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Sorge in Kölner City: "Die Innenstadt verwahrlost. Die Stimmung kippt!"


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"Die Stimmung kippt!"
Anwohner besorgt: Kölner Innenstadt verwahrlost


Aktualisiert am 18.08.2021Lesedauer: 4 Min.
Bildercollage aus der Kölner Innenstadt: Nicht nur im Eigelsteinviertel fördern exzessiver Drogenkonsum und Wohnungslosigkeit Probleme, die nicht selten in Tragödien münden.Vergrößern des Bildes
Bildercollage aus der Kölner Innenstadt: Nicht nur im Eigelsteinviertel fördern exzessiver Drogenkonsum und Wohnungslosigkeit Probleme, die nicht selten in Tragödien münden. (Quelle: Repro/Bürgerverein Kölner Eigelstein e.V./Dieter Eich)
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Probleme mit Obdachlosen, Drogen, Unrat: Anwohner und Politiker befürchten, dass die Kölner Innenstadt verkommt. Bürgerinitiativen haben sich nun an die Stadt gewandt.

Mit einem dramatischen Appell zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit in der Innenstadt wenden sich Anwohner, Bezirkspolitiker sowie das Stadtmarketing an die Verwaltung und den Kölner Rat. "Die Innenstadt verwahrlost. Die Stimmung kippt!", konstatierte Ruth Wennemar vom Bürgerverein Kölner Eigelstein die Situation, nachdem es in den vergangenen Tagen zu schweren Unfällen mit Obdachlosen sowie zu Gewalthandlungen unter Alkoholeinwirkung gekommen war.

"Wir haben hier leider viele Menschen, die sich bewusstlos trinken und jegliche Kontrolle über sich verlieren. Die Stadt gibt die Verantwortung an die Menschen aus den Veedeln ab", so Wennemar, die selbst seit zehn Jahren am Eigelstein lebt.

Auch Alice Baker von der Südstadt-Interessengemeinschaft ABC kritisiert die Zustände: "Das Miteinander ist nachhaltig gestört. Die Obdachlosen werden immer jünger, der Drogenkonsum nimmt zu. Konflikte mit den Anwohnern sind an der Tagesordnung, wenn beispielsweise Zugänge zu den Häusern oder Geschäften behindert werden oder es zur Verrichtung der Notdurft an den Gebäuden kommt. Die Situation ist mittlerweile menschenunwürdig." Baker verweist darauf, dass Polizei oder die Kräfte des Ordnungsamts oftmals nur kurzfristig helfen können. Dabei ginge es nicht darum, die Menschen zu vertreiben. Vielmehr erwarte man von der Verwaltung ein Konzept, das die Belange aller Betroffenen berücksichtige.

"Eine Stadt, die so etwas toleriert, ist auf dem Weg zur Barbarei"

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke unterstützt die nachhaltigen Forderungen: "Es kann nicht sein, dass eine Gesellschaft Menschen mit Problemen alleine lässt. Wir dürfen die Not von obdachlosen oder drogenkranken Menschen nicht als alltäglich hinnehmen. Eine Stadt, die so etwas toleriert, ist auf dem Weg zur Barbarei. Außerdem sind diese Geschehnisse Wasser auf die Mühlen für Rechtspopulisten. Das dürfen wir nicht zulassen", erklärte Hupke. Demnach müsse die Verwaltung und Politik regulierend eingreifen.

Neben den unmittelbaren Auswirkungen für Anwohner sowie Hilfsbedürftige werde auch der Wirtschaftsstandort Köln gefährdet, prognostiziert Annett Polster vom Stadtmarketing. Übergriffe, Lärm und Verschmutzungen hielten nicht nur Touristen, sondern auch Investoren davon ab, sich in den Bezirken zu betätigen.

Mit einem umfassenden Themenplan wandten sich die Repräsentanten der Bürgerinitiativen, des Bezirksparlaments und des Stadtmarketings an die Stadtverwaltung sowie den Rat als oberstes Entscheidungsgremium. Dieser sieht vor, dass zukünftig ein Projektleiter "Obdachlosigkeit" die städtischen Bemühungen koordiniert. Des Weiteren sollen erfolgreiche Modelle aus Zürich oder Rotterdam auch für Köln in Betracht gezogen werden.

"Tiny Houses" und mehr Polizeipräsenz gefordert

Ein Kolloquium mit Vertretern der Sozialarbeit, der Polizei, Justiz, Industrie- und Handelskammer, Verwaltung und Politik soll darüber hinaus weitere Lösungsansätze erarbeiten. Ferner sei eine verbesserte Vernetzung und Verzahnung mit Hilfsorganisatoren wie OASE, Gulliver, Vringstreff, SKF oder SKM zu realisieren. Zu den Forderungen gehört zudem die Aufhebung der Bedingungen für den Zugang zu Notschlafstellen. Hier solle auch tagsüber ein Aufenthalt sowie der Alkoholkonsum gewährt werden. Mittels des Aufbaus von sogenannten "Tiny Houses" ("Kleine Häuser", Anm. d. Verf.) und nicht zuletzt der konsequenten Ahndung ordnungs- oder rechtswidriger Verhaltensweisen soll die Problematik eingedämmt werden.

Als langjähriger Bewohner des Eigelsteinviertels nimmt Dieter Eich eine Zuspitzung der Krisensituation wahr: "Ich bin hier geboren. Es war nie perfekt. Ärger gab es schon immer, aber was in den letzten Jahren passiert, verschlägt auch mir die Sprache. Man kommt mitunter nicht mehr in sein Wohnhaus, weil betrunkene Obdachlose vor der Türe ihren Rausch ausschlafen", so Eich. "Nicht selten reagieren sie aggressiv, wenn man über sie hinwegsteigen will. Neulich musste mein Sohn mich deswegen zur Hilfe rufen.

Regelmäßig Urin und Kot in Hauseingängen

Urin und Kot in den Hauseingängen sind längst zur Normalität geworden. Nun sollen wir Mieter auch noch höhere Umlagen zahlen, weil die Reinigung der Fäkalien zu teuer wird. Da muss man sich nicht wundern, wenn auch wir Anwohner genervt sind und den Menschen, die sicherlich Hilfe benötigen, nicht freundlich gegenüberstehen", erzählt der 66-Jährige. "Es tut mir leid, aber diese gerade erst 30- bis 40-jährigen Alkoholiker sind eigentlich schon tot. Sie scheinen keinerlei Zukunft mehr zu haben", zeigt sich der ehemalige Taxifahrer im Gespräch mit t-online nachdenklich.

Als besonders tragisch erlebte der Rentner einen Unfall auf der Machabäerstraße, bei dem am 28. Juli ein auf der Fahrbahn liegender 43-Jähriger von einem PKW überrollt und mehrere Meter mitgeschleift wurde. Der mutmaßlich stark alkoholisierte Wohnungslose wurde mit Knochenbrüchen und Schürfwunden schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert.

50 Kölner Drogentote im Jahr 2020

Laut Polizeistatistiken sei der Anteil krimineller Delikte für ganz Köln zwar rückläufig, für einzelne Deliktbereiche seien die Werte jedoch gestiegen. Demnach sanken die Gesamtstraftaten in 2020 gegenüber dem Vorjahr um 7,89 Prozent von 122.776 auf 113.084 Fälle, doch die Zahl an Drogentoten blieb konstant hoch bei 50 Personen. Der prozentuale Anteil an Sachbeschädigung stieg gar um nahezu acht Prozent auf 10.559 Fälle.

Die Stadtverwaltung verwies in einer Pressemeldung dagegen auf bereits bestehende Offerten: "Obdachlosen Menschen steht in Köln ein differenziertes und vielfältiges Hilfesystem zur Verfügung. Die Menschen, die dieses Angebot nicht annehmen möchten oder können, werden im öffentlichen Raum als unversorgt oder auffallend wahrgenommen. Niemand kann aber gegen seinen Willen zur Annahme von Hilfsangeboten verpflichtet werden."

Zusätzlich gebe es aufsuchende Sozialarbeit im Stadtgebiet. Mitarbeitende des aufsuchenden Suchtclearings sowie Streetworkerinnen und Streetworker des Jugendamtes seien im Einsatz. Mit der Einrichtung eines neuen stationären Drogenkonsumraums und einer Ausweitung des Streetwork-Programms kümmere man sich perspektivisch um die Problematik, informierte das Presseamt.

Verwendete Quellen
  • Interviews mit Anwohnern
  • Polizei Köln: Kriminalstatistik 2020
  • Presseamt der Stadt Köln
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