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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Das verrät Tuchels Körpersprache Expertin offenbart: Deshalb hat Tuchel gute Chancen
Die Erwartungen an Thomas Tuchel waren hoch, doch seine ersten Wochen beim FC Bayern enttäuschten viele. Eine Körperspracheexpertin sieht dennoch Potenzial.
Am Mittwochabend steht der FC Bayern gegen Manchester City im Viertelfinale der Champions League. Die Augen vieler Zuschauer sind dabei aber nicht nur auf den Platz, sondern vor allem auf die Trainerbank gerichtet.
Thomas Tuchel ist seit einem knappen Monat der neue Trainer des Teams, sollte die angeschlagenen Bayern wieder aufpäppeln. Doch sein Start in den neuen Job war von Niederlagen geprägt. Schafft er jetzt die Wende?
Körperspracheexpertin Silke Fritzsche hat Thomas Tuchel für t-online unter die Lupe genommen und festgestellt, wie der Trainer wirklich tickt und ob er die Bayern noch auf Kurs bringen kann.
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Thomas Tuchel: Seit knapp einem Monat ist er der neue Trainer des FC Bayern, soll die Mannschaft nach einer Durststrecke in der Bundesliga wieder auf Kurs bringen. Doch die ersten Ergebnisse unter seiner Leitung lassen ebenfalls zu wünschen übrig. Kann er den erhofften Erfolg noch bringen?
Körperspracheexpertin Silke Fritzsche hat sich den Trainer genau angesehen und sieht in ihm entscheidende Stärken – und Schwächen.
"Thomas Tuchel ist ja dafür bekannt, dass er auf der einen Seite eine sehr positive Beziehung zu seinen Spielern aufbauen kann. Das kann er. Und auf der anderen Seite ist er ein absolut qualitätsverliebter Coach. Also er achtet wirklich auf die Details - auf das eine als auch das andere. Es ist ein ganz gutes Zeichen für jemanden, der sich langfristig durchsetzt. Vielleicht ist er nicht die Liebe auf den ersten Blick für die Spieler. Aber auf den zweiten Blick auf alle Fälle."
Ein Trainer für den zweiten Blick. Und doch ist der gebürtige Schwabe weltweit anerkannt und wird von vielen Top-Teams umgarnt. Szenen vom Training mit den Bayern zeigen der Expertin, was ihn ausmacht.
"Der Umgang mit den Spielern ist so ein Golden Retriever Hütehund. Er ist schon auch nah an seinen Spielern dran. Der ist keiner, der am Rand steht und ein paar Meldungen macht. Der ist schon mitten drin. Das, was er sich vornimmt und was er sieht, soll der andere eins zu eins umsetzen. Und das geht natürlich in der Spielsituation nicht immer eins zu eins. Er sieht den Spieler da, wie er sein soll und manchmal nicht, wie er ist. Das ist aber aus meiner Sicht auch die Aufgabe von einem guten Trainer."
Schon in seinen vorherigen Trainerjobs, wie etwa beim BVB und bei Chelsea, gehörten Pressekonferenzen zu Tuchels Aufgaben – wohl aber weniger zu seinen Leidenschaften.
"Wie er mit den Spielern spricht und in der Pressekonferenz, das sind verschiedene Sachen. Aber ich finde, das zeichnet ihn auch aus, dass er nach draußen geht und ein gutes Spiel machen will. Aber was schief geht, will er halt zu Hause besprechen. Auf einer Skala von 1 bis 10, Wenn man sagen würde: Hey, Thomas Tuchel, wie sehr magst du diese Konferenzen? Dann wäre es wahrscheinlich eine -11."
Auffällig beim Austausch mit Journalisten ist neben seinen analytischen Auskünften über die Spiele und die Mannschaft auch seine Mimik.
"Interessant ist, dass er hier im oberen Bereich trotzdem immer sehr konzentriert bleibt. Also hier ist immer so ein bisschen der Sherlock Holmes des Fußballs. Es wird immer analysiert."
Tuchel gilt als akribisch, detailverliebt. Bei sich selbst macht er da keine Ausnahme: Er ernährt sich bewusst, trinkt kaum Alkohol. Doch es gibt etwas anderes, das den Trainer oft nachdenklich wirken lässt, meint die Expertin.
"Das ist bei wenigen Trainern so in der Fußball-Branche. Dass die rechte Körperseite und die linke gleichzeitig interagieren, was bedeutet, er hat sowohl ein sehr gutes Vorstellungsvermögen und kann deshalb auch flexibel in seinem Kopf Strategien bauen. Aber die analytische Seite ist auch sehr ausgeprägt. Und diese beiden Seiten, wenn sie miteinander arbeiten, das sind oft sehr ungeduldige Menschen, weil er schnell denkt, schnell analysiert und deshalb oft auch so konzentriert und ernsthaft wirkt. Aber er ist nicht ernsthaft. Er ist in seiner inneren Welt und baut an den Strategien."
Über sich selbst verriet Tuchel mal, dass er 80 Prozent seiner Wachzeit mit Fußball verbringt. Eine klare Priorität, die mit seinem Privatleben wohl nicht immer im Einklang steht. Nach 13 Jahren Ehe ließ er sich im vergangenen Jahr scheiden. Aus der gemeinsamen Zeit gibt es von seiner Ex-Frau und den gemeinsamen Töchtern nur wenige Aufnahmen wie diese.
"Aber was man sich vorstellen kann bei jemandem, der so engagiert ist, ist dass er sich möglicherweise nicht genug Zeit genommen hat, um die Beziehung zu pflegen. Das bedeutet aber nicht, dass er nicht verantwortungsvoll mit seinem Privatleben umgeht. Aber die Prioritäten vielleicht verschoben hat."
Am Mittwochabend tritt Tuchels Mannschaft in der Champions League gegen Manchester City an. Wird der Trainer das Team wieder auf Erfolgskurs bringen?
"Das liegt daran, wie schnell er es schaffen wird, sein Talent, die Spieler zu motivieren, in eine verantwortungsvolle Haltung zu bringen, aber auch seine Detailverliebtheit so zu übersetzen, dass alle im Boot sind. Wie schnell schafft er das? Ich denke, er ist nach wie vor der Trainer auf den zweiten Blick. Aber jemand, der Biss hat, der durchhält. Und ich denke, die Zeit wird ihm Recht geben."
Welche Stärken des Trainers für sein Team von entscheidendem Vorteil sein können, welche Aufgabe ihm wiederstrebt und warum Tuchel eine Liebe für den zweiten Blick ist, erfahren Sie hier oder oben im Video.
- Eigenes Interview mit Silke Fritzsche
- Bildmaterial über Reuters
- Fotos über Getty Images