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Ex-Formel-1-Fahrer Timo Glock im Interview: Leclerc ist der Fahrer der Zukunft


Interview
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Ex-Formel-1-Fahrer
Timo Glock: Leclerc ist der Fahrer der Zukunft

InterviewVon Cian Hartung

Aktualisiert am 03.11.2019Lesedauer: 6 Min.
Für Ex-Formel-1-Pilot Timo Glock der Fahrer der Zukunft: Ferrari-Pilot Charles Leclerc.Vergrößern des Bildes
Für Ex-Formel-1-Pilot Timo Glock der Fahrer der Zukunft: Ferrari-Pilot Charles Leclerc. (Quelle: Independent Agency/imago-images-bilder)

Timo Glock gehört zu den erfolgreichsten Rennfahrern Deutschlands. Im Interview mit t-online.de erklärt der Ex-Formel-1-Pilot, warum Charles Leclerc die Zukunft der Rennserie gehört und wie die Mercedes-Dominanz ein Ende nehmen könnte.

Timo Glock ist eines der bekanntesten Gesichter des deutschen Motorsports. Von 2004 bis 2012 trat er in der Formel 1 in 91 Rennen für die Teams Jordan, Toyota, Marussia und Virgin an. Zu seinen größten Erfolgen gehörten drei Podiumsplatzierungen im Toyota in den Saisons 2008 und 2009.

Nach seiner Karriere in der Formel 1 wechselte Glock 2013 in die DTM und fährt seitdem für ein Team des Herstellers BMW. Seit 2018 ist er auch als Formel-1-Experte bei RTL zu sehen und ist bei vielen Rennen der Saison hautnah dabei.

t-online.de: Herr Glock, in der Formel 1 kommt gerade eine Generation neuer, junger Fahrer empor. Wen sehen Sie am ehesten als Nachfolger von Hamilton?

Timo Glock: Das wird sehr interessant. Ich glaube, dass Charles Leclerc und Max Verstappen aus momentaner Sicht die Fahrer der Zukunft sind. Dann kommen natürlich auch noch der zukünftige Renault-Fahrer Esteban Ocon und der sehr talentierte Lando Norris dazu. Charles Leclerc macht mir derzeit aber den abgeklärtesten Eindruck. Denn er bewahrt selbst in hitzigen Situationen einen kühlen Kopf. Max Verstappen fährt aggressiver und geht immer voll auf Angriff.

Könnte ihm diese Aggressivität in einem WM-Kampf zum Verhängnis werden?

In den nächsten Jahren wird es auch bei ihm da sicherlich noch eine weitere Entwicklung geben. Dann können wir uns auf einen spannenden Kampf zwischen Verstappen und Leclerc freuen. In Silverstone gab es in diesem Jahr bereits einen Vorgeschmack auf dieses Duell.

Und wie stehen die Chancen für Mick Schumacher?

Wir müssen abwarten, wie der Mick seinen Weg machen wird. Ich bin mir sicher, dass er in den nächsten Jahren in der Formel 1 auftauchen wird. Da braucht er aber auch ein gutes Auto. Das wird sehr interessant.

In Mexiko dominierte Ferrari die Trainings und das Qualifying, doch im Rennen zeigte Mercedes wieder einmal die stärkere Leistung. Wie würden Sie Ferraris und Sebastian Vettels Saison bislang zusammenfassen?

Die Ferrari-Saison war wieder von vielen strategischen Fehlern begleitet, wie jetzt auch in Mexiko. Es gab nur wenige Strecken, wo Ferrari auf Augenhöhe oder schneller war. Spa und Monza haben sie dominiert. Jetzt hat man ein Auto, das mit dem Mercedes mithalten kann. Dennoch ist man im Rennen noch nicht stark genug, um aus einer roten Startreihe einen Sieg oder Doppelsieg einzufahren.

Ist Sebastian Vettel trotz des schwächelnden Ferraris in der Öffentlichkeit zu schlecht weggekommen?

Es ist völlig normal, dass ein Fahrer in Frage gestellt wird, wenn sein jüngerer Teamkollege erfolgreicher ist als er. Da ist es normal, dass die Presse Druck auf ihn ausübt und ihn anzählt. Das gehört in dem Sport dazu. Momentan kämpft er sich aber wieder zurück und hat gezeigt, dass er den Speed hat, wenn das Auto passt.

Wird Leclerc Vettel in der kommenden Saison den Rang ablaufen?

Das hängt komplett vom Auto ab. Wenn das Auto nicht zu 100 Prozent für ihn passt, tut er sich schwer, das Niveau abzurufen. Da ist die Frage, wo die Entwicklung des Autos hingeht. In den letzten Rennen muss er da jetzt eine klare Linie vorgeben und versuchen, die Entwicklung des Autos in seine Richtung zu treiben.

Wenn er bei Ferrari im kommenden Jahr keinen WM-Titel holt – ist er dann gescheitert?

Da gehört auch die Arbeit von Ferrari dazu. Sie müssen ihm ein gutes Auto hinstellen. Wenn das gesamte Paket nicht stimmt, dann kann auch Vettel die WM nicht nach Italien holen. Denn gegen so eine Übermacht wie Mercedes ist ein Titel einfach verdammt schwierig.

Für Mercedes und Hamilton lief die Saison scheinbar perfekt. Wie lange kann der Brite die Dominanz noch halten?

Solange er eine so gute Mannschaft hinter sich hat. Bei Mercedes arbeitet das Team seit langer Zeit zusammen und keine der großen Figuren hat das Team bislang verlassen. Sobald aber Schlüsselfiguren weggehen, dann wird es auch dort schwierig.

Welche Schlüsselfiguren könnten das sein?

Die wichtigste Person ist natürlich Teamchef Toto Wolff. Er schafft es, selbst nach der anhaltenden Erfolgswelle seit 2014 immer wieder, die Mannschaft zu motivieren und zusammenzuhalten. Er könnte sich aber auch sagen: „Jetzt habe ich sechs WM-Titel gewonnen – jetzt habe ich keine Lust mehr“. Darüber hinaus noch alle Renningenieure, die das Auto und den Motor entwickeln. Sobald solche Säulen wegbrechen, muss man erstmal wieder die richtigen Leute an Bord holen, um die Team-Struktur aufrechtzuerhalten.

Sie sind zu Ihrer Formel-1-Karriere sowohl gegen Hamilton als auch gegen Schumacher gefahren. Welcher ist der bessere Fahrer?

Das könnte man nur vergleichen, wenn sie beide im gleichen Auto sitzen würden. Aber klar ist: Sie waren und sind zu ihrer Zeit unschlagbar und fuhren auf einem extrem hohen Niveau. Jeder der beiden hat zu seiner Zeit den Sport geprägt und absolut den Ton angegeben.

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Kürzlich haben Sebastian Vettel und Lewis Hamilton gefordert, die Formel 1 müsse mehr in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz tun. Was kann die Rennserie konkret tun?

Die ganze Logistik des Rennkalenders könnte man besser aufeinander abstimmen, indem man nicht das ganze Jahr zwischen den Kontinenten hin- und her fliegt. Man könnte das besser strukturieren, um lange Reise- und Transportdistanzen zu sparen.

Braucht es bei Europa-Rennen denn überhaupt die „Motorhomes“, die großen Pavillons der Rennställe im Boxenlager, die mit vielen Lastwagen über den Kontinent transportiert werden?

Da gibt es viele Fragezeichen und Dinge, wo man für Veränderung sorgen kann. Ich glaube, es ist ein guter Schritt, dass man es geschafft hat, einige Rennen im Kalender besser miteinander zu verknüpfen. Zum Beispiel folgt nach dem Auftaktrennen in Australien das Rennen in Bahrain. Natürlich muss man sich da aber in der heutigen Zeit und für die Zukunft besser aufstellen.

Was halten Sie davon, dass das Rennen in Hockenheim aus dem Kalender gefallen ist?

Ich finde es sehr schade, dass wir keinen Deutschland-Grand-Prix mehr haben. In Hockenheim hatten wir immer tolle Rennen und insgesamt eine großartige Veranstaltung. Ich habe aber auch Verständnis für diese Entscheidung des Veranstalters, der damit kein Geld mehr verdient hat. Denn man kann nicht eine Firma und viele Arbeitsplätze riskieren, nur um ein Rennen durchzuführen, das einen am Ende in den Ruin treibt.

Wie sieht in Ihren Augen die Formel 1 der Zukunft aus? Wird die Dominanz der Topteams weitergehen?

Ich glaube, man kehrt mehr zu den Wurzeln zurück, sodass es mehr auf den Fahrer ankommt und nicht nur auf das Auto. Denn es gibt momentan eine ziemlich klare Hackordnung der Teams. Es wäre wünschenswert, wenn das neue Regelwerk es ermöglicht, dass auch kleinere Teams vorne mitmischen könnten. Ich hoffe, dass so der Weg in die Zukunft ausschaut.

Wie ist denn Ihr erster Eindruck vom Regelwerk für 2021, das am Donnerstag in Austin vorgestellt wurde?

In meinen Augen geht man damit in die richtige Richtung. Es ist gut, die zwei Hauptgedanken anzupacken, nämlich die Autos simpler zu gestalten und bessere Renn-Action zu bieten. Auch die Budget-Obergrenze ist ein gute Neuerung. Allerdings bin ich hier gespannt, wie man das kontrollieren wird und kann.

Kommen wir zur Ihrer Fahrer-Karriere in der DTM: Ihre abgelaufene Saison war zwar verkorkst, im Vorjahr fuhren Sie aber bis zum Schluss ganz vorne mit. Wie stehen die Chancen, dass Sie in Ihrer Karriere nochmal die DTM gewinnen?

Dieses Jahr war es einfach von vorne bis hinten sehr unglücklich und schwierig. Aber in der kommenden Saison geht es wieder von vorne los. Es muss alles passen – das ist die Herausforderung. Daher hoffe ich, dass ich in den nächsten Jahren nochmal die Chance kriege, um die Meisterschaft mitzufahren.

Der deutsche Renault-Pilot Nico Hülkenberg hat noch immer nicht bekanntgegeben, wo er nächstes Jahr fahren wird. Glauben Sie, dass wir den „Hülk“ bald in der DTM sehen könnten?

Natürlich würden wir uns freuen, wenn er in der DTM auftauchen würde. Ein großer Name und ein erfahrener Fahrer wie er wäre eine super Sache für die DTM. Ich bin gespannt, wie er seine Zukunft plant - da muss man abwarten. Wir würden ihn aber mit offenen Armen empfangen.

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