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Flutkatastrophe: Darum musste die NRW-Umweltministerin zurücktreten


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Verzögert, getäuscht, versagt
Darum musste NRW-Umweltministerin Heinen-Esser gehen


07.04.2022Lesedauer: 4 Min.
Ursula Heinen-Esser (Archivbild): Am Donnerstagnachmittag gab die NRW-Umweltministerin ihren Rücktritt bekannt.Vergrößern des Bildes
Ursula Heinen-Esser (Archivbild): Am Donnerstagnachmittag gab die NRW-Umweltministerin ihren Rücktritt bekannt. (Quelle: Marius Becker/dpa)
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Monatelang stand NRW-Umweltministerin Heinen-Esser in der Kritik, weil sie ihren Mallorca-Urlaub nur für einen Tag unterbrach, als ihr Bundesland unter Wasser stand. Was am Ende zu ihrem Rücktritt führte – eine Chronologie.

Nach der Flutkatastrophe 2021 beschäftigt den Untersuchungsausschuss "Flut" im nordrhein-westfälischen Landtag nur eine Frage: Wie konnte es dazu kommen? Neben dem damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) stand zuletzt vor allem Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) in der Kritik.

Zunächst sollen sie und Laschet trotz entsprechender Hinweise des Deutschen Wetterdienstes (DWD) keine ausreichenden Warnungen an die Bevölkerung ausgesprochen haben. Am Ende stolperte die Ministerin jedoch über ihr eigenes Verhalten kurz nach der Flut – als sie nach nur einem Tag zurück nach Mallorca flog. t-online hat den Weg bis hin zu ihrem Rücktritt zusammengefasst.

  • 14./15. Juli 2021: Die Flut wird zur Katastrophe

Nachdem es bereits am 14. Juli zu starken Überschwemmungen aufgrund von Starkregen gekommen ist, aktiviert das NRW-Innenministerium unter der Leitung von Innenminister Herbert Reul (CDU) das Krisenmanagement.

Lokale Behörden werden angewiesen, "über die Kommunikationswege des Krisenmanagements erreichbar und handlungsfähig zu sein." Zu diesem Zeitpunkt gibt es in der Region Trier und im Ahrtal bereits zahlreiche Todesopfer.

Als in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli die Wassermassen in die Flutgebiete dringen, urlaubt die nordrhein-westfälische Umweltministerin noch in ihrer Zweitwohnung auf Mallorca. Nach einer kurzen Rückkehr nach Deutschland wird sie erneut nach Mallorca fliegen – was aber erst viel später bekannt wird.

  • 9. August 2021: "Das muss ich Ihnen nachreichen"

Bei einer Sitzung des Umweltausschusses fragt die SPD-Opposition Heinen-Esser, ab wann sie mit Ministerpräsident Laschet über das bevorstehende Hochwasser in Verbindung stand. Hintergrund ist die Klärung der Frage, warum Laschet keinen Krisenstab eingesetzt hatte. Heinen-Esser verspricht, entsprechende Daten nachzuliefern.

  • 21. August 2021: "Süddeutsche Zeitung" berichtet über Rückzieher

In einem Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" teilt Heinen-Esser mit, nicht mehr rekonstruieren zu können, an welchen Tagen sie mit Armin Laschet telefoniert habe. Ihr fehlten dazu die nötigen Handydaten. Für das Ausmaß der Flutkatastrophe seien die Telefonate jedoch "nicht von entscheidender Bedeutung" gewesen.

  • 25. Februar 2022: Heinen-Esser sagt vor Untersuchungsausschuss aus

Wegen möglichen Fehlverhaltens müssen NRW-Umweltministerin Heinen-Esser und NRW-Innenminister Herbert Reul vor dem Untersuchungsausschuss "Flut" als Zeugen aussagen.

"NRW war beim Hochwasserschutz schlecht aufgestellt. Das System hat nicht funktioniert", sagt Heinen-Esser. "Mein Fehler war, dass ich auf das bestehende System vertraut habe."

Zugleich verspricht sie, sich bis zum 3. März zu fehlenden Unterlagen aus ihrem Ministerium zu äußern. Deren seit vier Monaten andauerndes Fehlen wird von der SPD scharf kritisiert: Sie droht damit, Zwangsmaßnahmen zu beantragen. Die Geduld sei "erschöpft", so der SPD-Abgeordnete Ralf Jäger.

  • 27. Februar 2022: SPD fordert Konsequenzen

Nach der Aussage Heinen-Essers vor dem Untersuchungsausschuss fordert SPD-Obmann Stefan Kämmerling "persönliche Konsequenzen" von der Ministerin. Deren Interpretation sei "verantwortungslos und dem Selbstverständnis einer amtierenden Ministerin nicht angemessen", heißt es.

  • 24. März 2022: SPD fordert Rücktritt von Heinen-Esser

Einen Monat nach Heinen-Essers Aussage vor dem Untersuchungsausschuss fordert die oppositionelle SPD den Rücktritt der NRW-Umweltministerin. Thomas Schnelle, Obmann der CDU, bezeichnet dies als "Hexenjagd".

  • 25. März 2022: Untersuchungsausschuss leitet Zwangsmaßnahmen ein

Aufgrund ausbleibender Nachweise für Heinen-Essers An- und Abreise aus dem Flutgebiet nach Mallorca, erbittet der Untersuchungsausschuss in geheimer Sitzung die entsprechenden Daten beim Bundeskriminalamt.

  • 30. März 2022: Heinen-Esser früher abgereist als vermutet

Wie die "WAZ" berichtet, reicht Heinen-Esser die Flugdaten erst nach dem Beweisbeschluss durch den Untersuchungsausschuss ein. Aus diesen geht hervor, dass Heinen-Esser einen Tag früher als vermutet, nämlich am 16. statt am 17. Juli, nach Mallorca zurückkehrte.

Vor dem Untersuchungsausschuss hatte die Ministerin ausgesagt, am 15. Juli 2021 aufgrund der Flutkatastrophe nach NRW zurückgekehrt zu sein und am 16. Juli an der Krisensitzung des Kabinetts teilgenommen zu haben.

Ihre Rückkehr nach Mallorca hatte Heinen-Esser vor dem Ausschuss damit begründet, vor Ort die Rückreise ihrer minderjährigen Tochter und deren Freunde organisiert zu haben. Laut den nun offengelegten Reisedaten kehrte sie jedoch erst am ursprünglich geplanten und im Februar 2021 gebuchten Termin aus ihrem Mallorca-Urlaub zurück.

Täuschungsvorwürfe weist Heinen-Esser zurück: Sie habe zu ihren Reisedaten keine Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss getätigt. Von Mallorca aus habe sie ihre "Amtsgeschäfte vollumfänglich wahrgenommen", bekundete sie zuvor in einer Sitzung des Untersuchungsausschusses.

  • 2. April 2022: Junge Liberale fordern Aufklärung

Beim Landesparteitag in Duisburg anlässlich der bevorstehenden NRW-Landtagswahl fordert Alexander Steffen, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen, eine rigorose Aufklärung von Heinen-Essers Mallorca-Reise. Die Ministerin sei aufgrund ihres Verhaltens der Landesregierung "unwürdig".

  • 4. April: Harte Kritik nach Zwischenbericht

Nach einem Zwischenbericht des Untersuchungsausschusses "Flut" übt die Opposition aus SPD und Grünen scharfe Kritik an der Umweltministerin: So sei fragwürdig, inwieweit Heinen-Esser ihre Amtsgeschäfte und das Krisenmanagement von Mallorca aus betrieben haben soll.

Heinen-Esser habe den Ausschuss bewusst getäuscht, die Landesregierung habe die Aufklärung der Flutkatastrophe verzögert und behindert.

  • 7. April, Vormittag: Geburtstagsfeier auf Mallorca wird publik

Nach einem Bericht des "Kölner Stadt-Anzeigers" soll Heinen-Esser nach ihrer Rückkehr nach Mallorca am 23. Juli 2021 gemeinsam mit ihrer Familie, Freunden der Familie, der Bundestagsabgeordneten Serap Güler (CDU) sowie NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) und Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) den Geburtstag ihres Mannes gefeiert haben.

In der Folge forderten SPD, AfD und Grüne Heinen-Esser zum Rücktritt auf. Heinen-Esser lehnt dies ab und kündigt an, Beweise vorzulegen, dass sie die Tage nach der Flutkatastrophe vom Home-Office auf Mallorca aus durchgearbeitet habe.

  • 7. April, Nachmittag: Der Rücktritt

Nur wenige Stunden später tritt Heinen-Esser erneut vor die Presse. Sie sagt, sie habe sich die Reaktionen angesehen und festgestellt: Es gebe kein Verständnis für ihr Handeln. Mit ihrem Rücktritt wolle sie "Schaden von ihrer Familie und vom Amt" abwenden.

Mitarbeit: Fabian Schmidt

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Material der Nachrichtenagentur dpa
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