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Zum journalistischen Leitbild von t-online.WM-Kampf in der Formel 1 Die alte Rivalität lebt wieder
Beim Saisonfinale der Formel 1 streiten sich zwei Teams um den WM-Titel: Ferrari und McLaren. Zwei traditionsreiche Marken, die schon lange auf einen Titel warten.
Es ist ein spannendes Saisonfinale, das sich den Formel-1-Fans an diesem Wochenende in Abu Dhabi bietet. Während die Fahrer-WM zwar schon entschieden ist und Max Verstappen seinen Titel verteidigt hat, herrscht in der Konstrukteursweltmeisterschaft noch Hochspannung.
Gerade einmal 21 Punkte trennen die beiden führenden Teams. Bei noch maximal 44 zu vergebenen Punkten ist also alles noch offen. Doch welche beiden Teams sich um die WM streiten, ist überraschend. Keine Spur von Red Bull und Mercedes, die über ein Jahrzehnt lang das Geschehen in der Königsklasse des Motorsports beherrschten. Stattdessen zanken sich die zuletzt wenig erfolgreichen McLaren und Ferrari um den Titel. Es ist wie eine Reise zurück in die Zeiten von Michael Schumacher.
Zwei Teams mit stolzer Historie
Ein Blick zurück in die Historie: Ferrari und McLaren sind traditionsreiche wie erfolgreiche Rennställe. Die Scuderia aus Italien ist das einzige der aktuellen Teams, das schon 1950, im ersten Jahr der Formel 1, in der Startaufstellung stand. Die erste Weltmeisterschaft sowohl bei den Fahrern als auch bei den Teams folgte schon 1952. Insgesamt 15 Fahrertitel und 16 Konstrukteursweltmeisterschaften machen die Italiener zum erfolgreichsten Team der Formel-1-Geschichte.
McLaren, mit Sitz im englischen Woking, wurde 1963 von dem Rennfahrer Bruce McLaren gegründet. Damit ist es das zweitälteste Team der Formel 1 und mit 12 Fahrer- und 8 Konstrukteurstiteln auch das zweiterfolgreichste der Geschichte.
Enge Kämpfe um den Titel
Über die Jahre lieferten sich Ferrari und McLaren legendäre Kämpfe um die Weltmeisterschaft. Unter anderem gehören die Duelle zwischen Niki Lauda und James Hunt dazu. Der Kampf um den Titel von 1976 zwischen den beiden Formel-1-Legenden wurde in dem Streifen "Rush" im Jahr 2013 sogar von Hollywood verfilmt.
Deutsche Formel-1-Fans werden sich hingegen am ehesten an die Ferrari-Zeiten von Michael Schumacher erinnern – und seine Duelle mit McLaren. Zwischen 1998 und 2004 rang er mit Fahrern wie Mika Häkkinen, David Coulthard oder Kimi Räikkönen um seine Titel. Zunächst behielt Häkkinen zweimal die Überhand, bevor der Deutsche seine Siegesserie startete, die ihm ab 2000 fünf Titel in Folge bescherte. Doch auch nach Schumachers erstem Rücktritt 2006 ging es noch weiter. Auch 2007 und 2008 entschied sich das Duell zwischen Ferrari und McLaren erst im letzten Rennen.
Andere Teams feiern Erfolge
Dann jedoch der Bruch. Der Fahrertitel von Lewis Hamilton im Jahr 2008 war für McLaren bislang der Letzte. Auf einen Konstrukteurstitel warten sie sogar seit den Zeiten von Häkkinen 1998. Auch bei Ferrari fing eine lange Leidenszeit an: Kimi Räikkönen holte für sie im Jahr 2007 den letzten Fahrer-Titel, 2008 folgte der bislang letzte Sieg in der Teamwertung.
Seither dominieren hauptsächlich Red Bull und Mercedes das Geschehen in der Königsklasse und teilen die Titel unter sich auf. Während es Ferrari zumindest in einigen Jahren schaffte, mitzuhalten, teilweise sogar, um die WM mitzukämpfen, war vor allem der Fall von McLaren besonders tief.
McLaren stürzt komplett ab
Der Absturz der Briten stand dabei in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Aufstieg von Mercedes. Denn während der erfolgreichen Zeit Ende der Neunziger und in den Zweitausenderjahren arbeitete das Team mit dem deutschen Autobauer eng zusammen.
Doch nach einem Skandal im Jahr 2007, bei dem McLaren Konkurrent Ferrari ausspioniert hatte und dafür in der Konstrukteurs-WM disqualifiziert und mit 100 Millionen Euro Strafe belegt wurde, zog sich Mercedes als offizieller Partner McLarens zurück. Fortan verkaufte die deutsche Marke ihre Motoren nur noch an McLaren, belieferte ab 2009 auch andere Teams mit Antrieben und stieg 2010 sogar mit einem eigenen Regenstall in die Königsklasse ein.
In der Folge ging es für McLaren stetig bergab. Spätestens mit dem Wechsel zum Motorenpartner Honda 2015 verkalkulierte sich der Rennstall völlig. Honda stieg neu in die Formel 1 ein und die Leistung des Motors blieb weit hinter der Konkurrenz zurück. In zwei von drei Saisons mit Honda-Motoren belegte McLaren den vorletzten Platz in der Team-WM – und beendete die Zusammenarbeit nach der Saison 2017 schon wieder. Der einst so erfolgreiche Rennstall war am Boden.
Der Kampf zurück
Unter der Führung von Zak Brown, der 2018 als CEO von McLaren übernahm, und mit großen Investitionen auch in die technische Infrastruktur im Werk, begann sich das Team neu aufzustellen. Zunächst mit Renault-Motoren und seit 2021 wieder mit Mercedes-Antrieben, begann das Team sich Stück für Stück zurück zuarbeiten. Nach einigen Jahren im Mittelfeld sind sie spätestens in dieser Saison wieder an der Spitze angekommen.
Lange sah es sogar so aus, als könne McLaren-Pilot Lando Norris Max Verstappen seinen WM-Titel in diesem Jahr streitig machen. Am Ende setzten sich Verstappen und Red Bull aber zumindest in der Fahrer-WM durch.
Red Bull und Mercedes schwächeln
Ganz anders die Team-Wertung: Nach einer Schwächephase Red Bulls zur Mitte der Saison – die Österreicher hatten ihr Auto offenbar in die falsche Richtung entwickelt und vor allem ihr zweiten Piloten Sergio Pérez schwächelte – liegt das Team bei den Konstrukteuren ohne Chancen auf den Titel nur noch auf Platz drei.
Mercedes wiederum, die zwischen 2014 und 2021 acht Konstrukteur-Titel in Folge geholt hatte, kämpft schon seit den umfassenden Regeländerungen zur Saison 2022 mit der Entwicklung des eigenen Autos.
Alles ist noch offen
So kommt es, dass sich auf einmal McLaren und auch Ferrari, die spätestens seit der Ankunft des Franzosen Fred Vasseur als Teamchef zur Saison 2023 noch einmal einen Schritt nach vorn gemacht haben, aktuell an der Spitze der Teamwertung wiederfinden. Zumindest für den Moment lebt die alte Rivalität wieder.
Dabei sah McLaren schon wie der sichere Sieger aus, hätte bereits beim vergangenen Rennen in Katar die WM für sich entscheiden können. Doch eine leichtfertige Strafe, die Norris auf Platz zwei liegend und um den Sieg kämpfend kassierte, weil er während einer gelben Flagge nicht ausreichend verlangsamte, warf ihn zurück. Norris kam schließlich nur auf Platz zehn ins Ziel – und Ferrari machte Boden gut.
Vor dem letzten Rennen noch alles offen. Speziell die älteren Formel-1-Fans dürften sich in frühere Zeiten zurückversetzt fühlen – und auf ein ähnlich spannendes letztes Rennen hoffen.
- Eigene Recherche
- motorsport-total.com: "Spionageaffäre 2007: Stepney erklärt, warum er Ferrari verpfiff"
- auto-motor-und-sport.de: "McLaren in der Formel 1"
- formula1.com: "Ferrari: Year by Year" (Englisch)
- sportschau.de: "Live und Ergebnisse – Formel 1 Teamwertung"