Mysteriöse Schließung aller Wurst-König-Filialen Mitarbeiter warten seit Dezember auf ihre Löhne
Vom einen auf den anderen Tag werden alle Filialen der Traditionsmetzgerei Wurst König geschlossen. Mitarbeiter und Lieferanten warten seitdem auf ihr Geld.
Die Lage um die geschlossenen Filialen des Essener Unternehmens Wurst König spitzt sich immer weiter zu. Von heute auf morgen waren zahlreiche Geschäfte der seit 1978 existierenden Traditionsmetzgerei geschlossen worden – auch in Essen. Mittlerweile soll keine der 16 Filialen noch geöffnet sein. Die Gründe dafür kennen weder Vermieter noch Mitarbeiter.
Letztere warten mehreren Medienberichten zufolge nun seit Dezember auf ihre Löhne. Für Montag (20. Januar) waren sie per WhatsApp-Nachricht dazu aufgefordert worden, zur Firmenzentrale nach Essen-Kray zu kommen. Dort sollten die noch fälligen Gehaltszahlungen in bar ausgezahlt werden. Doch daraus wurde nichts. "Ganz kurzfristig wurde uns jetzt mitgeteilt, dass die Auszahlung erst am ersten Februar erfolgt", wird Mitarbeiterin Martina Deck vom WDR zitiert. Auch diese Absage sei keinesfalls persönlich, sondern erneut als Textnachricht über WhatsApp erfolgt.
Telefonischen oder gar persönlichen Kontakt zur Geschäftsleitung habe niemand. Auch mehrere telefonische sowie eine schriftliche Anfrage von t-online zur aktuellen Situation blieben bis heute unbeantwortet. Die Firmenzentrale soll mittlerweile verwaist sein, eine Mitarbeiterin habe zudem vor Kurzem mitbekommen, wie im Hof des Unternehmens drei Firmenfahrzeuge auf einen Autotransporter mit litauischem Kennzeichen geladen wurden.
Wurst König: Mitarbeiter und Zulieferer warten auf ihr Geld
Die laut Firmendatenbank rund 200 Mitarbeiter des Metzgerbetriebs seien von den Schließungen eiskalt erwischt worden. Viele von ihnen arbeiten bereits 20 Jahre oder länger für die Firma aus dem Ruhrgebiet. Laut WAZ habe niemand gewusst, dass die Filialen im Dezember dichtmachen. Im Gegenteil: Noch im November seien sie aufgefordert worden, bei Lieferanten so viel zu bestellen wie möglich – mehr als man voraussichtlich verkaufen könne, was für Verwunderung gesorgt habe. In der Folge habe man in mehreren Filialen sehr viel Ware wegwerfen müssen. Eine Information über die Gründe habe es auch hier nicht gegeben.
Danach seien die Filialen vom einen auf den anderen Tag leer geräumt worden. Seitdem gebe es sporadisch Versprechungen über noch ausstehende Gehalts- und Weihnachtsgeldzahlungen per WhatsApp, die am Ende nicht eingehalten werden. Die WAZ berichtet zudem davon, dass unterschwellig mit nicht näher benannten "Konsequenzen" gedroht werde, wenn jemand an die Öffentlichkeit gehe oder dem Unternehmen den Rücken kehre.
Und nicht nur die Wurst-König-Beschäftigten warten auf ihr Geld – auch die Zulieferer haben seit Wochen kein Geld mehr für bereits georderte Waren erhalten. Erik Frosch, Inhaber der Firma SP Fleischwaren aus Dortmund, soll nach WDR-Angaben noch auf rund 200.000 Euro warten. Die Zahlungen seien irgendwann einfach eingestellt worden, berichtet er. "Es gab nur noch Kontakt mit Menschen, die ich nicht kannte."
Mitarbeiter vor ungewisser Zukunft
Eigentlich habe seine Firma seit 1992 immer problemlos mit Wurst König zusammengearbeitet, berichtet Frosch. Doch seit im vergangenen Jahr der bisherige Geschäftsführer die Leitung an einen Unternehmer aus Italien abgegeben habe, funktioniere die Zusammenarbeit nicht mehr. Keiner habe den Verantwortlichen seitdem jemals gesehen oder mit ihm gesprochen.
Genau wie die Mitarbeiter des Unternehmens werde auch Frosch seitdem hingehalten und kann nichts tun, außer zu warten und darauf zu hoffen, dass die ausstehenden Gelder doch noch ausgezahlt werden. Daran glaubt von der Belegschaft aktuell aber niemand mehr. "Die Firma hält uns hin", erklärt etwa Martina Deck dem WDR. "Die Filialen werden ausgeräumt. Ich glaube, es ist eine Firmenbeerdigung."
Viele planen rechtliche Schritte gegen Wurst König
Viele der Betroffenen können eigenen Angaben nach mittlerweile kaum noch ihre Miete zahlen. Ein Gang zum Arbeitsamt ist ebenfalls nicht möglich. Denn: Da Wurst König bisher keine Insolvenz angemeldet hat, können die Mitarbeiter sich weder arbeitslos melden noch Überbrückungsgeld beantragen.
Sieben Betroffene hätten aber mittlerweile beim Arbeitsgericht Essen Klage auf Lohnnachzahlung gegen das Unternehmen eingereicht, erklärt der WDR. Andere wollen wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung bei der Polizei Anzeige erstatten, heißt es. Ob das zum Erfolg führt, bleibt allerdings abzuwarten.
- wdr.de: "Rätsel und Frust um Essener Wurst-Imbisskette" vom 20. Januar 2025
- waz.de: "Mitarbeiterinnen von "Wurst König": Wir werden hingehalten" vom 20. Januar 2025 (kostenpflichtig)
- Anfrage bei "Wurst König" (telefonisch und per E-Mail) am 8. Januar 2025
- Eigene Berichterstattung zum Thema auf t-online.de