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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Marcel Reif Bayern-Trainer? "Klopp verlässt Liverpool nicht freiwillig"
Bayern oder Liverpool: Wer macht am Abend den Einzug ins Champions-League-Viertelfinale perfekt? Reporterlegende Marcel Reif spricht über die Chancen der Münchner und Jürgen Klopp.
Marcel Reif galt lange Zeit als bester Fußball-Kommentator Deutschlands. Seit 2016 arbeitet der 69-Jährige vor allem als TV-Experte für den Sender Sport1 und ist regelmäßig im "CHECK24 Doppelpass" zu Gast, wo er auch am Sonntag ab 11 Uhr Teil der Talkrunde sein wird.
Seit Februar sitzt Reif aber auch wieder am Mikro und kommentiert beim Schweizer Pay-TV-Sender Teleclub ausgewählte Champions-League-Spiele, so auch das heutige Achtelfinal-Rückspiel zwischen dem FC Bayern und dem FC Liverpool (ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online.de). Im Interview verrät er, worauf der deutsche Rekordmeister gegen Liverpool achten muss und warum er sich Klopp nicht als Bayern-Trainer vorstellen kann.
t-online.de: Herr Reif, Sie haben vor vier Wochen Ihr Comeback als Kommentator gegeben. Wie war es, nach mehr als zweieinhalb Jahren Pause beim Champions-League-Achtelfinale Manchester United gegen Paris Saint-Germain wieder am Mikro zu sitzen?
Marcel Reif: Nach 30 Minuten war alles wie immer. Kommentieren ist wie Fahrradfahren. Das verlernt man nicht. Und es hat wieder richtig Spaß gemacht.
Heute Abend werden Sie auch in München im Stadion sein und das Achtelfinal-Rückspiel zwischen den Bayern und Liverpool kommentieren. Sind die Münchner nach dem 0:0 im Hinspiel im Vorteil?
Die Bayern haben das im Hinspiel prima gelöst. Aber die Ausgangslage und das Ergebnis sind nur halb so gut wie manche meinen. Ein Tor für Liverpool und Bayern muss zwei Tore schießen, um weiterzukommen. Das wird für die Bayern ein Ritt auf der Rasierklinge. Und dennoch sind die Bayern für mich im Vorteil, weil sie vom Trend her im Fahrstuhl nach oben sitzen und in der Bundesliga neun Punkte auf Borussia Dortmund aufgeholt haben. Bei Liverpool geht es eher in die andere Richtung. Sie haben in der Premier League einen Zehn-Punkte-Vorsprung auf Manchester City verspielt. Das Momentum spricht also für die Bayern.
In der Bundesliga gewinnen die Bayern plötzlich wieder 5:1 und 6:0. Wie erklären Sie es, dass die Mannschaft plötzlich wieder eine Dominanz ausstrahlt, die sie lange Zeit nicht hatte.
Weil sie auch in ihrer schwachen Phase nicht so schlecht waren, wie sie gemacht wurden und vielleicht auch selbst geglaubt haben. Vom Kader her sind die Bayern in der Bundesliga immer noch das Maß der Dinge und in der Lage, mit Abstand Deutscher Meister zu werden. Die Ergebnisse jetzt sind nur eine logische Konsequenz, dass sie wieder zu alter Form gefunden haben.
Wie muss Bayern gegen Liverpool auftreten, damit sie gegen die starke Offensive der "Reds" nicht ins offene Messer laufen?
Sie müssen ein Tor schießen und werden deshalb offensiver spielen als im Hinspiel in Liverpool. Und das gegen eine Mannschaft, die nichts so gut beherrscht, wie das schnelle Umschalten und Kontern. Aber die Bayern sind erfahren genug, um zu wissen, wie man mit dieser Situation umgeht. Allzu viele Fehler darf man sich in der K.-o.-Phase auf jeden Fall nicht erlauben.
Welche Duelle werden entscheidend sein?
Entscheidend werden für mich keine Duelle sein, sondern die Frage: Wie kann Bayern diese quirlige Offensive, die ständig die Plätze tauscht, 90 Minuten lang nicht aus den Augen verlieren? Das ist praktisch unmöglich. Im Mittelfeld ist Bayern meiner Meinung nach stärker besetzt, was kann Lewandowski ausrichten gegen van Dijk? Und Bayern hat die bessere Ersatzbank und kann im Zweifel nachlegen.
Wie lautet also Ihr Tipp für das Spiel?
Die Bayern gewinnen knapp. Ich tippe auf ein 2:1.
Mit Real Madrid und Paris Saint-Germain sind bereits zwei Anwärter auf den Titel raus. Wäre die Chance in diesem Jahr für Bayern oder Liverpool bei einem Weiterkommen besonders groß, den Henkelpott zu holen?
Die Klubs, die jetzt noch dabei sind, haben zwei große Namen weniger vor der Brust. Es bleiben aber mit dem FC Barcelona, Manchester City und Juventus Turin noch genug Schwergewichte im Rennen.
Trainer Jürgen Klopp hat beim FC Liverpool auch ohne Titel bereits Kultstatus erlangt. Wie hat er das geschafft?
Indem er Liverpool mit seiner Art wiederbelebt hat. Der Klub ist zuvor viele Jahre unter seinen Ansprüchen geblieben. Jetzt sind sie wieder ganz vorn dabei. Aber noch hat Klopp keinen Titel geholt. Und um über Liverpool hinaus in England Kultstatus zu erlangen, muss er eine Trophäe gewinnen.
Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat kürzlich zugegeben, dass er ihn bereits 2008 holen wollte. Sehen wir Klopp irgendwann als Trainer auf der Bayern-Bank?
Ich kann es mir nicht vorstellen. Denn ich glaube nicht, dass Klopp freiwillig aus Liverpool weggeht oder geschasst wird. Das scheint eine Liaison auf längere Zeit zu sein, die völlig gegen den heutigen Trend geht. Durch seine Titel mit Borussia Dortmund und die Erfolge gegen die Bayern hat er sich für die Münchner natürlich reizvoll gemacht. Aber ob er mit seiner Vergangenheit irgendwann Bayern-Trainer wird, wage ich zu bezweifeln.
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Und was ist mit dem Amt des Bundestrainers?
Das kann ich mir wiederum sehr gut vorstellen, aber nicht in absehbarer Zeit. Denn Jürgen Klopp hat im Moment noch diese Gier, jede Woche draußen an der Seitenlinie herumzutoben.