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Mobbing-Vorwürfen gegen muslimische Schüler in Bonn – Ex-Schüler äußert sich


Mobbing-Vorwurf an Bonner Gymnasium
Ehemaliger Schüler: "Probleme auf Jugendliche abgewälzt"


17.06.2023Lesedauer: 3 Min.
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Schulranzen stehen auf einem Schulhof (Symbolbild): An einem Bonner Gymnasium sollen muslimische Schüler ihre Mitschüler unter Druck setzen. (Quelle: IMAGO/Malte Ossowski/SVEN SIMON)

An einem Bonner Gymnasium mobben angeblich strenggläubige muslimische Schüler ihre Mitschüler. Ein ehemaliger Schüler kritisiert die Schulleitung.

Kurz nach 15 Uhr am Freitagnachmittag ist das Schulgelände am Nicolaus-Cusanus-Gymnasium (NCG) in Bonn-Plittersdorf, in unmittelbarer Nähe von Bad Godesberg, menschenleer. Hier, zwischen schicken Reihenhäusern und hohen Hecken, lässt sich vor dem Schultor kaum erahnen, was sich derzeit im Gebäude und vor allem drumherum abspielt.

Denn seit einigen Tagen brodelt es an der Schule. Ausschlaggebender Punkt war eine Recherche des "Bonner Generalanzeiger", die behauptete, eine "strenggläubige Randgruppe" wolle ihre religiösen Ideale auf dem Plittersdorfer Schulhof für alle durchsetzen. Betroffen von den Anfeindungen seien sowohl weniger strenggläubige Muslime als auch christliche Mitschüler. Im Fokus der Gruppe, welche innerhalb der zu 60 Prozent muslimischen Schülerschaft nur einen Bruchteil ausmache, stünden demnach muslimische Mädchen.

Ehemaliger Schüler: "Probleme nicht zu leugnen"

Der "Bild"-Zeitung sagte ein Sprecher der Bezirksregierung Köln: "Es kann bestätigt werden, dass einige Schülerinnen darüber berichtet haben, von Jungen angegangen worden zu sein, dass die Kleidervorschriften auf dem Schulhof oder im Sportunterricht nicht beachtet würden." Andere Schüler nennen die im Raum stehenden Vorwürfe dem Bericht zufolge "übertrieben".

Auch Younis Kamil sieht die Berichte kritisch. Der 38-jährige Sozialarbeiter war selbst Schüler am NCG und promoviert an der Universität Brüssel zum Thema "Radikalisierungsprävention im Sport". Außerdem arbeitet er bei dem Integrationsprojekt "Bewegte Zukunft" des Deutschen Olympischen Sportbundes in Kooperation mit der türkischen Gemeinde in Deutschland. "Medial werden absurderweise junge Muslime als Islamisten bezeichnet und stigmatisiert", schrieb er am Donnerstag dazu auf Twitter.

Im Gespräch mit t-online sagte Kamil, dass niemand die Probleme an dieser Schule leugne, diese aber nicht gelöst würden, wenn sie "auf Jugendliche abgewälzt werden".

Bad Godesberg: Stadtteil der Gegensätze

Man müsse auch die Historie des Stadtviertels Bad Godesberg und der dortigen Schulen sehen, um die Lage vor Ort zu verstehen, so Kamil. Tatsächlich ist der Stadtteil Bad Godesberg ein Ort der Gegensätze. Bereits 2009 titelte "Die Welt": "Vom schicken Diplomatenviertel zur No-go-Area." Das Viertel hat sich historisch gewandelt: Nachdem Bonn 1949 zum deutschen Regierungssitz geworden war, wurden viele Häuser als Botschaftsgebäude genutzt. In dem Kurort, mit einer zentral gelegenen Parkanlage mitsamt Fontäne an der Stadthalle, breiteten sich in dieser Zeit viele internationale Botschaften und internationale Schulen aus.

Als die Regierung Mitte der 1990er-Jahre nach Berlin umzog, gingen auch die Botschaften mit. In die leeren Wohnungen und Häuser zogen Migranten. Eine Zeit, in der nach Aussage Kamils die beiden Privatgymnasien in Bad Godesberg Fehler gemacht hätten. Nach dem Zuzug aus dem Ausland hätten diese kaum junge Migranten aufgenommen, sodass die meisten von ihnen am NCG gelandet seien. Er schätzt den Anteil an migrantischen Jugendlichen hier sogar auf über 80 Prozent.

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Kamil meint, es sei seitdem versäumt worden, sich um die Jugendlichen und Kinder aus teils schwierigen Verhältnissen zu kümmern, Lehrkräfte seien mit den Schülern überfordert gewesen. Auch seien Hilferufe in die Politik schon vor Jahrzehnten unerhört geblieben. Zudem seien islamophobe Bemerkungen von einzelnen Lehrern nie aufgearbeitet worden, die Fronten hätten sich im Umgang miteinander verhärtet. Engagierte Lehrer müssten am NCG in Einzelkämpfer-Manier auftreten. "Seitens der Schulleitung ist keine Gesamtstrategie erkennbar", so Kamil.

Die Probleme an der Schule und einzelner Täter seien auch angetrieben durch soziale Medien wie TikTok, auf denen selbst ernannte Prediger junge Migranten beeinflussen würden. Kamil lehnt das ab. "Wir als Muslime wollen das natürlich nicht. Ich finde das alles schrecklich und möchte nicht, dass gesagt wird, das seien strenggläubige Muslime." Mit "strenggläubig" habe das, was auf TikTok passiert, nichts mehr zu tun.

Schulleitung und Bezirksregierung schweigen

Als es Anfang 2022 Hinweise zu einem Schüler des Plittersdorfer Gymnasiums gegeben habe, der, wie ein Polizeisprecher berichtete, "aggressive Religionsbekundungen" getätigt haben soll, nahmen Beamte des Kommissariats für Kriminalprävention und Opferschutz mit der Schule Kontakt auf und vermittelten sie an das Programm "Wegweiser". Eine Maßnahme, die Kamil kritisch sieht: Es bräuchte statt Angeboten von außen "communitybasierte Antworten, eine Supervision und ein ganzheitliches Konzept".

Kamil sieht dabei die Schulleitung des NCG in der Verantwortung. Gegenüber der Presse hält sich das NCG derweil bedeckt. Man wolle sich zu der Sache nicht äußern, so die verantwortliche Schulleiterin zu t-online und verweist an die zuständige Bezirksregierung Köln. Bei der Behörde hat man auf eine Anfrage von t-online bisher nicht reagiert.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Telefonische Anfrage bei der Schulleitung
  • Anfrage bei der Bezirksregierung Köln
  • ga.de: "Strenggläubige provozieren Mitschüler und Lehrer"
  • bild.de: "Islamismus-Alarm an Bonner Gymnasium"
  • welt.de: "Vom schicken Diplomatenviertel zur No-Go-Area"
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