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Frauen-EM 2022: "So weit sind wir noch nicht" – was ist los im Frauenfußball?


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Was ist los im Frauenfußball?
Es geht nicht voran


Aktualisiert am 08.07.2022Lesedauer: 4 Min.
Tabea Waßmuth: Die Nationalspielerin wünscht sich häufiger solche Kulissen wie im Camp Nou.Vergrößern des Bildes
Tabea Waßmuth: Die Nationalspielerin wünscht sich häufiger solche Kulissen wie im Camp Nou. (Quelle: Pressinphoto/Fotostand/t-online/imago-images-bilder)

Noch trennen Frauen und Männer im Fußball finanziellen Welten, in Deutschland tritt der Frauenfußball auf der Stelle. Was ist da los?

Neymar ist bis heute der Rekordtransfer im Männerfußball. 222 Millionen Euro zahlte Paris Saint-Germain im Jahr 2017 an den FC Barcelona. Sein Pendant bei den Frauen ist Pernille Harder. Nur hat ihre Summe ein paar Nullen weniger. 350.000 Euro zahlte der FC Chelsea 2020 an den VfL Wolfsburg. Zwei Zahlen, die sinnbildlich für die Schere zwischen den beiden Geschlechtern steht.

Sie machen den gleichen Job, trainieren die gleichen Dinge, spielen teils in den selben Vereinen: Und dennoch ist weder das Gehalt der Fußballerinnen so hoch wie das der Männer, noch sind die Bedingungen gleich.

"So weit sind wir in Deutschland noch nicht"

Die Nationalspielerinnen sprechen daher immer wieder von "equal play", zu Deutsch "gleiches Spiel". Gleiche Voraussetzungen für beide Geschlechter. In dem Zug ist meist auch von "equal pay", also gleicher Bezahlung, die Rede. Giulia Gwinn, Abwehrspielerin des FC Bayern, sagt dazu im Gespräch mit t-online: "Es ergibt noch keinen Sinn, über "equal pay", also gleiche Gehälter, zu sprechen. So weit sind wir in Deutschland noch nicht. Aber für uns ist es wichtig zu sagen, dass die Schere kleiner wird."

Vereine in der Bundesliga wie der FC Bayern München, der VfL Wolfsburg oder auch Eintracht Frankfurt können ihren Spielerinnen bereits gute Trainingsbegebenheiten bieten. Auch die TSG Hoffenheim ist vorne mit dabei. Anders sieht dies bei Klubs aus, die weiter unten in der Tabelle angesiedelt sind. So wie beispielsweise beim FC Carl Zeiss Jena, SC Sand oder der SGS Essen.

"Dann wird auch die Attraktivität nochmal steigen"

Daher fügt Gwinn an: "Bei uns in der Liga gibt es immer noch Vereine, die nicht auf professionellem Niveau Fußball spielen können. Auch aus finanzieller Sicht. Einige Spielerinnen müssen nebenher arbeiten, das ist schade. Das ist eine Wettbewerbsverzerrung, weil es Vereine gibt, die das schon gewährleisten können, und andere Vereine, wo Spielerinnen 40 Stunden die Woche arbeiten müssen. Dann ist es schwierig."

Die DFB-Frauen erlebten "equal play" zumindest in der Vorbereitung auf die EM in Herzogenaurach im Trainingslager. An dem Ort, an dem sich auch die Männer vor einem Jahr vorbereiteten. Ein Schritt mit Wirkung. "Es zeigt unseren Stellenwert und dass man uns optimale Bedingungen schaffen möchte, ohne zu differenzieren", erklärt Torhüterin Merle Frohms im Gespräch mit t-online.

"Vorstände der Männer sind gefragt"

In Bezug auf die Diskrepanz in der Liga fordert die deutsche Nummer eins auch das andere Geschlecht heraus: "Da gibt es einiges zu tun, um das anzugleichen. Das geht auch mit den finanziellen Mitteln einher, die im Verein vorhanden sind, oder eben nicht. Von daher denke ich, dass da auch die Männermannschaften und die Vorstände der Männer gefragt sind, das zu unterstützen, sich dafür einzusetzen und den Frauenfußball zu fördern."

In der deutschen Mannschaft gibt es gleich mehrere Spielerinnen, die parallel zu ihrer Karriere auch an einem zweiten Standbein für die Zukunft arbeiten. Tabea Waßmuth studierte beispielsweise Psychologie und will nun Doktorin werden. Selbst im Trainingslager hat sie daran gearbeitet: "Mir hat es total gutgetan, noch Leute außerhalb vom Fußball zu haben. Nicht immer nur Fußball im Kopf zu haben, sondern auch andere Sachen."

Dass neben ihr unter anderem auch Almuth Schult (Sport an der Deutschen Sporthochschule), Merle Frohms (BWL), Giulia Gwinn (Sportmanagement) und Kathrin Hendrich (Bildungswissenschaften) einen fertigen Abschluss haben, hat laut Waßmuth in der Entwicklung ihrer Sportart die Wurzeln. "Ich glaube, dass es daran liegt, wie sich der Frauenfußball etabliert hat. Es war immer wichtig, nebenher noch etwas zu machen, weil man teilweise nicht vom Fußball leben konnte und auch teilweise jetzt noch nicht davon leben kann."

"Geschenk, dass wir Aufmerksamkeit bekommen"

Um diese Entwicklung weiter voranzutreiben, ist die Frauen-EM in England wichtig. "Diese Plattform wollen wir nutzen. Deswegen können wir mit einem guten Turnier viel verändern", meint Jule Brand zu t-online. Gwinn stimmt ihr zu: "Viele wissen vielleicht noch nicht viel darüber, und wenn sie permanent damit konfrontiert werden, ist das ein Geschenk für uns, dass wir diese Aufmerksamkeit bekommen." An der Aufmerksamkeit hängt die Vermarktung des Frauenfußballs.

Dafür war auch die Entwicklung in der Women's Champions League wichtig. Eine Gruppenphase wurde eingeführt, der Streamingsender DAZN übertrug zudem alle Spiele kostenlos. Sara Däbritz erlebte die "neue" Königsklasse hautnah mit: "Wenn man gesehen hat, in welchen Stadien und vor wie vielen Fans gespielt wurde, dann sind das Ereignisse, die ich mir für die Zukunft mehr erhoffe."

DFB sieht Handlungsbedarf

Im März dieses Jahres im Rahmen des Wettbewerbs wurde auch ein neuer Rekord gebrochen, als 91.553 Zuschauer sich das Viertelfinal-Rückspiel zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid im Camp Nou anschauten. Auch das Halbfinale zwischen Barça und dem VfL Wolfsburg lockte über 90.000 Zuschauer an. Zahlen, von denen man in Deutschland noch weit entfernt ist.

Auch, was der Anteil der Spielerinnen ist. Der DFB meldete zuletzt, dass von 2,2 Millionen Aktiven nur 187.000 weiblich sind.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf sagte dazu: "Da haben wir Probleme, das ist nicht neu. Die Zahlen sind alarmierend." Er sieht die EM als Hoffnungsträger: "Ich glaube, dass ein bisschen davon überschwappt." Es wäre den DFB-Frauen und dem Frauenfußball zu wünschen.

Verwendete Quellen
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