Gewalt und Vernachlässigung Mehr Fälle von Tierquälerei in Hessen registriert
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Die Zahl der Straftaten nach dem Tierschutzgesetz ist zuletzt gestiegen. Experten rechnen mit einer hohen Dunkelziffer und fordern schärfere Gesetze.
Vernachlässigte Katzen, geschlagene Hunde, hungernde Kaninchen: 524 Straftaten nach dem Tierschutzgesetz sind im Jahr 2023 in Hessen registriert worden. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, als 475 Taten in die polizeiliche Kriminalstatistik eingingen. Mit den Zahlen für 2024 rechnet das Landeskriminalamt (LKA) im Frühjahr.
Schon im Jahr 2020 waren 524 Straftaten nach dem Tierschutzgesetz registriert worden, 2021 sank die Zahl dann zwischenzeitlich auf 486. Die Aufklärungsquote schwankt ebenfalls, sie lag in den vergangenen Jahren stets unter 60 Prozent. Teilweise wurde nur etwa jeder zweite Fall aufgeklärt.
Fische, Hunde und Katzen
Die Tierarten würden meist nicht erfasst, teilt das LKA mit. "Fälle, in denen Angaben zur Tierart existieren, zeigen, dass neben Fischen vor allem Hunde und Katzen Gegenstand strafbarer Handlungen waren", fügt ein LKA-Sprecher mit Blick auf die Jahre 2019 bis 2023 hinzu.
Quälen, Schlagen, Töten sowie das Unterlassen von Hilfe gehörten zu den häufigsten Taten. "Die meisten Verstöße gegen das Tierschutzgesetz ereigneten sich im Main-Kinzig-Kreis, in Frankfurt am Main sowie in den Landkreisen Gießen und Marburg-Biedenkopf", erklärt das LKA.
Häufig hinter verschlossenen Türen
Der Landestierschutzverband geht von einer hohen Dunkelziffer aus. "Ganz, ganz viele Tierquälereien finden hinter verschlossenen Türen statt. Die erfassten Fälle sind ja hauptsächlich Fälle, die irgendjemand gesehen und dann zur Anzeige gebracht hat", sagt Vorstandsmitglied Barbara Felde.
Zugleich gebe es die Massentierhaltung in der Landwirtschaft, in der sehr viele strafbare Handlungen begangen würden. Hinzu komme das Töten überschüssiger Tiere in Versuchslaboren. In zahlreichen dieser Fälle ermittelten die Staatsanwaltschaften aber nicht oder stellten Verfahren ein.
Auch bei Haustieren gebe es eine hohe Dunkelziffer, sagt Felde: "Wenn ich meinen Hund misshandeln will, dann mache ich das nicht auf offener Straße, sondern dann mache ich das Zuhause, wo es keiner sieht." Auch Vernachlässigung von Tieren komme sehr oft vor. Das merkten Tierheime etwa am sogenannten Animal Hoarding, sprich, wenn sehr viele Tiere auf engem Raum gehalten werden.
Hunger und verfilztes Fell
Strafbar sei nicht nur das aktive Quälen, sondern auch die Unterlassung: "Wenn ich mich nicht um das Tier kümmere und es erhebliche Leiden hat, weil ich es nicht füttere und es dann Hunger hat, oder weil das Fell so verfilzt ist, dass es wehtut und sich schon Entzündungen an der Haut bilden", erläutert Felde.
Fälle von Tierquälerei dringen immer wieder an die Öffentlichkeit. Im Dezember 2023 wurden aus einer Zweizimmerwohnung in Frankfurt 32 Katzen gerettet. Sie wurden in Käfigen und selbstgebauten Boxen sowie einer dunklen Abstellkammer gefunden.
Derzeit läuft in Unterfranken ein Verfahren gegen einen Landwirt aus Hessen, der zwei Kühe gequält haben soll. Der Fall steht im Zusammenhang mit einem Schlachthof in Unterfranken, der nach der Veröffentlichung von Videomaterial einer Tierrechtsorganisation ins Visier der Behörden geraten war.
Die Juristin Barbara Felde fordert neben einer Verschärfung des Gesetzes einen besseren Vollzug. Anerkannte Tierschutzorganisationen müssten die Möglichkeit erhalten, Anklagen zu erzwingen, um Verfahren ins Rollen zu bringen, auch wenn die Staatsanwaltschaft sich weigere.
Höhere Strafen gefordert
Zudem solle der Strafrahmen erhöht werden: "Aktuell kann man jemanden wegen Tierquälerei mit einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestrafen und das ist wenig. Dies sollte mindestens auf bis zu fünf Jahre angehoben werden."
Auch sollten versuchte Taten strafbar werden. Bisher gebe es kaum Verurteilungen im Tierschutzbereich, wenn überhaupt würden Geldstrafen verhängt, sagt die Juristin.
- Nachrichtenagentur dpa