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EM 2021: Warum Italiens Giorgio Chiellini der Spieler dieser EM ist


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Vor Finale gegen England
Grande Giorgio: Warum Italiens Chiellini der Spieler dieser EM ist


11.07.2021Lesedauer: 4 Min.
Ganz kurz vor dem Ziel: Giorgio Chiellini zelebriert Italiens Auftritte bei dieser EM.Vergrößern des Bildes
Ganz kurz vor dem Ziel: Giorgio Chiellini zelebriert Italiens Auftritte bei dieser EM. (Quelle: Gribaudi/imago-images-bilder)
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Er grätscht, er kämpft – und hat Riesenspaß dabei: Italiens Denkmal Giorgio Chiellini kostet jede Minute bei dieser EM voll aus. Seine Freude an der Abwehrarbeit steckt sogar Gegenspieler an. Eine Würdigung.

Giorgio Chiellini ist ganz sicher vorbereitet. Denn Gianluigi Donnarumma könnte auch heute wieder ganz nahe am Straftatbestand der Körperverletzung wandeln, kurz vor Anpfiff des Endspiels dieser Europameisterschaft 2021 gegen England.

Schon wenige Tage zuvor nämlich, kurz vor Anpfiff des EM-Halbfinals gegen Spanien, da baute sich Italiens so gar nicht 22-jährig aussehender Torwart direkt neben seinem 15 Jahre älteren Teamkollegen auf, als die "Squadra Azzurra" gewohnt inbrünstig ihre Nationalhymne schmetterte. Arm in Arm standen sie da – und Donnarumma grub seine mächtige Pranke immer wieder derart druckvoll in den Trapezmuskel seines Nebenmanns, als habe er das Ergebnis eines Massage-Workshops am lebenden Objekt vorführen wollen.

Dieter Eilts hätte Tränen in den Augen

Aber Giorgio Chiellini wäre nicht Giorgio Chiellini, wenn er dem vulkanischen Nervengriff seines Schlussmanns nicht wie immer widerstehen könnte. Mehr noch: Der Giorgio Chiellini dieser EM wird darüber lächeln. Lachen. "Ich genieße hier jeden Moment, noch mehr als vorher", erklärte Chiellini kurz vor dem Endspiel. Es ist nach menschlichem Ermessen wohl sein letzter großer Auftritt mit den Blauen. Und er könnte seine große Laufbahn heute mit dem EM-Titel krönen. "Gewinnen ist mit 37 genauso schön wie mit 21", sagte er dieser Tage in einem Interview mit "uefa.com". "Vielleicht genießt man es mit 37 mehr, weil man weiß, wie schwierig das ist und was dahintersteckt."

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Doch dieser alte Herr des Turniers, er hat seinen jungen und ungleich glamouröseren Kollegen bei dieser Endrunde nicht nur die Wertschätzung des Erfolgs voraus. Es gibt gute Argumente, die für ihn als Spieler des Turniers sprechen. Frankreichs Kylian Mbappé? Blieb blass. Englands Harry Kane? Zwar schon mit vier Toren, in der Summe der Vorstellungen aber noch nicht wirklich überragend. Belgiens Kevin de Bruyne? Mit Belgien an Italien gescheitert, am Ende entkräftet.

Chiellini aber spielt in jeder Partie groß auf – auf seine Weise: Italiens Verteidigerdenkmal grätscht, dass es Dieter Eilts die Tränen in die Augen treiben würde, köpft alles weg, was nach Flanke aussieht, läuft Bälle ab, wirft sich mit fast besorgniserregender Missachtung der eigenen Gesundheit in jeden Zweikampf – und hat einen Riesenspaß dabei. Selbst eine Muskelverletzung, durch die er für das Gruppenspiel gegen Wales und das Achtelfinale gegen Österreich ausfiel, konnte "Grande Giorgio" nicht komplett stoppen. Und macht so auch den Zuschauern eine große Freude.

"Es macht mich glücklich, Zweikämpfe zu gewinnen"

Der gebürtige Pisaner schafft es, mit seinem ganze drei Lenze jüngeren Abwehr-Lebenspartner Leonardo Bonucci, seit gefühlt 73 Jahren im Klub bei Juventus und in der Nationalelf, den Gegnern das Toreschießen weitestgehend zu verunmöglichen.

Spricht er über seine Arbeit auf dem Feld, klingt es noch immer nach großer Liebe: "Es macht mich glücklich, Zweikämpfe zu gewinnen", sagte Chiellini noch im Frühjahr dem französischen Magazin "SO FOOT". "Wenn ich einen gefährlichen Schuss blocken oder ein Tor verhindern kann, versetzt mir das einen Adrenalinschub." Und auch bei dieser EM zelebriert Chiellini sein persönliches Verständnis von Glück. Ein Vergnügen, das so eigentlich nur ein leidenschaftlicher Verteidiger empfinden kann – und das doch ansteckt:

2. Juli 2021, Viertelfinale gegen Belgien, die 16. Minute in der Münchner Allianz Arena: Die "Red Devils" setzen Italien unter Druck, ein Abpraller landet bei Kevin De Bruyne, der halblinks aus 25 Metern sofort abzieht – direkt auf den Kopf von Chiellini, der ins Seitenaus klärt. Einen Schuss, der einen handelsüblichen Abwehrspieler zumindest angeknockt hätte. Und Chiellini? Lacht danach gemeinsam mit De Bruyne über die Szene, gestikuliert anerkennend: "Starker Schuss!"

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6. Juli 2021, Halbfinale gegen Spanien, kurz vor dem Elfmeterschießen: Da herzt, knufft, drückt Italiens Kapitän seinen Gegenüber Jordi Alba derart innig, dass der Verteidiger gar nicht weiß, wie ihm gerade passiert. Und das nach 120 kräftezehrenden Minuten, kurz vor der Entscheidung um Finalteilnahme oder Heimfahrt. Ruft dabei lachend "Mentiroso, Mentiroso" (Deutsch: "Lügner, Lügner", Anm. d. Red.).

"Es wurde viel mehr erzählt, als tatsächlich passierte", erklärte Chiellini danach. "Wir mussten die Seite wählen, auf der die Elfmeter geschossen werden sollen, und der Schiedsrichter (der Deutsche Felix Brych, Anm. d. Red.) sagte: 'Rot für die eine Seite, Blau für die andere.' Alba habe gedacht, "dass es seine Seite bedeutete, aber ich wies ihn belustigt darauf hin, dass dies nicht der Fall war."

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Lieber Chiellini als CR7

Chiellini reißt seine Mitspieler in Blau – und manchmal eben auch seine Gegenspieler – mit, er geht voran mit seiner Erfahrung aus 111 Länderspielen seit 2004 und 535 Pflichtspielen für Juve seit 2005. "Grande Giorgio" ist nicht nur ein Spitzname. Was er seinen Mannschaften bedeutet, fasste Federico Bernadeschi schon 2018 zusammen. Ob denn jetzt alle im Juve-Training mit Cristiano Ronaldo zusammenspielen wollten, fragte "Tuttosport" den Angreifer etwas schnappatmig zum damaligen Neuzugang. Bernadeschis Antwort: "Eigentlich ist es besser, Chiellini im Team zu haben."

Verteidigen sei "eine ganz andere Freude, als Tore zu schießen, das kann man gar nicht vergleichen", führte Chiellini in "SO FOOT" aus. Und weiter: "Mein Treffer gegen Barcelona im Champions-League-Viertelfinale (2017, Anm. d. Red.) hat mir viel weniger Freude bereitet als die Szene gegen Tottenham (2018, Anm. d. Red.), als ich in der 89. Minute verhindern konnte, dass Harry Kane ein Tor schießt."

Genau das kann Giorgio Chiellini heute gegen Englands Stürmer wieder tun.

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