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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Indischer Premierminister begeistert Duisburgerin "CassMae" wird in Indien zum Star
Sängerin "CassMae" aus Duisburg ist von Geburt an blind, singt und schreibt Songs in verschiedenen Sprachen – und ist in Indien bereits ein Star.
CassMae ist ein Name, den man sich definitiv merken sollte. Die 21-jährige Duisburgerin, die von Geburt an blind ist, gehört wohl zu den spannendsten Künstlerinnen, die Deutschland aktuell zu bieten hat. Sie schreibt und komponiert viele ihrer Songs selbst – und singt in verschiedenen Sprachen, wie zum Beispiel Hindi. Auf ihre Videos in den sozialen Netzwerken wurde mittlerweile sogar der indische Premierminister Narendra Modi aufmerksam, der in seinem Podcast von der jungen Duisburgerin schwärmte – und sie über Nacht in Indien zum Star werden ließ.
Mit t-online hat CassMae über ihre musikalische Entwicklung, den Input verschiedener Kulturen und den Hype um ihre Person in Indien gesprochen.
t-online: Woher kommt Ihre Liebe zur Musik?
CassMae: Ich war schon als Kind sehr motiviert zu singen. Wenn irgendwo ein Podest war, habe ich mich daraufgestellt, die Arme hin und her bewegt und dabei gesungen. Ich habe als Kind außerdem oft mit den Füßen auf dem Boden getrommelt, um die Akustik wahrzunehmen. Das habe ich dann auch zu Musik gemacht. Meine Eltern und ich haben dann beschlossen, dass ich anfange, in einer Musikschule afrikanisch zu trommeln. Dort habe ich dann auch begonnen, auf einem Keyboard zu spielen und zu improvisieren, sodass ich mit sechs oder sieben Jahren Klavierunterricht genommen habe. Mit elf oder zwölf Jahren habe ich Gesangsunterricht genommen und auch angefangen, die ersten Songs zu schreiben.
So früh schon?
Ja, meinen allerersten Song habe ich mit sechs komponiert, als ich noch gar nicht schreiben konnte. Ich habe das, was ich als Text haben wollte, diktiert. Und das wurde dann aufgeschrieben, aufgenommen und produziert.
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Die ersten Songs waren dann wahrscheinlich auf Deutsch, oder?
Ja. Mit etwa zehn Jahren habe ich dann angefangen, Songs auf Englisch zu schreiben – auch wenn das noch nicht so gut war.
Und wie sind Sie irgendwann darauf gekommen, auch in anderen Sprachen zu singen?
In der Grundschule war ich in einem Chor, in dem wir auch mal etwas auf Türkisch gesungen haben. Auch auf Französisch habe ich da schon gesungen. Die Idee, in Hindi zu singen, kam mir, nachdem ich mit 15 Jahren für einige Wochen in den USA im "Berklee College of Music" in Boston war. Ich habe dort am "5 Week Summer Performance Program" teilgenommen. Zudem habe ich die Anfänge des "Indian Ensemble" (eine Gruppierung aus den USA, die indische Musik macht, Anm. d. Red.) miterlebt und war so inspiriert davon, dass ich mich zu Hause viel mit indischer Musik beschäftigt habe. Danach habe ich recht schnell angefangen, die Sprache zu lernen und sie nach und nach in meine Songs zu integrieren.
Wie kann man sich das vorstellen? Wie lernt man als blinde Person eine fremde Sprache?
Hindi ist im Vergleich zu anderen indischen Sprachen noch recht einfach zu lernen. Man kann sehr viel über das Internet oder über Apps lernen. Über verschiedene Foren werden auch Kurse von Muttersprachlern angeboten. Mein Handy nutze ich mit Sprachausgabe, daran kann ich über Bluetooth eine Braille-Zeile anschließen, sodass die damit geschriebene Schrift an das Smartphone übertragen und wiedergegeben werden kann. Hindi kann über die Braille-Zeile dargestellt werden, bei anderen indischen Sprachen wie z. B. Malayalam gelingt dies nur, wenn es in unserer Schrift verfügbar ist.
Können Sie in den jeweiligen Sprachen kommunizieren?
Hindi kann ich ein bisschen sprechen – ich bin dabei allerdings immer sehr nervös. Insgesamt kann ich aber wesentlich mehr verstehen, als dass ich mich wirklich in dieser Sprache ausdrücken kann. Ich nutze die verschiedenen Sprachen also hauptsächlich, um zu musizieren.
Hatten Sie schon immer ein großes Interesse an fremden Kulturen?
Ja, allein weil NRW auch total multikulti ist, bestand daran schon immer großes Interesse. Ich hatte zum Beispiel früher Freunde mit türkischem oder chinesischem Background und habe von ihnen viel aufgeschnappt. Meine Familie hat zudem einen amerikanischen Hintergrund, weshalb ich ebenfalls schon immer sehr offen anderen Kulturen gegenüber war.
Woher nehmen Sie sonst noch die Inspiration für Ihre Musik?
Man kann Inspiration aus allem Möglichen ziehen. Das kann irgendwas sein, was jemand gesagt hat, oder ein Gefühl. Aber man kann sich auch von Gegenständen inspirieren lassen. Auch Erfahrungen, die man gemacht hat, können sehr inspirierend sein.
Haben Sie musikalische Vorbilder?
Ed Sheeran, weil er einen sehr prägnanten Stil beim Songwriting hat. Auch einige Songs und Texte von Taylor Swift mag ich, da sie nicht so oberflächlich sind. Generell finde ich, dass es einen großen Unterschied zwischen deutschem und englischem Songwriting gibt. Viele der deutschen Lieder sind mir persönlich etwas zu direkt, auf Englisch wird vieles oft blumiger ausgedrückt. In den indischen Songs ist das auch so. Die Lieder sind sehr poetisch und enthalten viele Metaphern – das gefällt mir sehr.
Auf Instagram folgen Ihnen mittlerweile 426.000 Menschen, viele davon kommen aus Indien. Wie sind Sie darauf aufmerksam geworden, dass Ihre Community dort so groß ist?
Ich habe in der Pandemie damit angefangen, Hindi-Songs zu posten, weil ich es einfach ausprobieren wollte. Die Zahl meiner Follower ist damals recht schnell auf 30.000 angewachsen. Auf einer Studienreise in Italien habe ich dann einen Song in Malayalam (Sprache, die an der Südwestküste Indiens gesprochen wird, Anm. d. Red.) gepostet, da sich das viele meiner indischen Follower gewünscht hatten. Das hat dann die Zahlen komplett zum Explodieren gebracht. Ich hatte innerhalb kürzester Zeit plötzlich 140.000 Follower und die Zahl wuchs immer weiter. Danach habe ich angefangen Mantras (heilige, indische Verse, Anm. d. Red.) zu posten. Dadurch stieg die Zahl nochmals.
Und dann hat auch noch der indische Premierminister in seinem Podcast über Sie und Ihre Musik gesprochen.
Darüber war ich wirklich sehr überrascht! Ich konnte das zunächst gar nicht einordnen. Aber mir haben viele Leute den Link zu dem Podcast geschickt, woraufhin ich mir die viereinhalb Minuten, in denen er über mich gesprochen hat, angehört habe. Es war sehr eindrucksvoll, dass er meine ganze Lebensgeschichte kannte und meine Musik auch für ihn anscheinend so eine große Bedeutung hat. Ich war geschockt, im positiven Sinne.
Haben Sie mit dem daraus resultierenden Medieninteresse gerechnet?
Nein, überhaupt nicht. Am meisten überrascht mich, dass es jetzt in beiden Ländern – Deutschland und Indien – plötzlich so groß geworden ist. Aber ich freue mich natürlich darüber und möchte so viel wie möglich davon mitnehmen. Mir macht es Spaß, da es schon seit langer Zeit mein Traum war, die indische Kultur zu leben und irgendwann mal die Möglichkeit zu haben, auch in Indien aufzutreten.
Gibt es dahingehend denn schon Pläne? In Indien gewesen sind Sie bislang noch nicht, oder?
Nein, bisher nicht. Aber ich hoffe, dass es in der Zukunft noch dazu kommen wird. Derzeit gibt es aber noch keine konkreten Pläne.
Was sind ansonsten Ihre Pläne für die kommenden Jahre?
Eine Tour durch Indien ist auf jeden Fall ein großer Traum von mir. Generell würde ich zukünftig gerne mit Künstlerinnen und Künstlern von dort zusammenarbeiten. Und natürlich möchte ich mein Musikstudium an der Universität erfolgreich abschließen und danach vielleicht irgendwann nach Hamburg ziehen.
Gibt es Künstler, mit denen Sie zukünftig gerne zusammenarbeiten würden?
Beim Songwriting bin ich offen für alles – auch für verschiedene Genres. Zusammenarbeiten würde ich gerne mit indischen Künstlern, da ich gerne den "Fusion-Charakter" meiner Musik beibehalten und vorantreiben würde und weiterhin auf Englisch und Indisch singen möchte.
- Interview mit "CassMae" am 20.10.2023