Champions League Frustriert nach Mailand: RB Leipzig droht "unruhige Zeit"
Nach dem Traumstart kommt das Trauma - RB kann keine Führungen mehr verwalten. Trainer Rose hinterfragt sich selbst, Sportchef Schäfer setzt auf Zusammenhalt und fordert eine Rückkehr zur alten DNA.
Der Ton von Marco Rose wird schärfer, die Baustellen in seinem Team wachsen. Nach dem besten Bundesligastart und saisonübergreifend 19 ungeschlagenen Spielen geht es aktuell nur noch abwärts. "Wenn man bei einem ambitionierten Verein arbeitet, bedeuten vier nicht gewonnene Spiele etwas. Das schafft Unruhe. Ein Ansatz wäre schon mal, in Mailand anders aufzutreten", sagte der Cheftrainer von RB Leipzig vor dem Champions-League-Spiel an diesem Dienstag bei Inter Mailand (21.00 Uhr/DAZN).
Für die mit vier Niederlagen in die Königsklasse gestarteten Sachsen ist es im San Siro schon ein Alles-oder-Nichts-Spiel. Daher versucht der 48 Jahre alte Rose, sein Team wachzurütteln. Auch wenn nach dem 3:4 bei der TSG Hoffenheim Zweifel aufkommen. "Uns fehlen Feuer und Leidenschaft", meinte Rose und schob fragend mit einer Portion Selbstzweifel hinterher: "Ich glaube, dass die Jungs mir zuhören, dass wir ein anständiges Verhältnis haben." Wenn er es nicht schaffe, "der Mannschaft vorab so viel Mut und Leidenschaft mitzugeben, dann haben wir eine unruhige Zeit vor uns".
RB zu sorglos mit Führungen
Rückendeckung genießt er von RB-Sportgeschäftsführer Marcel Schäfer, der in der kriselnden Situation auf Zusammenhalt setzt. "Da müssen wir, und ich betone wir, Antworten finden. Wir müssen jetzt liefern, zusammenhalten und geschlossen bleiben", meinte Schäfer. Er nimmt das Team in die Pflicht. "Es gelingt uns in dieser Saison einfach nicht, wenn wir in Führung gehen, weiter Fußball zu spielen. Das müssen wir schleunigst ändern".
Wie in Sinsheim ist bei RB ein negatives Muster erkennbar. Bei allen Niederlagen zuletzt mit Ausnahme gegen Liverpool (0:1) war Leipzig in Führung, egal ob in der Liga oder in der Königsklasse. Das war einst in der Club-DNA so etwas wie ein Sieg-Garant. "RB-Fußball ist nach vorn verteidigen, weitere Tore erzielen zu wollen", betonte Schäfer.
Und nun soll das ausgerechnet bei den Mailändern wieder gelingen, die gerade mit 5:0 bei Verona gewannen und seit elf Pflichtspielen ungeschlagen sind. In der Königsklasse hat das Team von Trainer Simone Inzaghi bereits zehn Punkte geholt und beim 0:0 bei Manchester City sowie den Siegen gegen Belgrad (4:0), Bern (1:0) und Arsenal (1:0) noch kein Gegentor kassiert.
Mentalitäts-Problem
Leipzig hat noch ein anderes Problem. Nach der Auftaktniederlage bei Atlético Madrid hatte Christoph Baumgartner noch seine jungen Nebenleute kritisiert und die Spanier gelobt. "Das sind eben richtige Männer, die wissen, wie sie nacharbeiten", sagte er. Dass ausgerechnet der österreichische Nationalspieler die entscheidende Flanke zum Siegtreffer der Hoffenheimer zuließ, weil er zu halbherzig seinen Gegner an der Eckfahne kontaktierte, passt zur aktuellen Situation.
Baumgartners Aussage über "Cleverness in den Zweikampfsituationen" passt nicht zum Handeln auf dem Rasen. Zudem analysierte er, dass "Einzelne im Moment nicht an ihr Toplevel" kommen. Das sah auch Rose so. "Es ist neben dem Ergebnisproblem auch ein Leistungsproblem: zu wenig Schärfe, zu wenig Wehren in bestimmten Situationen", haderte der Coach, der mit viel Gesten und Energie von der Seitenlinie versucht, Impulse zu setzen.
Leistungseinbruch in der Offensive und Abwehr
War die RB-Offensive mit Loïs Openda (5 Tore) und Benjamin Sesko (2) stark in die Saison gestartet, so herrscht derzeit Flaute. Der Belgier wartet seit drei Ligaspielen auf ein Tor, traf in der Königsklasse noch gar nicht. Der Slowene jubelte nur einmal in den letzten sechs Liga-Partien und blieb in der Champions League nach drei Toren in den ersten beiden Spielen zuletzt wirkungslos.
Auch die bis Spieltag zehn beste Abwehr der Liga kam zuletzt ins Straucheln. Nur acht Gegentore verbuchte Torhüter Peter Gulacsi in acht Spielen - nun gab es allein in Sinsheim vier Buden "aus Eigenverschulden", wie Abwehrchef Willi Orban meinte.
- Nachrichtenagentur dpa