Landgericht Hannover Teenager tötet Spielkameraden – Prozess beginnt
Vergebens hofften die Menschen in Wunstorf, dass ein vermisster 14-Jähriger wieder auftaucht. Ein gleichaltriger Freund soll ihn getötet haben. Jetzt steht er vor Gericht.
Wegen heimtückischen Mordes an einem gleichaltrigen Jugendlichen muss sich ein 14-Jähriger am Landgericht Hannover verantworten. Die Hauptverhandlung beginnt am Montag und ist nicht öffentlich. Was verhandelt wird, ist "überhaupt nicht alltäglich", wie der Göttinger Opferanwalt Steffen Hörning sagte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 14-Jährigen vor, sein Opfer im Januar in Wunstorf gefesselt und mit Steinen erschlagen zu haben. Die Tat sorgte bundesweit für Entsetzen und Trauer.
Die beiden Jungen kannten sich von der Schule und hatten sich am 24. Januar zum Spielen getroffen. Doch einer von ihnen kam nicht mehr nach Hause. Sein Vater alarmierte die Polizei, die eine Suchaktion startete.
Während der Suche soll der andere Achtklässler der Polizei gesagt haben, dass er seinen Spielkameraden getötet und versteckt habe. Die Leiche des Jungen wurde schließlich auf dem Brachgelände einer ehemaligen Gärtnerei gefunden. Das Opfer soll früheren Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge gefesselt und mit Steinen erschlagen worden sein. Bei einer Obduktion wurde stumpfe Gewalt als Todesursache festgestellt.
Das Opfer sei arg- und wehrlos gewesen, hatten die Ermittler erklärt. Der Junge habe nicht damit gerechnet, dass er von seinem Spielkameraden umgebracht werden könnte.
Prozess gegen 14-Jährigen in Wunstorf: Motiv weiter unklar
Der Tatverdächtige wurde festgenommen und in die Jugendanstalt Hameln gebracht. Seitdem schweigt er zu den Vorwürfen. Im Frühjahr erhob die Staatsanwaltschaft Hannover Anklage gegen ihn. Der mutmaßliche Täter und das Opfer besuchten dieselbe Schule, gingen aber in unterschiedliche Klassen.
Der 14-Jährige muss sich nun vor einer Jugendkammer verantworten. Sieben Verhandlungstage sind angesetzt. Das Urteil wird für Ende Juli erwartet.
Nebenklagevertreter Steffen Hörning erklärte, von einer Sekunde auf die andere seien zwei Familien zerstört worden – die des Opfers und die des mutmaßlichen Täters. Er habe in den vergangenen Jahren als Opferanwalt "sehr viel" mit Hinterbliebenen zu tun gehabt, der Umgang mit einem derartigen Geschehen und die Art der Trauer seien ganz individuell: Es gebe Eltern, die auf Rache sinnen, es gebe aber auch Eltern, die den Angeklagten und seine Familie mit in den Blick nehmen. Er habe erlebt, dass Familien auseinanderbrachen: "Diese Gefahr sehe ich hier Gott sei Dank nicht." Stattdessen gebe es gegenseitigen Zuspruch.
"Wir alle sind nach wie vor schockiert"
Die Familie und Freunde des getöteten Jungen nahmen im Februar mit einer bewegenden Trauerfeier Abschied. Der katholische Pfarrer Andreas Körner, der das Opfer seit dem Kommunionskurs kannte, sagte in seiner Predigt: "Wir alle sind nach wie vor schockiert". Seit dem gewaltsamen Tod des Schülers sei in Wunstorf "nichts mehr wie es war".
Und für den mutmaßlichen Täter auch nicht: Hörning sagte, er gehe von einer Jugendstrafe "im oberen Bereich" aus – bis zu zehn Jahre Gefängnis seien möglich. Das Gericht werde sich wohl auch mit der Frage der Sicherungsverwahrung beschäftigen: "Es spricht mehr dafür als dagegen." Die Familie des Opfers wünscht sich nach den Worten des Anwalts, dass "die Haftzeit, die wahrscheinlich vor dem Angeklagten liegen wird, so verlaufen wird, dass man ihn ruhigen Gewissens entlassen kann".
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa