Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nicht zugestellte Pakete Paket-Irrläufer aus dem Automaten – das ist drin
Online bestellt, bezahlt, aber nie zugestellt: Irgendwo müssen diese Pakete bleiben. Einen Teil der verschollenen Bestellungen kann man nun ungesehen selbst erstehen – aus Automaten.
Der erste Automat dieser Art soll im Dezember 2023 im Allgäu aufgestellt worden sein. Der Aufsteller befüllte einen umfunktionierten Eierautomaten mit nicht zustellbaren Paketen und Retouren, die er über Großhändler für solche Produkte erwarb. Schnell wurde der Automat weit über die Region bekannt.
Personen nehmen teils mehrstündige Autofahrten in Kauf, um mit dem erhofften Glücksgriff vielleicht ein neues Smartphone oder Vergleichbares aus dem Automaten zu erhalten. Die Geschäftsidee fand rasch Nachahmer. Neben Internetangeboten, auf denen man nicht zustellbare Pakete aufkaufen kann, werden auch Automaten andernorts zu Secret-Packs-Automaten umgerüstet. Nun hat auch Köln seine ersten.
Standort: eine leer stehende Garage
Doch zuerst führte die Bekanntmachung in den sozialen Netzwerken zu Verwirrung. Anfangs noch in Köln-Mülheim aufgestellt, war ein erster Automat nach kurzer Zeit verschwunden. Der zum Automaten dazugehörige Instagram-Account lieferte zügig die Aufklärung. Der Automat sei nur umgezogen und stehe nun in Köln-Heimersdorf.
Wer von Longerich kommend dem Volkhovener Weg stadtauswärts folgt, wird auch schnell fündig. Direkt das zweite Haus hinter dem Ortseingangsschild – genauer: die dazugehörige Garage – ist zur neuen Heimat des ersten Automaten geworden. Und dieser hat Zuwachs bereits bekommen. Köln hat also aktuell schon zwei Secret-Packs-Automaten.
Ein beschriftetes Schild weist den Weg in die ansonsten leer stehende Garage. Ob dieser neue Ort gemäß der Garagenverordnung NRW zulässig ist, ist fraglich. Die Verordnung besagt, dass Garagen nur zum Abstellen von Kraftfahrzeugen und deren Zubehör nutzbar sind. Eine Zweckentfremdung ist nicht gestattet. Gut möglich also, dass schon bald die beiden Automaten ein zweites Mal umziehen werden.
Kleinere Secret-Packs kosten zehn Euro
Die Kölner Secret-Packs kosten aktuell zwölf Euro. Kleinere gibt es bereits für zehn Euro. Bezahlt wird bar. Um zu schauen, ob das Geld gut investiert ist, wagt t-online den Test. Wir haben drei Pakete besorgt, um herauszufinden, auf was für Schätze man in Kölns Secret-Packs-Automaten stoßen kann.
Mit einem wasserfesten Permanentmarker wurden Namen und Adressen auf den Paketen unkenntlich gemacht. Hierzu ist der Betreiber des Automaten verpflichtet. Teilweise sind aber noch Adress- und Namenfragemente zu entziffern. An einer Stelle steht sogar die komplette Adresse der Empfängerin. Allerdings ist auf dem Paket auch vermerkt, dass die Person an der Adresse nicht anzutreffen war und eine Nachforschung erfolglos blieb.
Das erste Suchergebnis ein Volltreffer
Das erste auszupackende Päckchen ist das größte. Zum Vorschein kommt ein türkises Kleid in der Größe M. Produziert aus 90 Prozent Polyester und 10 Prozent Spandex macht es keinen sonderlich wertigen Eindruck. Aber was würde so etwas im Handel kosten? Per "Google Lens" schauen wir nach. Gleich das erste Suchergebnis ist ein Volltreffer. Das Kleid ist auf einem bekannten Online-Marktplatz für Billigprodukte zu finden. Dort kostet es immerhin 24,29 Euro.
Beim Betasten des zweiten Paketes kommt der Verdacht auf, dass auch hier Bekleidung oder andere Produkte aus denselben oder ähnlichen Materialien enthalten sein könnten. Und tatsächlich: Drin ist ein weißes, feinmaschiges Netz-Top der Größe XXL. Verwendetes Material: Polyester und Spandex. Also doch kein neues Smartphone? Ein Paket ist noch übrig.
Alles eine Frage des Glücks
Auf der Verpackung ist unter einem DHL-Sticker noch eine "microphone"-Beschriftung zu erahnen. Beim Auspacken steigt die Vorfreude. Der Inhalt ist in mehrere Schichten Luftpolsterfolie eingehüllt und sorgfältig verklebt. Gute Indizien für einen hochwertigen Inhalt. Doch dann die Ernüchterung: Zum Vorschein kommen zwei Wireless Funk-Mikrofone einer No-Name-Marke. Nach kurzem Suchen finden wir dasselbe Produkt auf der schon erwähnten Seite für Billigprodukte. Kostenpunkt für beide zusammen: 8,38 Euro.
Also alles nur Material fürs nächste Schrottwichteln? Nicht ganz. Im Internet wird von richtigen Glückgriffen berichtet: Uhren, Powerbanks und Drahtlos-Kopfhörer sollen über solche Automaten einen neuen Besitzer gefunden haben. Am Ende also alles eine Frage des Glücks.
- Reporter vor Ort