Bundesliga am Freitag Paderborn ernüchtert: "Verteidigt wie Schülermannschaft"
Sinsheim (dpa) - Der Mann mit der Nummer 72 auf dem kurzärmeligen roten Trikot und der schwarzen Hose gab alles in der Coaching-Zone. Steffen Baumgart sprang über 90 Minuten hin und her, riss sich die Kappe vom Kopf, zuckte bei jedem Fehlpass zusammen und brüllte Anweisungen aufs Spielfeld.
Er tat das noch, als die Zuschauer längst gähnten oder abgewandert waren. Nach 26 Minuten war die Freitagabendpartie in der Fußball-Bundesliga nämlich gelaufen: 3:0 führte da die TSG 1899 Hoffenheim gegen einen hoffnungslos überforderten SC Paderborn. Dessen Abwehrverhalten brachte nicht nur den überaus engagierten Trainer Baumgart zur Verzweiflung.
Wie dieser Aufsteiger eine Chance im Abstiegskampf haben soll, blieb den 23.629 Besuchern im Sinsheimer Stadion ein Rätsel. Nur eine Woche nach dem ersten Saisonsieg (2:0 gegen Fortuna Düsseldorf) kassierten die Ostwestfalen ein noch überaus schmeichelhaftes 0:3 (0:3) und kleben mit vier Punkten aus zehn Spielen am Tabellenende fest.
"Wenn man zur Halbzeit 0:3 hinten liegt, reicht es nicht nur, sich zu schütteln. Man denkt, man ist im falschen Film", räumte Baumgart bei der Pressekonferenz ein. "Heute war - glaube ich - ein sehr, sehr großer Klassenunterschied zu sehen. Wir wissen natürlich, wo wir herkommen und dass solche Spiele passieren können."
Robert Skov traf bereits nach 72 Sekunden mit einem direkten Freistoß. Pavel Kaderabek (15.) und Jürgen Locadia (26.) nutzen dann die riesigen Lücken in der Gäste-Abwehr. SC-Sportdirektor Martin Przondziono war zur Pause am DAZN-Mikrofon fassungslos. "Das war eine katastrophale erste Halbzeit. Wir haben verteidigt wie eine Schülermannschaft", monierte er.
Die Statistik von 735:374 angekommenen Pässe spiegelte die Dominanz der Kraichgauer wieder. Paderborn hatte nur 37,75 Prozent Ballbesitz und hetzte den Hoffenheimern meist hinterher. Die achte Saisonniederlage hätte durchaus noch höher ausfallen können, weil die Gastgeber danach nichts so recht anzufangen wussten mit der früh entschiedenen Begegnung, die am Ende einem Freundschaftsspiel glich. In der Schlussphase gab es sogar eine kurze Szene, wo alle Protagonisten einfach nur auf dem Rasen standen, obwohl der Ball im Spiel war.
"Ich bin froh über die zweite Hälfte, in der wir gemeinsam drangeblieben sind. Da haben wir versucht, unser Gesicht zu wahren", sagte Baumgart. Torhüter Leopold Zingerle, noch einer der Besseren im Team des Schlusslichts, meinte: "Das ist nicht unser Anspruch. Das müssen wir sicher analysieren. Natürlich war das heute kein schöner Abend. Aber wir werden im Laufe der Saison unsere Chancen bekommen."
Baumgart stieg nach dem Abpfiff der Lehrstunde noch ein paar Stufen in der Gästekurve hoch, um den 400 mitgereisten Fans für ihre unermüdliche Unterstützung zu danken. Bei Temperaturen von unter zehn Grad trug er da immer noch sein kurzärmeliges Shirt. "Beim Fußball stört mich eine Jacke einfach", erklärte er später. Auf einen frostigen Winter für seine Mannschaft kann er sich schon mal einstellen.