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Der FC Bayern und seine zwei Gesichter – Wie passt das zusammen?


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Verwunderung über den FC Bayern
Die Maske ist ab


10.04.2024Lesedauer: 4 Min.
Harry Kane: Der englische Stürmer war am Dienstag gegen Arsenal erfolgreich.Vergrößern des Bildes
Harry Kane: Der englische Stürmer war am Dienstag gegen Arsenal erfolgreich. (Quelle: IMAGO/David Rawcliffe)

Am Samstag verliert der FC Bayern in Heidenheim, am Dienstag hat er den FC Arsenal am Rande einer Niederlage. Ein auffällig merkwürdiger Zustand.

Der Aufruf "Pray for FC Bayern" trendete am Dienstag in England auf der Plattform X. Fans des FC Arsenal waren sich sicher, dass der FC Bayern dringend Gebete brauchte, um gegen ihr Team zu bestehen. Schließlich war Arsenal in Topform, gewann zehn der vergangenen elf Ligaspiele. Nur Manchester City hielt beim 0:0 den "Gunners" stand.

Die Bayern hingegen reisten mit einem 0:2 gegen Dortmund und einem 2:3 in Heidenheim im Gepäck nach London. Die Stimmung im Verein: angespannt. Der im Sommer ausscheidende Trainer Thomas Tuchel wurde wieder mit einem sofortigen Abgang in Verbindung gebracht. Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund stellten jedoch klar: Tuchel bleibt. Aber auch zwischen den Fans und der Mannschaft kam es zu ersten Rissen, nachdem die meisten Spieler in Heidenheim nur kurz in die Kurve gekommen und schnell in der Kabine verschwunden waren.

Die Ausgangslage war also eindeutig. Der große Favorit im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals war der FC Arsenal. Doch in den 90 Minuten am Dienstagabend war von einem Unterschied wenig zu sehen, das Spiel endete 2:2. Die Bayern hatten die Gastgeber sogar am Rande einer Niederlage. Wenn Kingsley Coman in der 90. Minute mehr als nur den Pfosten getroffen oder Schiedsrichter Nyberg nach 67 Minuten auf Handelfmeter entschieden hätte, wäre Arsenal womöglich sogar als Verlierer vom Platz gegangen.

"Wir mussten uns zusammenraufen"

Das Auf und Ab des FC Bayern, es verwundert so manchen Fan und Beobachter. Am Samstag lassen sich die Münchner in Heidenheim eine 2:0-Führung nehmen und ihren Trainer ratlos zurück ("keine Ahnung"). Am Dienstag begeistern sie mit schnellem, zielstrebigem Spiel in die Spitze und machen ihrem Vorstandschef Jan-Christian Dreesen Mut ("Wir packen das"). Es wirkt so, als gäbe es einen Schalter, den die Bayern-Spieler nur manchmal umlegen.

Und wenn man Harry Kane zuhört, könnte es diesen virtuellen Schalter auch tatsächlich geben. "Wir mussten uns zusammenraufen, und das war das richtige Spiel dafür", sagte der englische Torjäger nach dem Spiel in London. "Es ist ein gutes Auswärts-Resultat", ergänzte er, "hoffentlich können wir das zu Hause klarmachen. Der Traum von Wembley lebt." Im Wembley-Stadion findet das Finale der Champions League statt.

Der Traum von Berlin hingegen ist bereits seit Herbst vergangenen Jahres ausgeträumt. Im DFB-Pokalfinale wird der FC Bayern seit dem Zweitrunden-Aus nicht dabei sein. Und der Traum vom zwölften Meistertitel in Serie ist aufgrund von 16 Punkten Rückstand auf Bayer Leverkusen auch ziemlich tot. Trainer Thomas Tuchel gratulierte der "Werkself" bereits mit 13 Punkten Rückstand zur Meisterschaft.

Und genau darin liegt auch die Antwort, warum die Bayern aktuell zwei Gesichter haben. Warum sie gegen Lazio im Champions-League-Achtelfinale 3:0 gewinnen und Arsenal am Rande einer Niederlage haben und zwischendurch in der Bundesliga schwächeln. In dem einen Wettbewerb ist noch alles offen, in dem anderen keine Hoffnung mehr da. Dazu kommt ein schwieriges Verhältnis zwischen der Mannschaft und dem Trainer. Medienberichten zufolge sind einige Spieler mit Tuchel unzufrieden, kommen mit seiner Art nicht so recht klar. Auch auf dem Platz wirkt die Mannschaft oft lethargisch und macht nicht das, was sich ihr Trainer vorstellt.

 
 
 
 
 
 
 

Rekordnationalspieler Lothar Matthäus war sich daher nach dem Heidenheim-Spiel bei Sky sicher: "Thomas Tuchel erreicht die Mannschaft nicht mehr. (...) Zu retten ist eigentlich immer was, aber ich glaube, das Klima ist kaputt zwischen Tuchel und der Mannschaft." Auch, dass Tuchel oft keine Erklärung für die Leistungseinbrüche seiner Mannschaft liefern kann, deuten Kritiker als Zeichen für einen Riss im Verhältnis.

Totgesagte leben länger

Die Spieler in einem Wettbewerb zu motivieren, in dem es für sie offenbar um nichts mehr geht, ist bei dieser Ausgangslage schwierig. Sportvorstand Max Eberl warnte die Mannschaft am Samstag bei Sky aber vor dieser Egal-Einstellung: "Wir müssen ehrlicherweise sagen: Wir sind sieben Punkte vor Platz fünf. (...) Wir sollten die Arroganz weglegen nach dem Motto: Dann werden wir eben Zweiter. Wir sollten erst mal gucken, dass wir Zweiter werden." Die Champions-League-Qualifikation soll es in der Liga schon sein.

In der Champions League aber können Mannschaft und Trainer offenbar das belastete Verhältnis beiseitelassen und für das gemeinsame Ziel zusammenarbeiten. Das stellte auch Sportvorstand Max Eberl fest, ohne die medial berichteten Risse zu bestätigen. "Dass die Mannschaft und der Trainer zusammenpassen, wenn man funktioniert, das hat man heute wieder gesehen", sagte der 50-Jährige und ergänzte: "Chapeau vor der Leistung des Trainers mit der Mannschaft."

Weitaus euphorischer wirkte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen nach dem Arsenal-Spiel. "Was soll ich sagen? Totgesagte leben länger – das ist, glaube ich, das Motto des heutigen Abends", verkündete er bei seiner Bankettrede im noblen Mannschaftshotel The Landmark. "Die Mannschaft hat heute ihr wahres Gesicht gezeigt. Ein fantastisches Spiel, ein intensives Spiel abgeliefert", war er sich sicher. Als hätten sich die zuletzt demotivierten, leidenschaftslosen Münchner die Maske abgerissen und gezeigt, warum sie international noch immer zu den besten Mannschaften zählen.

Bleibt nur die Frage, ob es das "wahre" Gesicht ist oder eher eins von zwei Gesichtern. In jedem Fall ist es das Gesicht, das den Bayern-Bossen mehr Ruhe beschert und die Diskussionen um eine vorzeitige Entlassung Thomas Tuchels beruhigt. Zeigen kann es die Mannschaft am kommenden Samstag im Heimspiel gegen den 1. FC Köln, ehe am darauffolgenden Mittwoch Arsenal in die Allianz Arena kommt. Dann will Dreesen wieder eine Leistung wie am Dienstag sehen. Vor heimischer Kulisse ist er sich sicher, dass Bayern dann Arsenal auch schlagen kann: "Dann muss sich jeder in Europa vor uns in Acht nehmen." Und die Fans des FC Arsenal müssen nicht mehr für die Bayern beten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • TV-Übertragung bei Amazon Prime Video
  • Nachrichtenagenturen SID, dpa
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