fragen stellen, als Philipp Lahm am Tag nach der deutschen Auftaktniederlage bei der WM gegen Mexiko (0:1) die Deutsche Schule in Moskau besuchte. Der Fußball-Rentner soll hauptsächlich Werbung für die Austragung der EM 2024 in Deutschland machen. Die Kinder interessierte die in ihrer Art und Weise erschreckende Pleite allerdings deutlich mehr.
Lahm: "Manchmal schadet ein Rückschlag nicht"
Ein Wort betonte Lahm dabei immer wieder: Teamgeist. Auf die Frage, was das aktuelle Team von der Mannschaft 2014 lernen könne, sagte Lahm: "Viele Spieler von damals sind noch dabei. Sie wissen, wie wichtig für eine deutsche Nationalmannschaft der Teamgeist ist." Als später ein Schüler fragte, was der größte Fehler gegen Mexiko gewesen sei, erwiderte er vielsagend: "Die Mannschaft hat einfach ihre Leistung nicht abgerufen. Manchmal schadet ein Rückschlag nicht, um noch enger zusammenzurücken." Unterschwellig kam er auch später noch ein paar Mal auf das Thema Zusammenhalt innerhalb eines Teams zu sprechen.
Ob mehr dahintersteckt, lässt sich schwer sagen. Auf jeden Fall passten Lahms Aussagen aber treffend zu dem Bild, dass die Nationalelf am Vorabend im Moskauer Luschniki-Stadion abgegeben hatte. Nicht nur auf dem Platz haderten die Spieler immer wieder miteinander, schauten sich abwechselnd ratlos und verärgert an, winkten abfällig. Auch aus den Aussagen nach dem Spiel war viel Unzufriedenheit mit den Mitspielern herauszulesen.
Mats Hummels fühlte sich von den Teamkollegen im Stich gelassen: "Unsere Absicherung ist nicht gut, das muss man ganz klar sagen. Jérôme (Boateng) und ich stehen da oft alleine.“ Julian Draxler sah sich von den Teamkollegen ignoriert und sagte, er und Marvin Plattenhardt hätten auf der linken Seite gerne häufiger den Ball gehabt.
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Erschreckende Körpersprache gegen Mexiko
Beide haben Recht. Von den vielen individuellen Fehlern, die ausnahmslos allen deutschen Spielern gegen Mexiko unterliefen, sprach allerdings keiner der DFB-Stars. Besonders erschreckend wirkte im Stadion die Körpersprache einiger hoch dekorierter Spieler. Nach Ballverlusten blieben sie stehen, so als wäre es noch ein Testspiel gegen die eigene U20-Auswahl und nicht das lang ersehnte Auftaktspiel bei einer WM.
Dortmunds Marco Reus rutschte ein möglicherweise vielsagender Satz heraus. Er wurde erst in der 60. Minute eingewechselt, obwohl er zuvor der formstärkste Nationalspieler war. Nach dem Abpfiff sagte er, er habe schon im Trainingslager gewusst, dass er nicht in der Startelf stehen würde, sondern nur in den wichtigen Spielen. Ein Zeichen dafür, dass der Titelverteidiger die Mexikaner nicht komplett ernst genommen hat? Das wäre zumindest überraschend, wird doch von allen Seiten seit Wochen vor dem Fluch der Titelverteidiger gewarnt, die zuletzt immer in der Vorrunde scheiterten.
Lahm sieht Deutschland weiter als Top-Favoriten
Bundestrainer Löw gab sich überraschend ruhig. Selbst nach dem Testspiel gegen Österreich (1:2) hatte er deutlichere Worte gefunden. Nach zwölf Jahren als Cheftrainer findet er sich plötzlich in einer neuen Drucksituation wieder. Ein Auftaktspiel hat das Team unter ihm noch nie verloren. Bis zum jetzt schon entscheidenden Duell mit Schweden am Samstag (20 Uhr MESZ) muss er die Mannschaft wieder aufrichten.
Schafft er das? Philipp Lahm gab sich in der Aula der Deutschen Schule in Moskau jedenfalls zuversichtlich. Deutschland zählte er an zweiter Stelle hinter Spanien zu seinen Top-Favoriten. Es fehlte nur ein bisschen Teamgeist.
- eigene Beobachtungen vor Ort